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Umati: Kommunikationsnorm für Werkzeugmaschinen im Oktober öffentlich

Vernetzung
Kommunikationsstandard für Werkzeugmaschinen im Oktober öffentlich

Umati soll das Vernetzen von Maschinen und Anlagen künftig beflügeln. Dadurch ergeben sich sowohl für die Anbieter als auch für die Nutzer eine Reihe von Vorteilen. ❧

Mona Willrett

„Unser Standard wird im Oktober veröffentlicht“, sagt Dr. Alexander Broos. Der Leiter Forschung und Technik beim Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V. (VDW) spricht von der OPC UA Companion Specification for Machine Tools, dem Kommunikationsstandard für Werkzeugmaschinen, der in der Vergangenheit oft als Umati bezeichnet wurde. Broos betont an dieser Stelle: „Mir liegt daran, hier für mehr Trennschärfe zu sorgen.“ Umati sei kein Standard. Die Standardisierungswelt, in der man sich bewege, sei OPC UA. Und in deren Rahmen hat der VDMA die OPC UA Companion Specification for Machinery entwickelt. Sie definiert Aspekte, die sämtliche Maschinen und Anlagen gleichermaßen betreffen und bildet die Basis der modular aufgebauten Kommunikationswelt des Maschinen- und Anlagenbaus. Darüber sind die Branchen-spezifischen Normen positioniert, etwa die OPC UA Companion Specification (CS) for Machine Tools, die CS for Robotics oder die CS for Machine Vision. In der dritten Ebene stehen die Technologie-spezifischen Regelungen wie die Companion Specification for Laser.

„Angesichts der Vielfalt an Branchen und Technologien liegt die Herausforderung darin, eine übergreifende Kundenansprache zu gewährleisten“, gibt Broos zu bedenken. Denn: Jeder Anwender hat in der Regel nicht nur eine Werkzeugmaschine oder einen Roboter, sondern eine Vielzahl unterschiedlicher Anlagen und Systeme, die alle aufeinander abgestimmt funktionieren sollen. „Um die Verbreitung dieses modularen Konzepts und die Ansprache der Kunden zu vereinfachen, gibt´s Umati als Community des Maschinen- und Anlagenbaus.“ Diese Community bildet quasi eine Klammer um alle OPC UA-Standards für den Maschinen- und Anlagenbau. Zu ihren Zielen gehört es, eine übergreifende Abstimmung herbeizuführen, mit einem gemeinsamen Marketing aufzutreten und das Leistungsversprechen mithilfe von Demonstratoren greifbar zu machen.

Auch andere Branchen erkennen Mehrwert von Umati

Broos gibt zu: „Obwohl wir schnell erkannten, dass wir die Marke Umati nicht sauber gebrauchten, nutzten wir sie eine Zeit lang in der internen und externen Kommunikation sowohl für die Community als auch für den Standard. So hieß beispielsweise die Arbeitsgruppe in der OPC Foundation ‚Umati-Arbeitsgruppe‘ und nicht – wie es richtig gewesen wäre – ‚Machine Tools-Arbeitsgruppe‘. Aber spätestens als der VDMA mit seiner Vielzahl an Fachverbänden und Technologien mit ins Boot kam, war klar, dass wir hier nachschärfen müssen.“

Außer diesem Schärfen der Begrifflichkeiten habe sich durch den Schulterschluss mit dem Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) nicht viel verändert, sagt der Umati-Projektleiter des VDW. Die Ziel- und Stoßrichtung sei die gleiche geblieben. Neben dem zusätzlichen Abstimmungsaufwand liege die Herausforderung vor allem darin, den Mehrwert von Umati im VDMA und seinen Gliederungen gut zu kommunizieren. Letztlich sei die Kooperation vor allem deshalb gelungen, weil einige VDMA-Fachverbände selbst an OPC UA-Standards arbeiteten und ebenfalls die Notwendigkeit erkannten, das Thema übergreifend dem Markt und den Kunden näherzubringen.

Jede Branche definiert ihren eigenen Standard

Um auch andere Branchen von der Idee „Umati“ zu überzeugen, sieht das Konzept vor, dass jeder seinen eigenen Standard definiert – entsprechend des jeweiligen Bedarfs, aber immer im Rahmen von OPC UA. „Wollte man alle Bereiche in das Korsett einer umfassenden Norm pressen, käme man nie zu einem Ergebnis“, ist Broos überzeugt. Der Kommunikations- und Abstimmungsaufwand wäre gigantisch. Hinzu komme: Je breiter ein Standard angelegt ist, umso größer sind auch die Grauzonen, in denen keine eindeutige Begriffsklärung möglich ist. Und das wiederum hätte zur Folge, dass die Konnektivität trotz des Standards nicht zwingend gegeben wäre. Deshalb sei der gewählte Bottom-up-Ansatz erheblich effizienter und zielführender.

Die entscheidende Vereinbarung in der modular aufgebauten Umati Community lautet: Wir sprechen alle OPC UA. Broos vergleicht das mit der Einigung, dass nur noch Englisch gesprochen werde. OPC UA gibt eine feste Semantik der Daten vor. Der Empfänger – beispielsweise ein MES-System, das die Informationen verarbeiten soll – muss lediglich die Spezifikationen kennen, um zu wissen, zu welcher Art von Maschine der jeweilige Datensatz gehört und ihn entschlüsseln zu können. „Und damit ist es auch kein Problem mehr, in einer Produktion verschiedene Anlagen und Systeme zu vernetzen, solange sie den gleichen Kommunikationskanal nutzen“, erläutert der VDW-Technik-Chef.

Modulares Konzept bietet allen Beteiligten Vorteile

Doch das löse noch nicht das Problem, wie man ausgehend von dieser Situation übergreifend die Kunden ansprechen und sicherstellen kann, dass die Werkzeugmaschine mit dem Roboter und SAP kommunizieren kann. Weil das über einen reinen Standard hinaus gehe – ein Stichwort sei hier das Schließen von Interpretationsspielräumen, die in jedem Standard enthalten sind – brauche man Umati als Klammer.

Dieses modulare Konzept und die Community bieten sowohl den Maschinen- und Anlagenbauern, den Software- und Steuerungsherstellern als auch den Kunden eine Reihe von Vorteilen. Die Anbieter von Fertigungslösungen profitieren von reduzierten Kosten und einem geringeren Implementierungsaufwand, zukunftsfähigen Produkten, die sich leicht vernetzen lassen und dem Kunden einen echten Mehrwert bieten, sowie von zuverlässigen, offenen Schnittstellen, die von Kunden und der Community anerkannt sind.

Nachweis über einfache Vernetzbarkeit gibt Kunden Sicherheit

Das Umati-Logo dokumentiert, dass ein Produkt die technischen Spezifikationen erfüllt und der Anbieter Teil einer von der Industrie initiierten globalen Gemeinschaft für die Industrie ist. „Dadurch haben die Unternehmen leichteren Zugang zu ihren Kunden und profitieren von einer Stimulierung des Marktes durch ein starkes, gemeinsames Marketing mit hoher Sichtbarkeit“, ergänzt Broos. „Und nicht zuletzt zeigen unsere Live-Demonstrationen, dass das Nutzenversprechen ‚plug and play‘ eingehalten wird.“ Und genau dieser Branchen- und Produkt-übergreifende Nachweis der einfachen Vernetzbarkeit ist einer der entscheidenden Vorteile für die Anwender. Durch die Umati-Community erhalten sie zudem einen zentralen Ansprechpartner für den Austausch von Informationen, Best Practices sowie für Feedback. Einen Ansprechpartner, der übergreifend agiert und Rückmeldungen in die zahlreichen Arbeitsgruppen kanalisieren kann.

Zweites Plugfest Ende August

Die Vornorm, der so genannte Release Candidate von OPC UA for Machine Tools, wurde bereits vor einiger Zeit zur öffentlichen Diskussion gestellt und aufgrund der Kommentare überarbeitet und ergänzt. „Ende August findet unser zweites Plugfest statt“, erzählt Broos, „jene Veranstaltung, bei der die Entwickler zusammenfinden, um wechselseitig Musterimplementierungen zu testen und zu schauen, ob sich mithilfe des erarbeiteten Standards alle entsprechend ausgestatteten Maschinen und Systeme zuverlässig vernetzen lassen.“ Weil ein reales Treffen mit vielen Werkzeugmaschinen zu aufwändig ist, findet das Plugfest im virtuellen Raum statt.

Durch Messeabsagen keine Möglichkeit, Show Cases zu präsentieren

Durch die Absagen aller relevanten Messen in diesem Jahr fehlten der Community jene Plattformen, auf denen sie den Nutzen des Maschinen-Kommunikationsstandards einem breiten Fachpublikum präsentieren wollte. „Ursprünglich hatten wir auf der AMB eine große Live-Demonstration geplant. Nachdem auch diese Messe Corona-bedingt abgesagt wurde, wollen wir den geplanten Show Case nun virtuell präsentieren“, verrät Broos. „Viele der Beteiligten wollen allerdings zuerst das Plugfest abwarten, ehe sie ihre Teilnahme zusagen.“ Hinzu komme, dass es durch Kapazitätsengpässe und den fehlenden Fixpunkt eines Messetermins an der einen oder anderen Stelle zu leichten Verzögerungen kommen könne. Deshalb soll die webbasierte Präsentation voraussichtlich Ende September oder Anfang Oktober stattfinden.

Internationale Wahrnehmung weiterhin hoch

Aktuell haben sich 126 Unternehmen und Institute aus allen wichtigen Ländern der Initiative angeschlossen. „Weil wir bislang noch keinen Show Case präsentieren konnten, der auch branchenfremde Technologien berücksichtigt, kommen diese Partner bislang leider ausschließlich aus der Werkzeugmaschinenwelt“, gesteht Broos. Deren Interesse ist nach wie vor groß. Aber auch die internationale Wahrnehmung der Standardisierungsbestrebungen sei weiterhin hoch. Und das, obwohl Corona durch die Messeabsagen eine weitere Verbreitung des Kommunikationskonzepts für Maschinen und Anlagen stark behindert habe. „Der Nutzen des Gesamtkonzepts hätte sich leichter vermitteln lassen, wenn wir auch Kollegen aus anderen Branchen hätten einladen können, sich an einem Messedemonstrator zu beteiligen“, ist Broos überzeugt. Schließlich sind zwei alte Regeln auch in Zeiten der Digitalisierung noch gültig: „Handeln führt schneller ans Ziel als Reden“ und „Aus Taten lernt man mehr als aus Worten“. Entsprechend verwundere es nicht, dass eine Reihe vielversprechender Gespräche nach den Messeabsagen vorübergehend eingefroren wurden.

Infrastruktur ausgebaut und optimiert

„Als klar wurde, dass die geplanten Demonstrationen nicht stattfinden können, konzentrierten wir uns darauf, die Norm möglichst früh veröffentlichen zu können“, sagt der promovierte Ingenieur. „Außerdem haben wir unsere Infrastruktur, den Data Hub und das Dashboard, so optimiert, dass auch branchenfremde OPC UA Specifications leicht eingebunden werden können.“ Ein weiteres Arbeitsfeld war, über die reinen Messe-Show Cases hinaus, künftig auch permanente Installationen präsentieren zu können.

Broos betont, die Industrie sei weiterhin sehr interessiert, entsprechende Produkte im Markt einzuführen und die Kunden vom Mehrwert zu überzeugen. Aber auch hier beiße sich die Katze in den Schwanz: Ohne die Möglichkeit, diese Produkte dem Publikum zu präsentieren, sei es schwierig, deren Nutzen zu transportieren.

Bereits viele Themen für Version 2 des Standards in der Diskussion

Die Frage, welche Themen nach Veröffentlichung des Standards für die zweite Version aufzugreifen sind, wird laut Broos derzeit intensiv diskutiert. „Die OPC UA-Standardisierung ist ein Langläufer, und es gibt noch viele Aspekte, die in Folgeversionen diese Normen bereichern können.“ Dennoch äußert sich der VDW-Technik-Chef bezüglich der weiteren Entwicklung zurückhaltend: „Trotz der Corona-bedingten Einschränkungen haben wir unseren Zeitplan für Version 1 eingehalten. Damit sind wir sehr zufrieden. Nun müssen wir erst mal schauen, wie viele Kapazitäten und Ressourcen die beteiligten Unternehmen in absehbarer Zeit einbringen können und wollen.“

Kontakt:

VDW Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken e.V.
Lyoner Str. 14
60528 Frankfurt/M.
Tel.: +49 69 756081 0
www.vdw.de

Das modular aufgebaute System der Kommunikationsnormen für den Maschinen- und Anlagenbau.

Virtueller Show Case

Nachdem Corona-bedingt in diesem Jahr bislang alle relevanten Messen abgesagt werden mussten, fehlten den Initiatoren der Umati Community jene Plattformen, auf denen sie die neusten Entwicklungen hinsichtlich der Kommunikationsstandards OPC UA for Machinery und OPC UA for Machine Tools einem breiten Fachpublikum präsentieren wollten. Um möglichst viele Interessenten zu erreichen und über den aktuellen Stand zu informieren, plant die Umati Community nun einen virtuellen Show Case. Der Termin steht allerdings noch nicht endgültig fest, er wird aber rechtzeitig auf www.umati.org bekannt gegeben. Die webbasierte Präsentation soll voraussichtlich Ende September oder Anfang Oktober stattfinden. Im Oktober wird auch die erste Version der Kommunikationsnorm für Werkzeugmaschinen in Kraft treten.

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