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Werkzeugbau: Digitalisierung als nächste Stufe der Entwicklung

Digitalisierung sichert die Wettbewerbsfähigkeit des Werkzeug- und Formenbaus
Nächste Stufe der Entwicklung

Viele Werkzeugbaubetriebe stehen vor großen Herausforderungen. Entscheidend für ihre Zukunftsfähigkeit ist, schnell und effizient auf Veränderungen reagieren zu können. Das soll die nächste Entwicklungsstufe hin zum datengetriebenen Werkzeugbau möglich machen.

» Mona Willrett, Redakteurin Industrieanzeiger

Nachhaltigkeit, Digitalisierung und der Umgang mit Krisen waren zentrale Themen des ersten digitalen Werkzeugbautags, der Corona-bedingt das traditionelle Kolloquium „Werkzeugbau mit Zukunft“ ersetzte. In seinem Einführungsvortrag beschrieb Prof. Thomas Bergs den datengetriebenen Werkzeugbau als nächste Entwicklungsstufe – nach den Phasen der Industrialisierung und der Automatisierung. Nur so könne die Branche aktuelle und künftige Herausforderungen meistern, zu denen unter anderem eine in den letzten Jahren dramatisch gesunkene Umsatzrendite, der Rückgang der Produktionsauslastung im Maschinenbau oder der Strukturwandel in der Automobilindustrie gehörten. Das Konzept des datengetriebenen Werkzeugbaus gibt den Betrieben laut Bergs die Möglichkeit,

  • alle relevanten Informationen durchgängig zu visualisieren und so für eine hohe Transparenz aller wichtigen Abläufe im Unternehmen zu sorgen,
  • mithilfe digitaler Zwillinge jederzeit den Lebensweg der Werkzeuge nachvollziehen und deren aktuellen Status abrufen zu können sowie
  • durch den Einsatz von maschinellem Lernen die Prognosefähigkeit erheblich zu verbessern.

Allerdings gelte es dabei auch, eine hohe Datensicherheit zu gewährleisten, ergänzte Bergs.

Aktuell sei die Branche noch auf dem Weg, den Automatisierungsgrad stetig zu steigern. Gut 79 % der Werkzeugbaubetriebe nutzten aber bereits Einrichtungen, um in der Fertigung Daten zu erfassen. Knapp 68 % setzten Apps in der mechanischen Fertigung ein, rund 32 % in der Qualitätssicherung.

Der Wissenschaftler, der den Direktorien des veranstaltenden Aachener Fraunhofer-Instituts für Produktionstechnologie (IPT) und des Werkzeugmaschinenlabors WZL der RWTH Aachen angehört, sieht drei Handlungsfelder, um die Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu sichern:

  • eine resiliente Produktion zur Steigerung der Widerstandsfähigkeit der Betriebe,
  • Life Cycle Assessment als strategischen Ansatz für die Produktion und
  • die Stärkung der Industrie durch eine skalierbare Produktion von Brennstoffzellen.

Resilienz beschreibt Bergs als die Fähigkeit eines Unternehmens, sich permanent an interne und externe Veränderungen und Störungen anzupassen. Elementar sei, neue Marktpotenziale zu erkennen und durch frühzeitige und schnelle Adaption des Produktportfolios neue Geschäftsfelder zu erschließen.

Doch nicht nur die Fähigkeit mit Veränderungen des Marktes umzugehen sei wichtig. Auch innerbetrieblich seien adaptive Prozessketten – etwa in der Fertigung – eine Voraussetzung für Resilienz und Zukunftsfähigkeit. Fällt beispielsweise eine wichtige Maschine unerwartet aus, könnte der Fertigungsplaner die Prozesskette kurzfristig anpassen, indem er auf andere interne oder externe Ressourcen zugreift. Das setzt allerdings den schnellen und einfachen Zugang zu Informationen über die Verfügbarkeit der Alternativen voraus. Durch eine solche „Mikro-Resilienz“ ließe sich nicht nur das Verschwenden von Zeit und Ressourcen im Betrieb minimieren. Sie trägt auch dazu bei, Lieferketten zu sichern und stellt somit für den Kunden einen Mehrwert dar. Denn: Ein so organisierter Werkzeugbau kann in einer Notsituation schnell reagieren und helfen.

Bergs betonte aber auch, dass es nicht ratsam sei, sich auf alle potenziellen Bedrohungen vorzubereiten. Er sagte: „Handeln Sie mit Augenmaß. Denken Sie sowohl an die Strategie als auch an die technische Umsetzung.“

Ökologischer Fußabdruck wird wichtig

Auch für Werkzeugbaubetriebe gewinnt der ökologische Fußabdruck zunehmend an Bedeutung. Gesetzgeber, Kunden, aber auch die Gesellschaft werden künftig umweltverträglicheres Agieren fordern. Als Instrument, um ökologische Transparenz zu schaffen, stellte Bergs das Life Cycle Assessment (LCA) vor, mit dessen Hilfe sich Umweltwirkungen identifizieren und bewerten lassen. Dazu ist jedoch eine durchgehende Digitalisierung erforderlich. Daten aus den unterschiedlichsten Quellen werden im digitalen Zwilling verknüpft, der die Basis für die Ökobilanzierung bildet. Blockchain-Technologien sollen die Validität der Daten sichern und so Vertrauen schaffen.

In vielen Zukunftsszenarien spielt elektrische Energie die zentrale Rolle. Die Brennstoffzelle gewinnt deshalb an Bedeutung. Um den daraus resultierenden Bedarf an Bipolarplatten decken zu können, gilt es, noch eine Reihe fertigungstechnologischer Herausforderungen zu meistern. Insofern ist Bergs überzeugt, dass der Werkzeugbau auch künftig erfolgreich im Wettbewerb bestehen kann. Er forderte die Branche aber auf, jetzt gemeinsam zu handeln, denn der Wettbewerb komme nicht aus dem deutschen Kollegenkreis, sondern von woanders.

Kontakt:

WZL – Werkzeugmaschinenlabor der RWTH Aachen
Steinbachstr. 19
52074 Aachen
www.wzl.rwth-aachen.de

Fraunhofer-Institut für Produktionstechnologie (IPT)
Steinbachstr. 17
52074 Aachen
www.ipt.fraunhofer.de

WBA Aachener Werkzeugbau Akademie GmbH
Campus-Boulevard 30
52074 Aachen
www.werkzeugbau-akademie.de

Der Werkzeug- und Formenbau hat in den vergangenen Jahrzehnten eine enorme Entwicklung durchlaufen.
Bild: WZL/IPT
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