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Neue Legierungen verhelfen zum Leichtbau

Aluminium-Druckguss: Unternehmen aus Sachsen-Anhalt Etablieren sich als zulieferer
Neue Legierungen verhelfen zum Leichtbau

Drei Jahre lang hat der Wachstumskern Al-Cast im Harz Fördermittel des Bundes erhalten. Während dieser Zeit haben die beteiligten Unternehmen und Forschungseinrichtungen eine Vielzahl innovativer Verfahren und Technologien rund um den Aluminium-Druckguss entwickelt. Dazu gehören Legierungen und Gießverfahren.

„Der beste auf der Welt erhältliche Aluminiumguss soll spätestens 2015 aus der Harzregion kommen.“ Mit diesen Worten steckt Dr. Jürgen Ude als Sprecher des Wachstumskerns Al-Cast das ehrgeizige Ziel des Projekts, das zwischen 2005 und 2008 mit circa 5 Mio. Euro im Rahmen des Innovationsprojekts Unternehmen Region zur Förderung der neuen Bundesländer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt wurde.

„Dies war nur der Anschub. Wir haben auch nach dem offiziellen Ende von Al-Cast noch einiges vor“, sagt Ude. Der Name Al-Cast steht für Aluminium-Druckguss. „Die Gießereitechnik hat eine lange Tradition in der Harzregion. Und den Alu-Druckguss für den Automotive-Bereich haben wir hier als ein Alleinstellungsmerkmal identifiziert.“
Denn Aluminium bietet neben Magnesium und Kunststoffen enorme Leichtbaupotenziale im Automotive-Bereiche – auch in crashrelevanten Bereichen. „Die Entwicklung ist noch lange nicht ausgereizt“, so Ude. Er denkt dabei vor allem an die Entwicklung neuer Legierungen, an Möglichkeiten zum Schweißen des Werkstoffs und zur Herstellung großflächiger Bauteile.
Beteiligt waren an Al-Cast neben der Uni Magdeburg 14 Unternehmen aus dem Harz, vor allem kleine und mittelständische Unternehmen, doch auch zwei Große der Branche: Die Trimet Aluminium AG mit Hauptsitz in Essen und die Nemak Europe GmbH, Wernigerode. „Die in den Wachstumskern geflossenen Investitionen sollten Geld generieren. Wir wollten nachhaltige Lösungen entwickeln, die auch in der Automobilindustrie zum Einsatz kommen. Dazu muss man Unternehmen einbeziehen, die direkt mit den OEMs zusammenarbeiten“, erklärt Ude.
Den Projektpartnern stand und steht für ihre Arbeit im Creativitäts- und Competenz-Centrum (CCC) Harzgerode ein Forschungslabor mit einer automatisierten Druckgusszelle sowie diversen Laboreinrichtungen zur Verfügung. Insgesamt 29 Innovationen und zahlreiche Patente sind das Ergebnis von Al-Cast. Diese erstrecken sich auf die gesamte Wertschöpfungskette von der Konstruktion bis zum Serienanlauf, und zwar im wesentlichen auf die fünf Kernfelder Legierung, Verfahren, Simulation (etwa für Formfüllung, Spannungen oder Verzug), Prototypen- und Serienwerkzeug sowie die automatisierte und objektive Prüfung.
So hat Trimet etwa gemeinsam mit Partnern im Projekt Powertrain an der Optimierung von Aluminium-Zylinderkurbelgehäusen für Pkw-Motoren gearbeitet: Das Ergebnis: unter anderem eine verschleißfeste Aluminium-Silizium-Legierung für Zylinderlaufbuchsen sowie warmfeste Aluminiumlegierungen für Lagerstuhlverstärkungen. Beide Bauteile sollen als Eingussteile zum Einsatz kommen. „Zylinderkurbelgehäuse sind durch den Trend zu Direkteinspritzung und Turboaufladung sowie in Verbindung mit Downsizing-Effekten gestiegenen Belastungen ausgesetzt“, erklärt Dr. Andreas Kleine, Leiter Forschung und Entwicklung bei Trimet in Harzgerode. „Wir unterstützen den Leichtbau bei Zylinderkurbelgehäusen mit Konzepten, die zum Beispiel eine Substitution von Zylinderlaufbuchsen aus Gusseisen durch geeignete und kostengünstige Aluminium-Zylinderlaufbuchse vorsehen.“
Bei der Legierung fiel die Wahl auf den Werkstoff AlSi30, der durch seinen höheren Anteil an Silizium-Primärkristallen für einen geringeren Verschleiß der Lauffläche sorgt als die Referenzlegierung AlSi17Cu4. „Verschleißuntersuchungen am Kolbenring-Zylinderlaufbahnsystem haben gezeigt, dass bei der neuen Legierung kein nachweisbarer Verschleiß festzustellen ist. AlSi17Cu4 hingegen unterliegt bei deutlich geringerer Belastung einem
Verschleiß von circa 5 μm“, so Kleine. „Durch aluminiumbasierte Lagerstuhlverstärkungen steigern wir die Belastbarkeit des Zylinderkurbelgehäuses bei gleichzeitiger Gewichtsreduzierung noch weiter.“
Außerdem wurde im Rahmen von Al-Cast ein Gieß-Press-Verfahren für die Fertigung eines so genannten Kombi-Inserts erprobt. Dieses Versuchsbauteil führt eine Zylinderlaufbuchse und zwei Lagerstuhlverstärkungen zu einer Strukturverstärkung zusammen. „Als nächstes streben wir ein komplexes Kompakt-Kombi-Insert mit vier Zylinderlaufbuchsen und fünf Lagerstuhlverstärkungen an. Dabei führen wir erstmals zwei Werkstoffe zu einem Bauteil zusammen. So besteht der Bereich der Zylinderlaufbuchse beispielsweise aus einer verschleißfesten AlSi-Legierung und der Lagerstuhlbereich aus einer warmfesten Al-Legierung“, sagt Kleine. Für die Herstellung kommt ein neu entwickelter Flüssigpressprozess zur Anwendung. Die Erzeugung des Verbundgusszylinderkurbelgehäuses soll anschließend im Druckgussverfahren erfolgen.
Diese und andere Aufgaben gehen die Al-Cast-Partner nun im Automotive Cluster Ostdeutschland (Acod) an. Hier haben sie die Führung im Kompetenzcluster Aluminium übernommen. Und auch in einem neuen automotiven Forschungs- und Entwicklungszentrum des Landes Sachsen-Anhalt soll das Thema Aluminium eine große Rolle spielen.
Sabine Koll Journalistin in Böblingen

Schnelle Ergebnisse dank guter Vernetzung

Trimets Powertrain-Teilprojekte waren und sind kein in sich geschlossenes Vorhaben, sondern haben Querverbindungen zu den folgenden Projekten innerhalb des Wachstumskerns AL-Cast:
  • Das Verbundprojekt Opal hatte die objektive automatisierte Prüfung von Aluminiumbauteilen zum Ziel. Ein Teilaspekt bildete dabei die zerstörungsfreie Prüfung von Zylinderlaufbuchsen mit Hilfe der Wirbelstromprüfmethode. Dabei half die PLR Prüftechnik Linke & Rühe GmbH, Magdeburg.
  • Das Teilprojekt kraftgeregelte Oberflächenfeinstbearbeitung beschäftigte sich mit der Feinstbearbeitung von Zylinderlaufflächen mit Hilfe einer kraftgeregelten Bearbeitungsmaschine. In diesem Rahmen wurden auch Grundlagenuntersuchungen an ebenen Versuchskörpern zum Honen übereutektischer AlSi-Werkstoffe durchgeführt. Involviert war hier die Inkraft mbH Magdeburg.
  • Beim Teilprojekt „Entwicklung von Flüssigpresswerkzeugen“ stand die Entwicklung, Konstruktion und Fertigung eines Presswerkzeugs zur Herstellung eines Kombi-Inserts im Mittelpunkt. Im Anschluss an die Erprobung wurde es von Trimet für die Herstellung weiterer Prototypen genutzt. Partner war die Mofo Modell- und Formenbau GmbH, Harzgerode.
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