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Drehen: Neuer Prozess soll klassisches Verfahren revolutionieren

Drehen
Neuer Prozess soll klassisches Verfahren revolutionieren

Mit High Dynamic Turning will Ceratizit das konventionelle Drehen auf den Kopf stellen. In Kombination mit den dynamischen FreeTurn-Werkzeugen sollen alle bekannten Drehoperationen mit nur einem Werkzeug möglich sein. ❧

Mona Willrett

Ob Schruppen, Schlichten, Konturdrehen, Plan- oder Längsdrehen – die bekannten Drehoperationen können künftig mit nur einem Werkzeug durchgeführt werden. Möglich macht‘s eine Technologie namens High Dynamic Turning (HDT), die Ceratizit auf der Messe AMB präsentierte. Die Idee dahinter: Das Werkzeug wird anders als beim klassischen Drehen in der Maschine angebracht und eingesetzt. Statt der statischen Anstellung der Wendeplatte durch den Klemmhalter, wird nun die Frässpindel genutzt, um den entsprechenden Winkel zum Werkstück zu erzeugen.

Durch den Spindelantrieb entsteht in Verbindung mit dem schlanken, axialen Werkzeugaufbau der FreeTurn-Werkzeuge ein Freiheitsgrad von 360° – ohne Kollisionsgefahr. Das bedeutet ein Höchstmaß an Flexibilität. Durch die Rotation um die Werkzeugachse kann der Schneidkantenwechsel ohne Unterbrechung der Bearbeitung erfolgen. Auch der Anstellwinkel ist jederzeit frei variierbar und lässt sich sogar während der Bearbeitung verändern. Das ermöglicht laut Ceratizit nicht nur flexibles Bearbeiten nahezu jeder Werkstückkontur, sondern auch einen perfekten Spanbruch, höhere Vorschübe und eine längere Werkzeugstandzeit. Abhängig von den Maschinenmöglichkeiten kann die Technologie in allen Ebenen funktional eingesetzt werden. Durch Einbeziehen der Frässpindel an Dreh-Fräs-Zentren ergibt sich die Anstellung über die Y/Z-Ebene. Das schafft weitere Möglichkeiten, die so bisher nicht machbar schienen, etwa das Bearbeiten von oben und unten.

„Die Wegbefehle werden einfach um eine Koordinate ergänzt“, erläutert Dr. Uwe Schleinkofer. Die nötigen Vorgaben für die Y/Z-Ebene und die Kompensation der Schneidlage könne mit wenigen Zeilen zum Beispiel im Programmkopf hinterlegt werden. „Das kann aber auch mit Postprozessoren oder Unterprogrammen eingespielt werden“, ergänzt der Leiter Forschung und Entwicklung Zerspanwerkzeuge bei Ceratizit. Um dem Nutzer das Programmieren zu erleichtern und damit die vielfältigen Möglichkeiten von HDT einfach zu erschließen, sind die Softwarehersteller gefordert, anwenderfreundliche Lösungen zu schaffen.

Dynamische Werkzeuge ersetzen statische Tools

„Für den Anwender darf es keinen Unterschied in der Herangehensweise der Programmierung geben, ob er nun konventionelle oder HDT-Bearbeitungen durchführen möchte“, betont Schleinkofer. „Das muss im Hintergrund der Steuerung oder Software geschehen. Und zwar sowohl für die Werkstattprogrammierung an der Maschine, als auch für CAD-CAM-Systeme. Wir sind hier in regen Austausch mit führenden Unternehmen, Lösungen dafür zu finden.“

Beim High Dynamic Turning ersetzen künftig dynamische Werkzeuge die bisherigen statischen Tools. Ein solch dynamisches Werkzeug ist FreeTurn von Ceratizit. Das Besondere an diesem Werkzeug ist sein einfacher Aufbau: Die Werkzeugaufnahme und der schlanke Schaft, der durch das axiale Konzept die Kraft ideal in die Spindel lenkt, bilden eine stabile Einheit. Stirnseitig befindet sich eine mehrseitige Wendeplatte, die einfach aufgeschraubt wird. Das Werkzeugsystem ist in der geometrischen Gestaltung der Wendeschneidplatte vollkommen frei. Somit können durch geeignete Ausgestaltung des FreeTurn alle denkbaren Außendrehoperationen realisiert werden. Auch weitere Prozesse wie Stechen oder Gewindebearbeiten sind abdeckbar. Der Clou: Die FreeTurn-Wendeplatte kann aus mehreren Schneiden mit unterschiedlichen Eigenschaften bestehen. Denkbar sind unter anderem verschiedene Spitzenwinkel, Eckenradien und Spanleitstufen, oder sogar unterschiedliche Beschichtungen und Schneidstoffe. Das Werkzeug lässt sich an die Bedürfnisse der Bearbeitung anpassen und kann mehrere Tools ersetzen. Das bedeutet jedoch nicht nur weniger Werkzeuge, die benötigt werden, sondern auch massiv verkürzte Werkzeugwechselzeiten und weniger belegte Magazinplätze.

Eine weitere herausragende Eigenschaft des HDT besteht darin, dass Bauteile mit hochkomplexen Konturen ohne Einschränkung mit nur einem FreeTurn-Werkzeug hergestellt werden können. Auch der Wechsel zu einem anderen Bauteil erfolgt dank der Flexibilität des Verfahrens schnell und unkompliziert.

Laut Schleinkofer haben auf der AMB nicht nur Anwender, sondern auch Steuerungs- und Werkzeugmaschinenhersteller die Idee sofort begriffen. „Sie sind begeistert von den Möglichkeiten. Die Reaktionen waren durchweg positiv. Und auch Wettbewerber haben die Technologie als zukunftsweisend gelobt.“

Die Experten von Ceratizit sind überzeugt: Die neue Drehtechnologie wird künftig noch weitere Potenziale eröffnen, um Drehprozesse schneller und präziser zu machen. Sie meinen, High Dynamic Turning mit FreeTurn-Werkzeugen werde ein neues Zeitalter in der Drehbearbeitung einläuten. „Das Generieren eines WSP-Portfolios hängt maßgeblich von den Wünschen und Anforderungen der Kunden ab. Wir haben in alle Richtungen offene Ohren“, sagt Werkstoffwissenschaftler Schleinkofer.



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