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Nichts ist leichter als ein geflochtenes Teil

Fertigung
Nichts ist leichter als ein geflochtenes Teil

Durch Flechten lassen sich gerade und gekrümmte Linearbauteile herstellen, die nicht zu überbieten sind an Leichtigkeit und Steifigkeit. Die August Herzog Maschinenfabrik liefert dafür die automatisierten Anlagen.

Die vielleicht bekanntesten Materialen im Wettkampf um „leichter, stärker, steifer“ sind mit Carbonfasern verstärkte Kunststoffe. In einer Kunststoffmatrix eingebettete Carbonfasern können immense Zugkräfte übertragen, die bei gleichem Gewicht die Fähigkeiten von Stahl bei weitem übersteigen.

Sollen gerichtete Zugkräfte übertragen werden, steigt die Leistungsfähigkeit mit der kraftflussgerechten und unterbrechungsfreien Faserausrichtung. Wurden in den Pioniertagen des CFK-Baus die Fasern noch oft von Hand drapiert, sind heute maschinelle Techniken gefragt: Aus trockenen Carbonfasern entstehen textile Vorstufen oder auch konturgenaue Preforms, die in nachfolgenden Prozessen infiltriert und ausgehärtet werden.
Da es sich bei den angebotenen Carbonfasern von der Aufmachung her um ein Garn handelt, bieten sich zur Verarbeitung fast alle klassischen Textilverfahren an. Eine der häufigsten Anwendungen sind gewebte Matten, die neben Carbon auch aus vielen anderen Materialen gefertigt werden, zum Beispiel aus Glas oder Aramiden. Solche Matten finden vornehmlich in flächigen Bauteilen Verwendung.
Sollen aber lineare Bauteile erstellt werden, bietet sich die Flechttechnologie an. Mit ihr können gerade und räumlich gekrümmte Linearbauteile erstellt werden. Durch die flexible Fertigungstechnik lassen sich Faserwinkel anpassen, Durchmesser variieren und Konturen integrieren. Da die Fasern ungebunden schlaff sind, wird für eine endkonturnahe Preform der Garn auf Kerne geflochten. Die Kerne können aus unterschiedlichen Materialien bestehen und werden – je nach Konzept – im Bauteil zur Strukturverstärkung belassen oder nach dem Aushärten zur Gewichtsreduzierung entfernt.
Bei dem Vorgang des Flechtens handelt es sich um das regelmäßige Verkreuzen und Verschlingen mehrerer Stränge aus biegsamem Material. Beispiele manuell gefertigter Geflechte sind weit vor Christi Geburt datiert. Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden in den Regionen Manchester und Barmen die ersten Flechtmaschinen. Wurden zuerst Naturfasern verflochten, so können heute mit modernen Flechtmaschinen alle Chemiefasern und Drähte verarbeitet werden.
Spröde Materialen wie Carbon erfordern dabei ein besonderes Know-How in der Maschinenkonstruktion. Die Radialflechtmaschinen der August Herzog Maschinenfabrik GmbH & Co.KG wurden speziell für die Verarbeitung von Carbon entwickelt und optimiert. Ihre radiale Bauform und das Garnträgerdesign vermindern den Filamentbruch deutlich im Vergleich zur Verarbeitung auf konventionellen Flechtmaschinen. Als positiver Nebeneffekt der geringeren Bautiefe bieten die Maschinen eine größere Flexibilität für gekrümmte Bauteile.
Aktuell beschäftigen sich viele namhafte Automobilhersteller und deren Zulieferer mit den Möglichkeiten des Preformflechtens. Gesucht sind Fertigungsverfahren, die bei niedrigen Stückzeiten und Kosten ein qualitativ hochwertiges und reproduzierbares Bauteil erstellen. Wo die technischen Vorteile des Geflechtes schon bewiesen sind, besteht die Herausforderung im Anpassen des Prozesses und der Fertigungsumgebung, um die geforderten Stückzahlen zu realisieren.
Auch ein Fahrzeug – aber mit kleineren Losgrößen – ist das Fahrrad der Munich Composites GmbH. Unter dem Namen Braid-Bikes ( www.Braid-Bikes.de) werden Rahmenteile mit einem Herzog-Radialflechter geflochten. Die Entscheidung für das Verfahren fiel aufgrund derselben Vorzüge, die auch für den Automobilbau bedeutsam sind: Die Fasern werden beim Flechten endkonturnah und damit im kraftflussgerechten Winkel abgelegt. Nach der statischen Auslegung lassen sich die Querschnitte anpassen oder auch zur Integration von Anbauteilen variieren.
Durch das kontinuierliche Abbinden der Fasern untereinander wird im Schadensfall eine Delamination örtlich begrenzt und das gefürchtete verdeckte Ausbreiten des Schadens verhindert.
Da eine Flechtmaschine gleichzeitig mehrere Rovings ablegt – der bislang größte Radialflechter der Welt lässt sich mit bis zu 432 Rovings bestücken – erreicht das Flechten eine sehr hohe Faserablagerate im Vergleich zu anderen Verfahren. Dabei wird jeder Roving einzeln auf Spannung gehalten und jeweils nur die benötigte Garnlänge abgelegt. Werden hingegen Preforms aus Matten gelegt, kann es bei optimaler Faserausrichtung zu einem Verschnitt von über 50 % kommen. Beim Flechtverfahren entfällt dieser komplett, was bei teuren Materialen wie Carbon ein großer Vorteil ist.
Alle Herzog-Flechtmaschinen stoppen automatisch, sollte ein Roving reißen oder beim Bestücken vergessen worden sein. Diese Überwachung ist über eine fest programmierte SPS mit der Kernführung verbunden und sorgt so für ein reproduzierbares Ablegen. Bei sicherheitsrelevanten Bauteilen ist diese dokumentierbare Qualitätskontrolle unumgänglich und manuellen Legeverfahren vorzuziehen.
Neben den inneren Werten spielt im Fahrzeugbau auch das Design eine große Rolle. Mit entsprechenden Formwerkzeugen lassen sich aus Geflechten hochwertige Sichtoberflächen mit markanter Optik erstellen.
Neben der Mobilität auf der Straße finden sich CFK-Bauteile aus Geflechten schon heute in allen modernen Verkehrsflugzeugen der Airbusfamilie und einigen Versionen von Boeing. Eingesetzt als geflochtene Propeller oder tragende Strukturbauteile wie etwa dem Samer Stange bringen sie hohe Steifigkeit bei geringem Gewicht ein. Auch im Werkzeugmaschinenbau ist gerade diese Eigenschaft gefragt. Sollen Drehmomente hochdynamisch übertragen werden, hilft es, wenn die Welle leicht ist; aber vor allen Dingen muss sie steif sein. Eignet sich eine Welle schon von der Geometrie her optimal für den Flechtprozess, so kommt bei Torsion noch der positive Effekt der kontinuierlichen Abbindung zum Tragen: Entgegen einseitig gewickelten Wellen kann ein Geflecht bei Torsionsbelastung nicht entlang der Wickelkante schlagartig aufreißen.
Hinter all den erfolgreich umgesetzten Produkten steckt viel Entwicklungsarbeit im Detail. Wie der Name „Verbundbauteil“ schon andeutet, reicht es nicht aus, einen einzelnen Prozess wie das Flechten zu betrachten, sondern das Bauteil muss in seiner Gesamtheit aus Funktion und Produktion gesehen und gestaltet werden. Momentan gibt es große, gemeinsame Anstrengungen von Industrieherstellern und Forschungswelt, die optimalen Bauteile mit der dafür geeigneten Produktionsumgebung zu entwickeln.
Guido Grave Geschäftsführer der August Herzog Maschinenfabrik GmbH & Co.KG, Oldenburg

Geflechte

Geflechte finden sich in einer Vielzahl von Anwendungen. In einer Mittelklasse-Limousine kommen circa 1,8 km Geflecht mehr oder minder sichtbar zum Einsatz: Sie sichern Elektrokabel, armieren Druckschläuche, dienen als thermischer Schutz oder halten Gepäck sicher in Position. Die Medizintechnik nutzt solch feine Geflechte, dass sie mit bloßem Auge nur schwer zu erkennen sind. Soll hingegen eine Ölplattform im Meer gesichert werden, trägt ein geflochtenes Seil bis zu 2000 t.
Für all diese unterschiedlichen Anwendungen stellt die August Herzog Maschinenfabrik die passenden Flechtmaschinen her ( www.herzog-online.com).
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