Recycelbare Fiber-Technologien können zunehmend PUR-Schäume im Automobilbau ersetzen. Ein Zwei-Mann-Unternehmen aus Karlsruhe startet jetzt mit pfiffigen Ideen und einem Geldgeber aus der Industrie.
Die Fiber-Engineering GmbH hat ein neuartiges Verfahren entwickelt, mit dem Zulieferer recycelbare Faserformteile für den Fahrzeuginnenraum herstellen können. Das Karlsruher Unternehmen baut Sondermaschinen, die die bisher aus PUR-Schaum hergestellten Teile ersetzen, die in Türen, Stirnwand, Himmel und im Fußbodenbereich zur Schalldämmung eingesetzt werden.
Mit Hilfe der in mittlerweile 30 Ländern patentierten Einblastechnik, können laut Anbieter Baumwolle, Hanf, Kokos und sogar Glas oder Basalt als Rohmaterial verwendet werden. Die Fasern werden dabei thermoplastisch gebunden. Das bedeutet, sie werden gemeinsam mit der Bindefaser Polyesterpolypropylen (Biko) auf bis zu 180 °C erhitzt und verschmelzen miteinander.
Der Clou: Wenn Automobilhersteller die so hergestellten Dämmplatten aus einem alten Pkw ausbauen, können sie die Fasern wieder aufbereiten. Fiber-Geschäftsführer Egon Förster erklärt den Kreislauf: „Die alten Formteile werden geschreddert und können dann direkt wieder verblasen oder zu anderen Fasern beigemischt werden. So bleiben die Bestandteile im Recycling-Kreislauf.“
Mit dem Verfahren können Zulieferer die Formteile in unterschiedlicher Dichte und Dicke serientauglich produzieren. „Das ist zum Beispiel im Fußbodenbereich interessant“, beschreibt Förster. Unter den Pedalen muss die Teppichdämmung dichter sein, weil sie stärker beansprucht wird, als unter dem Fahrersitz, wo sie niemals mit den Füßen der Insassen in Berührung kommt. Das funktioniert so: Die erhitzten Fasern werden ähnlich wie beim Spritzgussverfahren in ein Werkzeug geblasen und dort gepresst. Das Werkzeug besteht aus drei Teilen, einem Unterwerkzeug, einem Einblasoberwerkzeug und einem Pressoberwerkzeug, die sich im Volumen unterscheiden. Durch diese unterschiedlichen Volumen, können verschiedene Dichteverhältnisse hergestellt werden. So, dass das ausgeworfene Formteil beispielsweise einen dichteren und dickeren Rand hat und zur Mitte hin dünner wird.
Die Methode mit den Naturfasern ist außerdem günstiger, als der Weichschaum. „Seit sich der Ölpreis auf über 100 Dollar pro Barrel verdreifacht hat, ist es um bis zu 30 Prozent billiger, Naturfasern statt des PUR-Schaums einzusetzen“, zieht Ingenieur Förster Bilanz. PUR-Schaum besteht zu mehr als 90 % aus Öl. Naturfasern aber wachsen nach oder sind bereits in der Zweitverwertung, wenn etwa die Fasern aus Alttextilien bestehen. „Schon heute ist die Automobilindustrie per Gesetz verpflichtet, Altfahrzeuge zurücknehmen. Da rücken umweltfreundliche Verfahren schnell in den Fokus der Einkäufer und Entwickler“, ist sich Förster sicher.
Sicher, dass die Fasertechnologie Zukunft hat, ist sich auch Michelin. Die in Karlsruhe ansässige Deutschlandzentrale des Konzerns unterstützt die Zwei-Mann-Firma Fiber Engineering, die in diesem Jahr eine Million Euro Umsatz erwirtschaften will, mit einem zinsgünstigen Erfinder-Kredit. Dieses Engagement veranlasste den Schwarzwälder Anlagenbauer Robert Bürkle bei Fiber einzusteigen. Der Freudenstädter Parkett- und Photovoltaik-Anlagenhersteller hält 51 % der GmbH-Anteile. Aktuell verhandelt Fiber mit einem Zulieferer, der einen deutschen Sportwagen mit den Recycling-Formteilen beliefern will.
Michael Sudahl, Journalist in Stuttgart
Recycling kein Problem
Unsere Webinar-Empfehlung
Der Summit richtet sich an Entscheider aus den Bereichen Fertigung, Instandhaltung, Fabrikautomatisierung, Automatisierung, Intralogistik und Fabrikplanung, Netzplanung, Netzwerkinfrastruktur, Innovationsmanagement. Daneben sind Hersteller aus den Bereichen Maschinenbau, Sensorik,…
Teilen: