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Schöne Teile aus lebendem Material

Zerspanung von Fluorpolymeren erfordert speziell optimierte Werkzeuge
Schöne Teile aus lebendem Material

Kunststoffbearbeitung | Der Lohnfertiger Kanagawa Fusso stellt Teile aus Fluorpolymeren her. Basis für den Erfolg ist die Kreativität der Maschinenbediener, die ihre Werkzeuge von Hand anschleifen. Und ein Maschinenpark mit 15 Mazak-Bearbeitungszentren.

„Fluorpolymere leben“, so fasst Yoshimi Sakashita die Probleme beim Umgang mit diesem Werkstoff zusammen. Der Gründer und Inhaber des japanischen Lohnfertigers Kanagawa Fusso Co., Ltd. hat mehr als 35 Jahre Erfahrung im Bearbeiten dieser Materialien. Die Abmessungen von Fluorpolymeren unterliegen je nach Umgebungstemperatur starken Schwankungen. Durch die Wärme, die beim Bearbeiten entsteht, wachsen die Werkstücke. Sobald das Material anschließend abkühlt, zieht es sich wieder zusammen. Um diese für die Produktgüte nachteiligen Kontraktionen minimal zu halten, streben die Spezialisten von Kanagawa Fusso Bearbeitungsprozesse an, bei denen möglichst wenig Wärme entsteht. Dazu muss bereits beim Einrichten der Maschine die Schärfe der Werkzeuge und die Richtung der Spanabfuhr berücksichtigt werden.

Das japanische Unternehmen wurde 1990 in Yokohama gegründet und war von Anfang an aufs Bearbeiten von Fluorpolymeren spezialisiert. Zunächst betrieb Yoshimi Sakashita seine Firma gemeinsam mit seiner Frau und einigen Teilzeitmitarbeitern. Der anfangs in einem Seitengässchen gelegene Betrieb hat sich mittlerweile zu einem Unternehmen mit 25 Vollzeitbeschäftigten gemausert. Nach drei Umzügen, der ausgeweiteten Geschäftstätigkeit und einer Werkserweiterung gibt es jedoch noch immer eine Konstante bei den Japanern: Die Bearbeitungsmaschinen kommen nach wie vor von Yamazaki Mazak.
Wenn man die 15 CNC-Maschinen des japanischen Werkzeugmaschinenbauers ordentlich aufgereiht in Betrieb sieht, hat es zunächst den Anschein, als befinde man sich in einer Metallbearbeitungswerkstatt. Auf den zweiten Blick wird aber deutlich, dass Material, Werkstücke und Späne überwiegend weiß sind. Es liegt auch kein Kühlmittelgeruch in der Luft, und die Bearbeitung erfolgt so gut wie geräuschlos. Der größte Unterschied zum herkömmlichen Zerspanen von Metallen besteht jedoch darin, dass die Maschinen ausnahmslos mit handgeschliffenen Werkzeugen ausgestattet sind.
Der Leitsatz der Kunststoffteile-Spezialisten lautet „Schnellere Fertigung und schönere Produkte“. Die Verantwortlichen bei Kanagawa Fusso haben sich immer wieder mit der Frage auseinander gesetzt, wie das zu erreichen sei, und erkannt: Der Schlüssel dazu liegt im Vertrauen in das Können der Maschinenbediener. Sie sorgen dafür, dass die Balance zwischen Zerspanungswerkzeugen und Maschinen gehalten wird. Um das zu erreichen, beobachteten die zwölf in der Fertigung tätigen Mitarbeiter zunächst die Techniken von Yoshimi Sakashita, eigneten sich diese dann an, bis sie sie selbst beherrschten. Erst dann durften sie eigenständig arbeiten. „Auch wenn die Mazatrol-Dialogsteuerung einfach gehalten und leicht zu bedienen ist, stellen die Zerspanungswerkzeuge doch eine echte Herausforderung dar“, sagen die Maschinenbediener, deren Durchschnittsalter bei 28 Jahren liegt. Nahezu jeder von ihnen kommt ursprünglich aus fachfremden Branchen. Ungeachtet ihrer anfangs noch fehlenden Erfahrung hinsichtlich der Bearbeitung, stellten die gefertigten Produkte die Kunden voll und ganz zufrieden.
Die Basis dafür waren handgeschliffene Werkzeugschneiden, deren Einsatz Yoshimi Sakashita befürwortete. Dazu kam, dass sich beim Einsatz dieser Werkzeuge auf den Mazak-Maschinen Synergie ergaben, durch die die Vorzüge beider Seiten zum Tragen kamen. In der Tat ist es so, dass viele der jungen Maschinenbediener sich ihre eigenen Werkzeuge für den Einsatz an den Maschinen erschaffen. Tomonobu Hoshi und Hiroaki Hoshi, zwei leitende Mitarbeiter des Unternehmens, die bereits die Einführung und Inbetriebnahme der ersten Mazak-Maschinen miterlebten, sagen mit großer Bestimmtheit: „Sie benötigen keine Ratschläge von uns. Es ist vielmehr umgekehrt: Unsere jungen Mitarbeiter, die sich immer wieder mit großer Kreativität eigenständig neue Techniken ausdenken, treiben uns an.“ Mit ihrem Talent sei es gelungen, ein Werkstück, für dessen Bearbeitung in einer Simulation 120 s veranschlagt worden waren, in gerade mal 90 s herzustellen. Passende Parametereinstellungen und spezifische G-Codes ermöglichten diese Reduktion der Fertigungszeit.
„Als in der Kunststoffindustrie noch NC-Maschinen mit gekröpften Werkzeugen üblich waren, fiel unsere Idee, eine Revolverdrehmaschine mit Mazatrol-CNC-Steuerung zu verwenden, doch etwas aus dem Rahmen“, bemerkt Hiroaki Hoshi rückblickend. Dann habe sich jedoch herauskristallisiert, dass mit den Mazak-Maschinen im Vergleich zu den Anlagen für die Massenproduktion die Zykluszeiten gesenkt werden konnten, und es habe sich schnell gezeigt, dass die Wahl ein echter Glücksgriff war. „Die Qualität der Bearbeitung runder Gegenstände wird zum einen durch das eingesetzte Werkzeug und zum anderen durch die Bearbeitungsmethode beeinflusst“, erläutert Hoshi. „Vor diesem Hintergrund kann Aufgeschlossenheit gegenüber Neuem durchaus von Vorteil sein – vorausgesetzt, Fachwissen und Erfindungsreichtum halten sich die Waage.“ (hw) •
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