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Spritzgießen ist nicht genug

Trendumfrage: Die Anlagentechnik wächst über sich selbst hinaus
Spritzgießen ist nicht genug

„Produktionseffizienz“ erklimmt Platz 1 bei unserer Trendumfrage – wie erwartet. Doch dahinter steckt mehr als man zunächst vermutet: die Möglichkeit, durch Verfahrensintegrationen und Automation völlig neuartige Produkte zu realisieren – solche, die früher nicht oder nur mit riesen Aufwand herzustellen waren.

Experten der renommierten Maschinenhersteller mühten sich bei unserer Umfrage, die komplexen Entwicklungen im Spritzgießen bündig auf den Punkt zu bringen (Kurzübersicht auf S. 30/31). Und das ist nicht gerade einfach, weil inzwischen eine Technologienvielfalt angesprochen wird, die weit über den Spritzgießprozess hinaus reicht.

Ralf Cezanne von Ferromatik Milacron findet die vielleicht treffendste Klammer für die vielen Trends, die sich zu einem großen bündeln: „Weg von der Maschine und hin zum Teil!“ Zukünftig wird es immer mehr möglich werden, den Blick zunächst auf das Kunststoffbauteil zu richten mit all seinen erwünschten Anforderungen und Funktionen – und dann erst auf die Umsetzung. Wirtschaflich fertigen lässt es sich dann schon. Dafür sorgen die Fortschritte in den Prozess- und Maschinentechnologien und die heute verfügbaren Anlagenbausteine.
Herbert Kraibühler von Arburg formuliert es so: „Eine wichtige Rolle spielt die Automatisierung der Fertigung – zum Beispiel um vor- und nachgeschaltete Produktionsschritte zu integrieren.“ Einfacher zu bedienende Maschinen- und Robotersteuerungen tragen ihrerseits dazu bei, den komplexer werdenden Prozess gut zu beherrschen. Als Exempel will Arburg auf der Messe K mit Kooperationspartner FPT Robotik einen Kuka-Roboter präsentieren, auf dem die Selogica-Bedienoberfläche von Arburg implementiert ist. Der Agilus-Sechs-Achs-Roboter hängt an einer quer zur Maschine angeordneten Linearachse. „Dies ermöglicht dynamischere Bewegungen und schnellere Eingriffe ins Spritzgießwerkzeug und somit eine höhere Produktivität.“
Hinzu kommt die Chance, bisher getrennt ablaufende Prozesse inline zusammenzulegen – und damit die Fertigungskosten immens zu senken. Zum Beispiel das Spritzgießen und das Lackieren oder das Spritzgießen und Montageschritte oder, oder… Teilweise werden neuartige Bauweisen und Konstruktionen sogar so erst möglich. „Prozessintegration und Automatisierung sind der Schlüssel“, betont daher Gerd Liebig von Engel Austria. „In vielen Anwendungen liefert der Spritzgießprozess einsatzfertige Bauteile, ohne Nachbearbeitung, ohne Logistik von Zwischenprodukten und ohne Montage. Dabei lassen sich kleine Losgrößen oft so günstig produzieren wie große“, so Liebig.
Hier wird der Trend zu einer Art Produktionseffizienz deutlich, die tiefer geht als bisherige Optimierungen und weitreichendere Auswirkung hat – und zwar für die gesamte fertigende Industrie. Es geht eben nicht mehr nur um die Effizienz des reinen Spritzgieß-Prozesses. Vielmehr werden mehrfunktionale Bauteile möglich, die bisher nur als Baugruppen zu haben waren und aus Einzelteilen montiert werden mussten – ein Sprung in der Produktionseffizienz. Insbesondere der automobile Leichtbau profitiert davon neben anderen, betonen die Maschinenhersteller in unserer Umfrage: So entstehen zum Beispiel leichte Composites aus Endlosfaser-verstärkten Halbzeugen, die wie Bleche umgeformt, anschließend umspritzt und mit Rippen versehen werden – und dies alles im Spritzgießwerkzeug. Meist ersetzen sie Metall- oder Hybridstrukturen (mehr ab S. 36).
Möglichkeiten, die dem Maschinenhersteller KraussMaffei schon durch seine dreifache Präsenz in den Technologiefeldern Spritzgießen, Reaktionstechnik und Extrusion nahe liegen. „Seit Jahren beschäftigen wir uns mit verschiedensten Herstellverfahren für faserverstärkte Kunststoffe“, sagt Frank Peters. „Unser Maschinen-, Werkzeug- und Automatisierungstechnik-Portfolio reicht vom Spritzgießen kurzglasfaserverstärkter Teile bis zur Produktion hochfester Leichtbauteile mit einer komplexen Gewebestruktur in einer reaktiven Matrix.“ Peters Erfahrung: Durch die Kombination verschiedener Verfahren und neuer Werkstoffe stoßen Kunststoffprodukte in Anwendungen vor, die bisher anderen Materialien vorbehalten waren.
Natürlich will all dies gehandhabt und automatisiert sein. Auf der Messe K möchte KraussMaffei ein Beispiel für die flexiblen Möglichkeiten geben. Mit einem Partner präsentieren die Münchner ein Schnellwechselsystem, das in 3 min vollautomatisch die Produktion umstellen kann: In dieser Zeit wird die vorgeheizte Form vom Werkzeugwechseltisch in die Maschine eingebracht und mit Magnetspannplatten fixiert. Multikupplungen stellen die Medienversorgung her. Die beiden beteiligten Roboter bedienen sich an einem Greiferbahnhof selbstständig mit der zum aktuellen Werkzeug passenden Hand. Die moderne Steuerung sorgt dafür, dass alles schnell programmiert ist und reibungslos funktioniert – soweit die Vorab-Infos von Frank Peters.
Auf zwei weitere Aspekte im Blick auf die genannten Trends weist Georg Tinschert hin, Wittmann Battenfeld. Zum einen auf den Teamwork-Ansatz: „Wichtig ist, das Know-how von Spezialisten in Maschinenbau, Werkstofftechnologie, Verfahrensentwicklung und Automatisierung frühzeitig in einem Projekt zusammenzuführen.“ In der Tat stehen hinter den hochwertigen Anlagen-Exponaten der K meist viele unterschiedliche Akteure, die dafür zusammenarbeiteten. Die Liste der Beteiligten unterscheidet sich kaum von der Partnerliste renommierter, öffentlich geförderter Verbundprojekte – hier bietet sich Unternehmen die Chance, eigenes Know-how und Spezialistentum aufzubauen. Zum anderen verweist Tinschert auf die notwendige Vernetzung der Maschinentechnik für einen schnellen Datenaustausch und die Bedienerführung – hier klingt das vieldiskutierte Thema Industrie 4.0 an.
„Die Anwendungen werden immer komplexer durch neue Werkstoffe, Verfahrenstechniken und Automatisierung. Gleichzeitig findet eine Vernetzung der einzelnen Maschinen untereinander und mit Produktionsleitsystemen statt“, konstatiert Jörg Wittgrebe von Billion. „Dadurch werden die Möglichkeiten in Anwendung und Produktion vielfältiger.“ Sein Statement könnte als Resümee unter den genannten Trends beim Spritzgießen stehen, auch wenn Wittgrebe sich primär auf elektrische Maschinen und ihre Energieeffizienz und Präzision bezieht. Und Dr. Hans Ulrich Golz, Netstal, fasst die neuen Möglichkeiten so zusammen: „Durch moderne Technologie lassen sich hoch funktionsintegrierte Produkte in optimaler Qualität herstellen, die wirtschaftlicher und nachhaltiger sind.“
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