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Diamantwerkzeuge: Tools werden zu Langläufern

Diamantwerkzeuge
Tools werden zu Langläufern

Die Verschleißfestigkeit von CVD-Diamantwerkzeugen überzeugt beim Bearbeiten abrasiver Werkstoffe. Die Ergebnisse zeigen deutliche Vorteile gegenüber konventionellen Schneidstoffen.

Nico Sauermann
Redakteur, Paul Horn GmbH, Tübingen

„Mikropräzision in Milliardenstückzahl“ ist das Kennzeichen des Kunststoffspezialisten Deutsche Technoplast. Seit mehr als 45 Jahren steht das Familienunternehmen für Präzision und Vielfalt in der Verarbeitung thermoplastischer Kunststoffe und dem dazugehörigen Werkzeug- und Formenbau. Seit 1968 im ostbayerischen Wörth an der Donau ansässig, umfasst die Unternehmensgruppe „Deutsche Technoplast“ heute drei eigenständige Mitglieder. Am Stammsitz stellen 142 Mitarbeiter Bauteile aus Hochleistungskunststoffen her, bei der W&L Deutsche Technoplast in Schwabach fertigen 78 Mitarbeiter Kunststoffteile nach Kundenwunsch, und in in Malaysia produzieren derzeit 87 Mitarbeiter Kunststoff-Serienteile.

Als Prime Supplier der Elektronik- und Automobilindustrie liegen die Kernkompetenzen der Mitarbeiter in Wörth in der Entwicklung und Produktion hochpräziser Kunststoffteile im Spritzgießverfahren unter anderem von Metall-Kunststoff-Hybriden für SMT-Gehäuse im Reel-to-Reel-Trägerband-Umspritzverfahren. Ihren Einsatz finden diese Komponenten in modernen Autos, in der Beleuchtungstechnik sowie vielen anderen Zukunftstechnologien.

PEEK mit 50 % Kohlefaser

Gleichzeitig produziert das Unternehmen in Wörth neben den LED-Produkten auch zirka 1700 verschiedene Artikel aus unterschiedlichen Kunststoffen und Hochleistungs-Kunststoffteile für die Industrie in Mittel- und Großserie. Ein Beispiel hierfür ist eine Schalt/Klemmnocke zum Flaschentransport einer Getränkeabfüllanlage. 18 unterschiedliche Varianten dieser Schaltnocke in verschiedenen Längen werden in Stückzahlen von etwa 250 000 pro Jahr gespritzt und spanend bearbeitet. Der Werkstoff ist Polyetheretherketon (PEEK) mit 30 bis 50 % Kohlefaseranteil. Ein mechanisch und thermisch hochbelastbarer Kunststoff, der beim spanenden Bearbeiten sehr abrasiv auf die Werkzeugschneide wirkt.

Die unterschiedlichen Schaltnocken in linker oder rechter Ausführung haben etwa in der Mitte je nach Größe eine Lagerfläche mit 20, 24 oder 30 mm Durchmesser in der Toleranz e8. Gelagert werden die Schaltnocken in einem Bauteil aus lebensmittelgeeignetem rostfreiem Stahl. 60fach in Reihe angeordnet tragen sie in der Abfüllmaschine das Gewicht von gefüllten Glasflaschen. Jede dieser Schaltnocken hält in einer berechneten Standzeit von vier Jahren 20 Mio. Lastspiele aus.

Standmenge verdreifacht

Die bisherige Bearbeitung des Passlagers der Nocken mittels PKD-Schneidwerkzeugen beendete ein Anwenderbericht über das Drehen von CFK-Faserverbundwerkstoffen in einer Fachzeitschrift. Projektleiter Herbert Griesbeck und Karl Baumann, Leiter der Spanabhebenden Fertigung bei Technoplast, kontaktierten den im Bericht genannten Werkzeughersteller. Es war der erste Kontakt zur Paul Horn GmbH. Der zuständige Außendienstmitarbeiter des Tübinger Präzisionswerkzeug-Spezialisten empfahl als Alternative zu PKD eine CCGT-Schneidplatte mit aufgelöteter CVD-Diamant-Schneide für den schon bisher verwendeten Normhalter mit Standardschnittstelle. Diese CVD-Diamant-Schneide hat einen positiven Schnittwinkel und einen Schneidenradius von 0,4 mm. Karl Baumann erinnert sich: „Der Einsatz des neuen Schneidstoffs verbesserte die Standmenge sofort von 750 bis 1000 Teilen auf prozesssichere 3000 Teile mit besserer und konstanter Oberflächenqualität über die gesamte Standmenge.“

Ein weiteres Einsatzbeispiel eines CVD-D-bestückten Werkzeugs ist die Dreh-Bearbeitung eines Greifers aus glasfaserverstärktem Kunststoff (PA6). Eingesetzt werden die Greifer in linker und rechter Ausführung ebenfalls beim Transport von PET-Getränkeflaschen. Losgrößen von 1000 Stück produziert Technoplast von den Bauteilen pro Jahr. Beim Bearbeiten der Bohrungen kommt eine CVD-Diamant-bestückte ISO-Schneidplatte von Horn zum Einsatz. Vor der Umstellung auf CVD-D bearbeitete man die Bohrungen in zwei Schritten – Aufbohren und Reiben. Die Standzeit der Werkzeuge lag dabei bei 100 Teilen. Durch die Umstellung auf den Diamantschneidstoff stieg die Standmenge auf 5000 Teile.

99,99 % Diamant und zehnmal so scharf

CVD-Diamant-Schneiden unterscheiden sich mehrfach von PKD-Schneiden. Der CVD-Diamant ist zu 99,99 % fast reiner Diamant im Gegensatz zum mit Binderanteilen von 10 bis 20 % gemischten PKD. Obwohl beide Schneidstoffe polykristallin aufgebaut sind, ist die Struktur von CVD-Diamant homogener und fast ebenso hart und verschleißfest wie monokristalliner Naturdiamant. Beachtet man bei letzterem die von der Kristallgitterstruktur vorgegebene Schneidenausrichtung nicht exakt, ist CVD-Diamant sogar druck- und verschleißfester. Während PKD-Schneiden geschliffen oder erodiert werden, sind CVD-Schneiden präzisionsgelasert und damit mit einer Schneidenverrundung zwischen 1 und 2 µm mindestens zehnmal so scharf. Beim Schleifen von PKD werden Randkristalle an der Schneide herausgebrochen, beim Lasern von CVD-Diamanten aber durchschnitten.

Dadurch erklärt sich auch die hohe Standmenge beim Bearbeiten kohle- oder glasfaserverstärkter Kunststoffe. Mit einer Schneidkantenschärfe von 1 bis 2 µm durchschneiden die CVD-Diamant-Schneiden die 5 bis 8 µm dünnen Fasern, während die PKD-Schneiden die Fasern abquetschen und durch Reibung schneller verschleißen. Dass aber auch CVD-Schneiden einem, wenn auch viel geringerem Verschleiß unterliegen, ist verursacht durch die ungerichtete Anordnung der Kohlefasern im Kunststoffbett. Auch hier werden die Fasern, die nahezu in Längsrichtung des Schnittes angeordnet sind, eher abgequetscht als geschnitten. Die hochglanzpolierte Oberfläche und die gute Wärmeleitfähigkeit der Diamantschneide verhindern Aufbauschneidenbildung. Der „kühle“ Schnitt durch die scharfe Schneide erzeugt zudem kaum Wärme. Karl Baumann: „Und wenn eine CVD-Diamant- Schneide verschlissen ist, kann sie bis zu dreimal präzise nachgelasert werden. Die bisher verwendeten PKD-Schneidplatten mit Spanleitstufe waren hingegen nach dem ersten Standzeitende Schrott.“

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