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Fertigungstechnik: Vernetzte Lösungen für mittelständische Anwender

Fertigungstechnik
Vernetzte Lösungen für mittelständische Anwender

Digitalisierung und Vernetzung sind mittlerweile auch für viele Mittelständler ein zentrales Thema – sowohl auf Anbieter- als auch auf Anwenderseite. Wir stellen Lösungen vor.

Mona Willrett

Eine vernetzte Fertigung galt vielen Mittelständlern lange eher als Spielwiese abgehobener Forscher, allenfalls in Konzernstrukturen als sinnvoll. Mittlerweile erkennen jedoch immer mehr kleinere und mittlere Betriebe das Potenzial, durch digitalisierte Systeme und Abläufe ihre Effizienz zu verbessern. Kaum ein Unternehmen, das sich noch nicht mit dem Thema beschäftigt. Einige haben sogar neue Produkte und Angebote geschaffen, mit denen sie ihr weiteres Wachstum sichern oder jene Umsatzlücken schließen wollen, die etwa aufgrund neuer Antriebs- und Mobilitätskonzepte zu erwarten sind.

„Die Antriebsrevolution im Mobilitätsbereich wird eine Neuausrichtung jener Zerspanungsunternehmen erforderlich machen, die sich auf den Automobilbereich konzentrieren“, sagte Dr. Christof Bönsch, Geschäftsführer der Komet Group anlässlich des Ideen Forums der Besigheimer. Bönsch stellte die Frage in den Raum: „Lenken oder nur mitfahren?“ Fürs eigene Unternehmen sei die Entscheidung längst gefallen. „Komet will und wird die digitale Zukunft aktiv mitgestalten!“

Seit Jahren arbeitet der Präzisionswerkzeughersteller an der digitalen Zukunft der Produktion. Das schlägt sich zunehmend auch im Produktportfolio nieder. Beispiele dafür sind das Assistenzsystem ToolScope, verschiedene Smartphone-Apps oder mechatronische Werkzeuge. Dass dieses Angebot bei den Kunden durchaus ankomme, das zeigen laut Komet zweistellige Zuwachsraten bei den digitalen Lösungen.

Welchen Nutzen diese Systeme in der Fertigung bringen, das haben die Schwaben quasi am eigenen Leib erfahren. In der eigenen Produktion setzen sie unter anderem die ToolScope-Lösung samt Cloud-Funktion ein. Dieses digitale Assistenzsystem erfasst und dokumentiert während des Bearbeitungsprozesses maschineninterne Signale – etwa das Drehmoment einer Spindel oder die Vorschubkraft einer Achse. Auch Ereignisse wie Werkzeugwechsel oder Maschinenstillstände werden aufgenommen und stehen für weitere Auswertungen zur Verfügung. Um dem Anwender die gesammelten Daten möglichst einfach zugänglich zu machen und praktischen Nutzen zu generieren, bietet Komet Applikationen einzeln an. Diese Apps tragen unter anderem dazu bei, dass die Daten in den Produktionshallen dezentral ausgewertet und die Ergebnisse dann zentral in Clouds zusammengefasst und gespeichert werden können.

Doch die Cloud dient nicht nur als Datenspeicher, sondern auch als Installationsort für Assistenzsoftware und die Apps des Anwenders. So kann auf zusätzliche Hardware an der Maschine verzichtet werden. Aus der Cloud heraus ließen sich zudem viele Funktionen besser umsetzen als aus einem Schaltschrank, meinen die Besigheimer. Außerdem öffne das System neue Wege in der Überwachungstechnik. Cloud-basierte Systeme seien eine ideale Basis dafür, Maschinendaten mit künstlichen Intelligenzen zu kombinieren.

Auch ein anderer Präzisionswerkzeughersteller hat aus dem eigenen Bedarf heraus eine Lösung entwickelt und für deren Weiterentwicklung und Vermarktung jüngst sogar ein eigenes Unternehmen gegründet. Die Software-Spezialisten von Mapal konzipierten c-Com als offene Plattform, die im Kern dem C-Teile-Management dient und an der sich auch andere Unternehmen beteiligen können.

Zum offiziellen Launch auf der Messe EMO stellt die neu gegründete c-Com GmbH vier webbasierte Module vor. Parallel dazu werden verschiedene native iOS-Applikationen präsentiert, die ein mobiles Handling von Daten und Unterlagen in Echtzeit ermöglichen.

Inzwischen sind neben Mapal weitere Werkzeughersteller auf der Plattform oder werden das bald sein. Projekte mit den Firmen Bass und Emuge-Franken sind in Vorbereitung. Seit Juni werden Werkzeugdaten des Schweizer Werkzeugherstellers Schnyder und der Italienischen Firma Vergnano im Rahmen eines Toolmanagement-Projekts bei einem namhaften Tier1-Hersteller auf c-Com gepflegt und geteilt. Weitere Pilotprojekte laufen laut den Aalenern erfolgreich. Vielversprechend sei zudem die Kollaboration mit der Siemens IoT-Cloud-Lösung MindSphere zum Austausch von Daten.

„Beim Thema Industrie 4.0 denkt man nicht spontan ans Werkzeugdatenmanagement“, sagt Peter Schneck, Geschäftsführer von TDM Systems, „aber Tool Lifecycle Management spielt künftig eine zentrale Rolle in der Industrie.“ Um Prozesse zu optimieren und Produktionskosten zu senken, brauchen sowohl die kaufmännischen als auch die technischen Systeme umfassende Informationen in Echtzeit aus der Maschine. Systeme wie TDM ermöglichen es, diese Daten zu erfassen, zu speichern und von verschiedenen Bereichen aus darauf zuzugreifen. So lassen sich die Reststandzeiten der Werkzeuge für eine transparente Lagerplanung nutzen: Werkzeuge werden bestandsoptimiert und zeitnah bestellt, Lagerkosten damit reduziert und die Kapitalbindung gesenkt. Aufträge lassen sich kurzfristig umplanen und mit Alternativwerkzeugen fertigen.

Mit „TDM next generation“ startet auch TDM Systems ins Industrie-4.0-Zeitalter – ohne Bestehendes über Bord zu werfen. Bei vielen Bestandskunden sind die TDM-Module tief in den Workflow eingebettet und sollen langfristig lauffähig bleiben. Deshalb hat der Tübinger Softwarespezialist seine Version 4.8 mit den beiden Linien ‚TDM 2017‘ und ‚TDM 2017 Global Line‘ abgelöst. Sie bauen auf einer gemeinsamen Datenbasis auf, arbeiten aber mit unterschiedlichen Architekturen. Die Entwickler haben Anwendungsdaten und Anwendung getrennt. Das ermöglicht die Weiterentwicklung ohne Systemwechsel. Dadurch verbessern sich auch Datenqualität, Sicherheit und Service. Updates müssen nur noch zentral auf dem Applikationsserver aufgespielt werden. Technik-Leiter Achim Müller sagt: „Wir geben eine klare Zukunftsperspektive bei gleichzeitiger Investitionssicherheit für bereits aufgebaute Systeme.“ Mit TDM Global Line spiele es keine Rolle mehr, ob der Nutzer neben dem Server oder auf der anderen Seite der Erdkugel sitze.

Smart, vernetzt, mobil – diese Anforderungen stellen Maschinen- und Anlagenbetreiber in Zeiten von Industrie 4.0 auch an ihr Servicegeschäft. Und dem wird Symmedia mit seinen SP/1 Glasses gerecht. Die Datenbrille ergänzt das Produktportfolio rund um die Software symmedia SP/1 und bringt die Kommunikation zwischen Maschinenservice und Betreiber auf ein neues Level. Im Servicefall überträgt die Brille Livebilder von der Maschine direkt an den Servicetechniker beim Hersteller, der sich aus der Ferne ein genaues Bild von der Anlage machen und seinen Kunden bei der Fehlerbehebung aktiv unterstützen kann. Die integrierte Whiteboard-Funktion ermöglicht es, Screenshots direkt zu kommentieren, zu markieren und auf die Brille des Betreibers an der Maschine zurückzusenden. Dieser wiederum kann sich um die Anlage herumbewegen, beide Hände sind frei und alle Informationen im Blickfeld. So können selbst aufwändige Arbeiten auf beengtem Raum schnell und unter genauer Anleitung durchgeführt werden.

Eine Sorge, die viele Fertigungsbetriebe bislang davon abhält, ihre Anlagen und Systeme extern zu vernetzen, ist die Datensicherheit. Auch hier bietet Symmedia mittlerweile eine Lösung, mit deren Hilfe Maschinen- und Anlagenbauer die Sicherheit im Datenaustausch mit ihren Kunden deutlich erhöhen können. In der Servicesoftware symmedia SP/1 ist jetzt das Feature ‚Access Guard‘ integriert. Damit legt der Maschinenbetreiber selbst fest, wann und mit welcher Berechtigung auf seine Anlagen zugegriffen werden darf. Stellt er eine Serviceanfrage, auf die sich der Techniker mit der Maschine verbindet, erhält der Betreiber eine Anfrage zur Freigabe. Erst wenn er den Zugriff erneut bestätigt, kann der Techniker mit seiner Arbeit beginnen.

Vernetzten Systemen, digitalisierten Abläufen und einer vorausschauenden Wartung misst auch Bernhard Sievering, Inhaber und Geschäftsführer von BvL Oberflächentechnik, eine große Bedeutung bei. Unter dem Namen Smart Cleaning entwickelte sein Unternehmen eine Reihe von Programmen zur cleveren Steuerung von Anlagen für die industrielle Teilereinigung. So kann der Anwender künftig mit Hilfe von Apps frühzeitig den Wechsel der Filter planen, die Reinigerkonzentration steuern oder den Verschmutzungsgrad des Reinigungsmediums zuverlässig erkennen, um dieses zum richtigen Zeitpunkt zu erneuern. Im direkten Zusammenhang zu den Smart-Cleaning-Apps steht die entsprechende Sensor-Technik. Die verschiedenen Libelle-Systeme sorgen für Prozesssicherheit. So misst Libelle Oil Control den Ölgehalt im Bad – optional auch auf dem Werkstück –, Libelle Cleaner Control hat die Reinigerkonzentration im Blick und Libelle Fluid Control überwacht die Badverschmutzung. Das vereinfacht die Prozesse, entlastet den Benutzer und ermöglicht eine hohe Zeit-, Kosten- und Ressourceneffizienz.

Bernhard Sievering betont: „Wir stellen uns mit der Vernetzung unserer Reinigungslösungen auf individuelle Kundenbedürfnisse ein. Daten- und Ausfallsicherheit spielen dabei eine zentrale Rolle.“ Im Vordergrund steht dabei auch hier – neben der Maschinen-zu-Maschinen-Kommunikation fürs Automatisieren von Prozessen – das Erfassen von Maschinen- und Betriebsdaten. Diese Produktnachverfolgung und Zustandsauswertung dient insbesondere der Analyse – mit dem Ziel, die Effizienz und Prozesssicherheit zu optimieren.

Virtual Reality in der Teilereinigung

Auch Virtual Reality lässt sich in der fertigenden Industrie sinnvoll einsetzen. Als einer der ersten Hersteller von Anlagen für die industrielle Teilereinigung nutzt beispielsweise Dürr Ecoclean eine computergenerierte, interaktive Umgebung, um rund um den Globus Mitarbeiter für Servicearbeiten an komplexen Manipulatoren zu schulen. Konzipiert wurde die VR-Anwendung von Tema Technologie Marketing, mit dem Ziel Wartungsarbeiten an dem von Dürr Ecoclean Monschau für die flexible Reinigungszelle EcoCFlex 3 entwickelten Scara-Manipulator zu trainieren. Instruktor und Trainee können dabei tausende Kilometer voneinander entfernt sein. Um die Wartungsabläufe realitätsnah zu vermitteln, wurde aus den CAD-Daten ein VR-Modell des Manipulators konzipiert, das sich über Schieberegler in allen Freiheiten bewegen lässt. Das ermöglicht unter anderem, jede Schraube zu lösen und wieder festzudrehen. Die einzelnen Handgriffe bauen aufeinander auf. So lässt sich bei der virtuellen Wartung beispielsweise bei einem Ölwechsel der Getriebedeckel erst wieder schließen, wenn auch Öl nachgefüllt wurde. Dieses Vorgehen gewährleistet, dass die verschiedenen Arbeitsschritte in der richtigen Reihenfolge und vollständig trainiert werden und so in Fleisch und Blut übergehen.

„Wir befinden uns gerade in einer digitalen Gründerzeit. Es wird Unternehmen und Lösungen geben, die sich durchsetzen und andere, die wieder verschwinden“, sagt Dr. Jochen Kress, Mitglied der Mapal-Geschäftsleitung und c-Com-Geschäftsführer.

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