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Vom Spielzeug zum Kostensenker

Wie sich die Industrie günstige RepRap-3D-Drucker zunutze macht
Vom Spielzeug zum Kostensenker

3D-Drucker | Geräte wie die von German RepRap, anfangs belächelt, sind heute aus der Industrie nicht mehr wegzudenken. Sie werden immer häufiger eingesetzt, sei es im Prototypenbau, im Formenbau oder für die Kleinserienfertigung. Der Grund dafür ist einfach: Es lassen sich Kosten sparen.

Stefanie Schneider Marketingleiterin bei der German RepRap GmbH, Feldkirchen

Wer in der Lagerhalle von German RepRap steht, tut sich schwer mit der Vorstellung, dass alles im Keller eines kleinen Reihenhauses begonnen hat: Meterlange Regale mit Filamenten und Ersatzteilen wechseln sich ab mit Paletten, auf denen sich Drucker stapeln. Dazwischen liegen die Versandabteilung und die Werkstatt für die Qualitätskontrolle. Und doch begann die Geschichte des deutschen 3D-Drucker-Herstellers genau dort in diesem Reihenhaus im Osten von München.
So wie die Lagerhalle nichts mehr mit dem überfüllten Keller vom Frühjahr 2012 zu tun hat, so unterscheiden sich die heute gefertigten 3D Drucker deutlich von dem Gerät, das den Auslöser gab für die erfolgreiche Geschäftsentwicklung. Das hatte nämlich Florian Bautz aus Heizungsrohren gefertigt, Mitgründer und Geschäftsführer von German RepRap. Die beiden Gründer, Florian Bautz und Jan Giebels, entstammten der RepRap-Community, der Open-Source-Bewegung, aus der die 3D Drucker von German RepRap hervorgingen.
Knapp drei Jahre später, finden sich die 3D-Drucker von German RepRap in vielen Konstruktionsabteilungen von großen und mittleren Unternehmen. „Man kann sagen, dass ein Großteil der Dax-Unternehmen einen 3D-Drucker von uns einsetzt“, so Florian Bautz, heute 27.
Das Thema 3D-Druck gibt es an sich schon lange. Nur hat es keiner so genannt. Additive Fertigung, Rapid Prototyping und Rapid Manufacturing waren die Schlagworte. Und es waren andere, teurere Verfahren, etwa das Lasersintern. Hier schmilzen Kunststoffpartikel mit Hilfe von Laserstrahlen und verbinden sich so zu einem Objekt. Lasersintern ist kostspielig, gerade wenn es um größere Objekte geht. Entsprechend selektiv wird es eingesetzt.
Lasersintern ist eine Domäne von Dienstleistern wie der Creabis GmbH in München. Große Unternehmen mögen in eine eigene Lasersinteranlage investieren. Für mittlere Firmen sprengen die Drucker, die mehrere hunderttausend Euro kosten, das Budget. Kleine RepRap-Drucker sind bereits ab wenigen hundert Euro zu haben. Wer beispielsweise Platinen-Prototypen druckt, dem reicht das. Den meisten Industrieanwendern ist allerdings ein Druckbett von 150 x 150 mm zu klein.
„Schnell war klar, dass es eine Nachfrage nach größeren Druckern geben wird“, erinnert sich Jan Giebels, heute verantwortlich für Support und Kundenzufriedenheit. So nutzten die beiden ihre Erfahrung aus den Bausätzen und entwickelten mit dem X400 den ersten großen RepRap-Drucker Deutschlands. Sein Druckvolumen von 400 x 400 x 350 mm traf den Nerv der Industrie.
Quer über die Branchen hinweg finden sich 3D-Drucker wie der X400, der mittlerweile in der dritten Generation auf dem Markt ist. Auch Dienstleister Creabis hat sein Portfolio um einen sogenannten Würsteldrucker erweitert, wie die RepRap-Geräte im Volksmund genannt werden. „Wir sind so in der Lage, für die meisten Objekte das ideale Verfahren auszuwählen“, erläutert Creabis-Geschäftsführer Ralph Deuke. „Unser 3D-Drucker ist stark ausgelastet.“ Florian Bautz: „Wir haben das Gerät zusammen mit den Anwendern weiterentwickelt. Heute können wir sagen: Der ist technisch ausgereift.“ Anfangs sei von den Kunden etwas Leidensfähigkeit verlangt worden, gibt er zu.
Einer Studie der Gartner Group zufolge setzen die Unternehmen 3D-Druck zu etwa 40 % für die Produktentwicklung (16,1 %) und das Prototyping (24,5 %) ein. FDM- oder FFF-Drucker, Fused Deposition Modeling oder Fused Filament Fabrication, wie das Verfahren heißt, finden sich aber auch zunehmend im Formenbau oder in der Kleinserienfertigung. Eine Entwicklung ist dabei zu beobachten: Es sind nicht mehr nur die Dienstleister, die drucken. Es sind die Unternehmen selbst.
Ein solcher Pionier findet sich in Thomas Keller von der Carl GmbH. Das Unternehmen aus Eislingen stellt Brennereianlagen her. Vieles entsteht in mühevoller Handarbeit durch Dengeln, Biegen, Schleifen und Schweißen. Mit Hilfe eines 3D-Druckers reduziert das Unternehmen nun die Kosten deutlich.
So wurde ein aufwändiger Arbeitsschritt für die Fertigung eines Whiskybogens durch Kupferguss ersetzt. Der zum Herstellen der Sandgussform erforderliche Gusskern kommt aus dem 3D-Drucker. Ein Bogen hat etwa ein Format von 97 x 63 cm und am größeren Flansch einen Rohrdurchmesser von 43 cm. Da sich die beiden Bögen nicht im Ganzen drucken lassen, wurden sie in 22 beziehungsweise 16 Teile zerlegt. So hatten sie eine druckbare Größe. Ein Vorteil ist nicht nur die Kostenersparnis. „Wir sind mit dem 3D-Modell und dem Kupferguss völlig frei im Design des Bogens“, erläutert Thomas Keller.
Der anfangs oft als nicht Industrie-tauglich angesehene 3D-Druck auf Basis der RepRap-Geräte macht viel Neues möglich. Während sich Spritzguss erst ab vielen tausend Stück rechnet, sind damit kleine Stückzahlen möglich. Man kann also sagen, die neuen 3D Drucker ermöglichen einen stärkeren Grad an Individualisierung.
Die Entwicklung in diesem Umfeld schreitet schnell voran. So werden nicht nur die Drucker selbst größer, wie der von German RepRap auf der letzten Euromold vorgestellte X1000 mit einem 1000×800-mm-Druckbett, sondern auch ausgereifter. Immer mehr Materialen kommen auf den Markt, die speziell für die 3D-Drucker entwickelt worden sind und die Spielräume der Unternehmen erweitern. •

Wie hoch sind die Kosten?
3D Drucker wie die von German RepRap sind von knapp 600 Euro für den NEO (mit 15 x 15 x 15 cm Druckraum) bis zu 30 000 Euro für den X1000 zu haben (Druckraum 100 x 80 x 60 cm). Mit gut 5000 Euro schlägt ein X400 PRO zu Buche (Foto). Die Wartungskosten der Geräte sind gering. Ab und an sind Verschleißteile zu tauschen, etwa die Druckbettbeschichtung, Riemen oder Düsen.
Was diese Drucker im Betrieb so günstig macht, sind die niedrigen Materialkosten. Das sogenannte Filament kostet etwa zwischen 20 und 30 Euro/kg.
Gerade für 3D Drucker, die ohne herstellerspezifisches Filament auskommen, ist die Auswahl am Markt groß. Die Materialkosten sind leicht zu ermitteln: Wiegen. Meist wird PLA verwendet, ein Biokunststoff, der sich für den 3D-Druck ideal eignet. Auch ABS kommt zum Zuge, druckt sich durch seinen Materialverzug bei größeren Objekten aber schwieriger.
Drucksoftware wie die All-in-one-Lösung des US-Herstellers Simplify3D bietet dem Anwender viel Flexibilität und Einsparpotential, etwa indem sie Innenräume von Objekten mit dünneren oder dickeren Stützstrukturen versieht. Überhänge benötigen zum Beispiel Stützkonstruktion ab einer gewissen Schräge, beim neuen X350 etwa ab 70 Grad.
Der reine Materialpreis eines großen Objekts kann somit im einstelligen Euro-Bereich liegen. Gerade am Anfang ist allerdings Zeit in die Ausbildung der Mitarbeiter zu investieren. Zudem ist schon bei der CAD-Zeichnung an den späteren Ausdruck zu denken: Oberflächen müssen geschlossen sein und die Datei muss fehlerfrei im STL-Format abgespeichert werden. •
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