Hohe Investitionsbereitschaft geht in der Medizintechnik einher mit einer konjunkturunabhängigen und zuverlässig steigenden Nachfrage. Andererseits ist kaum eine Branche stärker reglementiert. Mit der neuen europäischen Medizinprodukteverordnung (MDR) wurde die Messlatte noch einmal höher gelegt. Werkzeugmaschinen, die für die Fertigung von Implantaten, chirurgischen Instrumenten oder mikrogefräste Prothesen eingesetzt werden, müssen ein Höchstmaß an Präzision und Zuverlässigkeit bieten. Eine zentrale Rolle spielt dabei die Qualitätssicherung.
„Wer in die Medizintechnik einsteigen will, muss wissen, worauf er sich einlässt“, betont Christian Rotsch. Eine Zertifizierung nach ISO 9001 sieht der Leiter der Abteilung Medizintechnik beim Fraunhofer-Institut für Werkzeugmaschinen und Umformtechnik (IWU) als Grundvoraussetzung. Das IWU selbst ist zudem nach der Qualitätsmanagementnorm ISO 13485 für Medizinprodukte zertifiziert.
Das Institut ist an zahlreichen Projekten im Bereich der Medizintechnik beteiligt. Im Fokus stehen vor allem Fertigungsverfahren und Materialien, aber auch die Biomechanik und das Überführen von Projektergebnissen in die klinische Behandlung. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ist dabei ein Muss. Seitens der Werkzeugmaschinenhersteller sind sowohl mittelständische als auch große Unternehmen an den Projekten beteiligt. Rotsch sieht sehr gute Chancen für KMU, mit Speziallösungen und Sondermaschinen erfolgreich zu sein – etwa im Bereich der Mikro- und Endbearbeitung. Gefragt seien zudem komplette Prozessketten, möglichst mit Roboterunterstützung.
Höchste Qualität prozesssicher herstellen
Das belegt ein Beispiel von Exeron. Die Fertigungslösung für Aesculap umfasst die Schritte Fräsen, Senkerodieren, Reinigen und Messen. In Kombination mit einem Nullpunktspannsystem von Erowa sowie einer Automation von Certa Systems brachte sie den geforderten Zuwachs an Präzision, Geschwindigkeit und Prozesssicherheit. Entscheidend sei, so Exeron-Vertriebsleiter Udo Baur, dass man sich auf die besonderen Bedürfnisse dieser sensiblen Branche einstelle und auch bereit sei, ungewöhnliche Wege zu beschreiten sowie besondere Serviceleistungen zu bieten. Dazu gehöre etwa die Unterstützung bei der Produktfreigabe.
Aufwand für Medizinprodukte steigt weiter
IWU-Experte Rotsch erwartet, dass der Aufwand für neue Produkte im Bereich der Medizintechnik künftig noch extrem steigen wird. Dennoch ist er überzeugt, dass sich der Einstieg weiterhin lohnt. Von den Wachstumsperspektiven der Medizintechnik ist auch VDMA-Experte Niklas Kuczaty überzeugt, auch wenn nicht damit zu rechnen sei, dass sie jemals das Volumen der Automobilbranche erreiche. Dafür ist sie deutlich weniger konjunkturabhängig. In jedem Fall müssten Unternehmen, die sich für den Einstieg entscheiden, davon ausgehen, dass sie mindestens zwei bis drei Jahre investieren müssen, bevor sich ein Erfolg einstellt. Langer Atem zahle sich aber aus. (mw)
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