Aus Kostengründen werden im Produktionsumfeld meist nur direkt prozesskritische Maschinen permanent überwacht. In der Prozess- und Automatisierungsindustrie sind es oft bis zu 95 % der Aggregate, die entweder gar nicht oder nur routen-basiert durch manuelle Messungen überwacht werden. Das könnte sich ändern. Eine flächendeckende und automatisierte Zustandsüberwachung soll für Instandhalter und Anlagenbetreiber nun deutlich wirtschaftlicher darstellbar sein. Schaeffler will insbesondere für indirekt prozesskritische Aggregate ganzer Maschinen- und Anlagenparks eine effiziente und einfach zu nutzende Condition-Monitoring-Lösung im unteren Preissegment anbieten.
Als erweiterbares System und bestehend aus kabellosen, batteriebetriebenen Schwingungssensoren, einem Gateway und einer App zur Visualisierung der Analyseergebnisse, soll die Zustandsüberwachung, namens Optime, Daten in der Produktion automatisiert analysieren, aber auch zeitsparend in der Inbetriebnahme sowie wirtschaftlich in der Nutzung sein. Die von den Sensoren erfassten Daten werden mit speziell entwickelten Algorithmen analysiert. Die Algorithmen basieren auf Wissen, das Schaeffler jahrzehntelang mit stetig weiterentwickelten physikalischen Modellen und Erfahrungen seiner Zustandsüberwachung im Wälzlagerservice gesammelt hat.
Die Zustandsüberwachung erkennt mit einer Vorlaufzeit mehrerer Wochen Schäden an Komponenten wie Elektromotoren, Lüftern und Pumpen sowie Unwuchten, fehlerhafte Ausrichtung und Anschlagen. Die App visualisiert Trendverläufe, die Schwere von Vorfällen mittels Ampel-Farben, Alarme und weitere Informationen. Aggregate können nach Bedarf gruppiert werden. Ihr Zustand ist in unterschiedlichen Ansichten darstellbar. Konkrete Handlungsempfehlungen machen es betriebsinternen Instandhaltern oder auch Servicefirmen leichter, Wartungsmaßnahmen, Personaleinsatz und Ersatzteilbeschaffung rechtzeitig und kosteneffizient zu planen.
Zustandsüberwachung einfach starten
Für die Installation und Inbetriebnahme benötigen Instandhalter keinerlei Condition-Monitoring-Kenntnisse. Innerhalb eines Tages können mehrere hundert Messpunkte aufgesetzt werden. Die Schwingungssensoren werden an den Aggregaten verschraubt oder verklebt und per Nahfeldkommunikation (NFC) über die App aktiviert. Alle Sensoren verbinden sich selbstständig untereinander und mit dem Gateway zu einem eigenständigen Mesh-Netzwerk, welches zu den aktuell zuverlässigsten und energiesparendsten IoT-Netzwerken der Branche gehört. Im Mesh-Netzwerk übermitteln die Sensoren Vibrations- und Temperatur-Rohdaten sowie Leistungskennzahlen (KPIs) der Aggregate über das Gateway an den Schaeffler-IoT-Hub. Dort erfolgt die Datenanalyse. Die Ergebnisse werden an die App zur Ausgabe auf unterschiedlichsten Endgeräten der Instandhalter und Anlagenbetreiber gesendet. Alternativ können die Ergebnisse über eine REST-API-Schnittstelle zur Verfügung gestellt werden, um sie in die IT-Umgebung des Anwenders zu integrieren.
Im Vergleich zu monatlichen Offline-Messungen mit Handgeräten sind mit dem Condition-Monitoring-System (CMS) Kosteneinsparungen von etwa 50 % realisierbar. Gleichzeitig bietet das System im Vergleich zu vielen kabellosen Online-CMS eine qualitativ hochwertigere Überwachung mit komplexer, Algorithmus-basierter Analytik. Wird mit dem CMS auch die Vielzahl der Aggregate überwacht, für die eine Zustandsüberwachung bisher nicht wirtschaftlich war, ist erstmals ein umfassender Blick auf den Maschinenzustand erreicht, der alle Subsysteme und auch Nebenaggregate einschließt. Das ist ein enormer Vorteil, denn erst, wenn der Zustand aller Assets automatisiert erfasst und verfolgt wird, können ungeplante Stillstandzeiten von Maschinen und Anlagen zuverlässig vermieden werden.
Zustandsüberwachung nach Anlagenbedarf
Mit drei Condition-Monitoring-Systemen für unterschiedliche Kundenanforderungen und Anlagengrößen hat Schaeffler seine Services für die Zustandsüberwachung ausgebaut. Für eigenständige, prozesskritische Aggregate wird der Smart-Check-Service als kabelgebundenes Online-Überwachungssystem mit integriertem Webserver und Lernmodus zur permanenten Maschinen- und Prozessparameterüberwachung angeboten. Seine Fähigkeit, variable Drehzahlen sowie Prozessinformationen zu verarbeiten und vor allem seine differenzierte Signalerfassung, prädestinieren diesen Service für die Überwachung prozesskritischer Aggregate in kleinen Anlagen. Kennwerte oder Alarmzustände können über jeden Standardbrowser visualisiert werden oder über das im Gerät implementierte Kommunikationsprotokoll auch direkt in die Steuerung übermittelt werden. Hierfür genügt ein Ethernet-Kabel. Um die digitalen Services nutzen zu können, kann der Smart Check die Daten per OPC/UA-Schnittstelle an den IoT-Hub von Schaeffler senden.
Für prozesskritische Maschinen mit vier bis 16 Messpunkten eignet sich der Pro-Link-Service, quasi als großer Bruder des Smart Checks. Als kabelgebundenes, modulares Multikanal-Zustandsüberwachungssystem kann es neben Vibrationen weitere Messgrößen erfassen und auswerten. Analog zum Smart Check ist die Firmware mit von Schaeffler definierten Kennwerten und einem Lernmodus zur maschinenspezifischen Anpassung ausgestattet. Die Pro-Link-Module können im Schaltschrank montiert werden. Ein Feldbusmodul gewährleistet die Integration in die Kundeninfrastruktur. Das System unterstützt bisher OPC/UA. Weitere Feldbus-Protokolle wie Profinet und CC-Link IE sollen folgen.
Für alle marktgängigen Condition-Monitoring-Systeme dient der Condition Analyzer als digitaler Service. Viele Systeme der Zustandsüberwachung können Schwingungsdaten erfassen und visualisieren, doch Bewertungen des Schadensfortschrittes und insbesondere des Wälzlagerzustandes setzen ein tiefes Domain-Wissen über die beteiligten Komponenten voraus. Die Schaeffler-Software liefert automatisiert Zustandsinformationen wie etwa zur Schwere eines Lagerschadens. Daraus lässt sich schnell ableiten, ob und in welchem Zeitraum ein Lager getauscht werden muss. Ungeplante Stillstände lassen sich so weitestgehend vermeiden. Für ein Instandhaltungsteam entfällt der Aufwand, alle Schwingungsdaten manuell zu analysieren und zu interpretieren. Für eine einfache Integration des Condition Analyzer in Fernwartungssysteme und bestehende IoT-Plattformen dient eine REST-API-Schnittstelle.
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Sinnvoller Wissenstransfer
Es ist das eine, Zustände von Maschinen und Anlagen zu überwachen. Die richtigen Rückschlüsse aus den gewonnenen Daten zu ziehen, ist das andere. Mit neuen, digitalen Services profitieren Anwender nun sogar vom Domain-Wissen, das Hersteller jahrzehntelang in ihren eigenen Fertigungsstandorten gesammelt haben und in Produkte einbringen. Präzisere Analysen sind möglich. Und Stillstände werden weitestgehend vermeidbar.
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