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Zähharte Alternative zu Hartchrom

Nanostrukturierte WC-Beschichtungen erzielen Härten bis zu 3500 HV
Zähharte Alternative zu Hartchrom

Oberflächentechnik | Wolframcarbid-Beschichtungen von Hardide Coatings sind nicht nur eine praktikable Alternative zu Hartchrom, das bis 2017 abgelöst werden soll. Sie bieten auch eine bis zu 12fach höhere Abriebfestigkeit. Diverse Beispiel-Applikationen.

Dr. Yuri Zhuk Mitbegründer und Technischer Leiter der Hardide PLC mit Sitz in Bicester, Oxfordshire, UK

Wo Prozesse hohen Beanspruchungen oder Verschleiß ausgesetzt sind, heißt die Herausforderung, den Produktionsbetrieb unter Wahrung der wirtschaftlichen Rentabilität aufrecht zu erhalten. Denn wo Werkzeuge bis zur Auslastungsgrenze beansprucht werden, können aggressive Chemikalien, Reibung und andere Faktoren zu Korrosion, Verschleiß und Erosion führen. Bauteilversagen und ungeplante Stillstandszeiten sind die Folge. Um Ausfallzeiten und teure Reparaturen zu vermeiden, konzentriert man sich deswegen heute darauf, die Lebensdauer der Werkzeuge zu verlängern.
Hardide Coatings bietet als Anbieter von innovativen Beschichtungstechnologien eine Reihe moderner Oberflächenlösungen, mit denen sich industrielle Problemstellungen bewältigen und durch Minimieren von Stillstandszeiten die Effizienz steigern lässt. So können nanostrukturierte Niedertemperatur-CVD-Beschichtungen auf Wolframcarbid-Basis die Lebensdauer von kritischen Bauteilen drastisch verlängern. Die Zeit für Wartungsarbeiten sinkt, die Produktivität steigt.
Werkzeuge, die hohen Beanspruchungen ausgesetzt sind, werden herkömmlicherweise aus harten Werkstoffen gefertigt. Diese können jedoch spröde sein und unter Stoßbelastungen brechen – oft mit folgenschweren Konsequenzen für die Lebensdauer und Leistungsfähigkeit der Werkzeuge und die Wirtschaftlichkeit der Produktion. Doch dazu gibt es eine Alternative:
  • Hardide-Beschichtungen kombinieren außerordentliche Verschleiß- und Korrosionsfestigkeit mit Zähigkeit und Formbarkeit und bieten so einen besonderen Mehrwert für die Bauteile.
  • Sie lassen sich präzise auf innen- und außenliegenden Oberflächen sowie komplexen Formen aufbringen. Damit ermöglichen sie eine weitaus flexiblere Bauteilgestaltung als herkömmliche Technologien.
  • Durch die verbesserte Leistung senken sie die Betriebskosten, indem sie Stillstandszeiten verringern und die Produktivität steigern.
Hardide bietet die Beschichtungen in diversen Varianten zur Lösung von Problemen wie Abnutzung, Korrosion oder fressendem Verschleiß. Die Auswahl erfolgt auf Basis der jeweiligen Applikation und Betriebsumgebung und kann auf individuelle Anforderungen zugeschnitten werden. In der Öl- und Gasindustrie zum Beispiel reichen die Einsatzbereiche von Überwasser- bis zu Bohrlochanwendungen, darunter Spülpumpen, Ventile und Zentrifugalpumpen sowie Fracking- und Bohrvorrichtungen. An diesen Prozessen sind spülungsbetriebene hydraulische Bauteile, Rotoren, Statoren und Antriebsteile für Bohrturbinen beteiligt. Die Beschichtungen müssen extremen Umgebungsbedingungen wie sauren Bohrlöchern mit Beteiligung von Schwefelwasserstoff und säurehaltigen Flüssigkeiten standhalten.
In der Vergangenheit fanden Beschichtungen aus Hartchrom (HCP) breite Anwendung. Diese sollen jedoch im Rahmen der EU-Reach-Verordnung für Umwelt, Gesundheit und Sicherheit bis 2017 stufenweise abgeschafft werden, da bei der Herstellung karzinogene Chrom-VI-Salze zum Einsatz kommen. Auch durch die US-amerikanischen OSHA-Richtlinien bestehen zunehmende Beschränkungen. Im Salzsprühnebeltest gemäß ASTM B1107-07a konnte die Überlegenheit der nanostrukturierten Beschichtung auf Wolframcarbid-Basis gegenüber Hartverchromungen und auch gegenüber HVOF-Beschichtungen nachgewiesen werden.
Das HVOF-Verfahren ist ein thermisches Spritzbeschichtungsverfahren, bei dem Körner aus Wolframcarbid in einem Gefüge aus Kobalt aufgebracht werden. Es handelt sich jedoch um ein „Sichtlinien“-Verfahren und eignet sich als solches nicht zum Beschichten von Hinterschneidungen, innenliegenden Oberflächen und von komplexen Formen. Die erzeugten Schichten sind rau und porös und müssen in den meisten Fällen geschliffen werden. Dies ist bei komplexen Bauweisen nicht möglich.
CVD-Beschichtungen werden Atom für Atom aus der Gasphase erzeugt. Dabei bildet sich eine kristalline Schicht, die sowohl Außenflächen als auch innenliegende Oberflächen und komplexe Formen gleichmäßig bedeckt. Die Beschichtung besteht aus einer metallischen Wolfram-Matrix mit dispergierten Nanoteilchen aus Wolframcarbid, deren Größe typischerweise bei 1 bis 10 nm liegt. Dispergierte Nanoteilchen aus Wolframcarbid verleihen dem Werkstoff mehr Härte. Die Härte lässt sich kontrollieren und auf einen typischen Bereich von 1100 bis 1600 HV und sogar bis zu 3500 HV für einige Arten von Hardide-Beschichtungen einstellen. Die Abriebfestigkeit ist bis zu 12 Mal höher als bei Hartchrom und 500 Mal höher als bei Inconel.
Industrielle Anwendungen
Neben dem Öl- und Gasmarkt erstreckt sich die Geschäftstätigkeit von Hardide Coatings auf weitere Industriebereiche mit hoher Wertschöpfung, in denen hohe Verschleißbeanspruchungen für Teile auftreten, so auch auf die Luft- und Raumfahrt, die Armaturen- und Pumpenfertigung, die Energieerzeugung, die Kerntechnik und die Vorausentwicklung. Beispiele:
Auch die Luft- und Raumfahrtindustrie setzte in der Werkstofftechnik bisher Hartchrom ein. Eigens für die dort geltenden Anforderungen wurde daher als direkter Ersatz die CVD-Beschichtung Hardide-A entwickelt. Sie erfüllt die neuen EU- und US-Umweltvorgaben und bietet im Vergleich mit Hartchrom gleichwertige oder günstigere Eigenschaften hinsichtlich Verschleißfestigkeit, Korrosionsbeständigkeit, Härte, Oberflächenbeschaffenheit und Haftung.
Auch an metallisch dichtenden Kugelhähnen und Pumpen wird die Beschichtung erfolgreich eingesetzt. Kugelhähne können durch die in den Flüssigkeiten enthaltenen Sande und Steinsplitter verschleißen und durch die beschleunigte Strömung beim Öffnen und Schließen Erosionserscheinungen erleiden. Die CVD-Beschichtungen machen die Bauteile kratzfest und beständig gegen Abrasion und Erosion. Ein Beispiel ist die Zulassung der Beschichtung für das neue Kugel- und Sitz-Sortiment von Flowserve nach erfolgreicher Prüfung im Sand-Slurry-Test.
In einem anderen Fall traten im Werk eines weltweit führenden Herstellers von löslichem Kaffee wiederholt Misserfolge in Verbindung mit einer Hartchrombeschichtung auf. Die Beschichtung wurde löchrig und löste sich, die Kugeln und Sitze mussten abnutzungsbedingt schon nach wenigen Tagen ausgetauscht werden. Einmal mit Hardide beschichtet, blieben 50 Armaturen von 1 bis 4 Zoll Weite mehr als 18 Monate kontinuierlich und ohne Ausfälle im Einsatz.
Im deutschen Markt werden die Beschichtungen derzeit an additiv mittels Laser hergestellten Werkstoffen getestet. Mit dieser Technik lassen sich Kühlkanäle realisieren, die eine Reduzierung der Kühlzeit um bis zu 70 % ermöglichen. Durch Laserschmelzen lassen sich jedoch nur Härten bis zu 45 HRC erreichen, die für viele verschleißintensive Industrieanwendungen nicht ausreichen. Mit Hardide-Beschichtungen lässt sich die Härte potenziell erhöhen. Erste Testergebnisse sind vielversprechend.
Fallstudie einer Nickelraffinerie
Die Western Process Controls Pty. (WPC) beliefert die Nickelraffinerie NKW Kwinana von BHP mit Stellventilen. Genau gesagt handelt es sich um Stellventile Fisher ‚AA’ 80 mm in Eckausführung zur RFL-Niveaukontrolle (Reduction Feed Liquor). Aufgrund der hohen Drücke und Temperaturen und der erosiven und korrosiven Betriebsumgebung, die primär aus Ammoniumsulfat mit in Wasser gelöstem Nickelmetall und Ammoniak besteht, herrschen härteste Betriebsbedingungen.
Zwischen 1993 und 2010 überarbeitete WPC die Kegelstange viermal, um ihre Lebensdauer zu verlängern. Die vierte Konstruktion hielt mit einer Lebensdauer von sechs bis acht Wochen am längsten. Die durchschnittlichen Reparaturkosten nach einem Kegelausfall betrugen 12 000 australische Dollar.
Hardide Coatings erarbeitete nun gemeinsam mit WPC eine Beschichtungslösung für die vierte Konstruktionsvariante, mit der eine dreimal höhere Lebensdauer erzielt werden konnte. Die Kegelstange erreicht nun einen Lebenszyklus von etwa vier Betriebsmonaten bei minimaler Abnutzung des Kegels. Heute wird die Beschichtung standardmäßig bei allen Reparaturen aufgebracht und führt zu erheblichen Einsparungen bei Ausfall- und Wartungszeiten.
Fazit: Für Industriebereiche, in denen Werkzeuge bis zur Belastungsgrenze beansprucht werden, gibt es Möglichkeiten, die Leistung zu verbessern, Ausfallzeiten zu reduzieren und zugleich umweltrelevante Vorschriften einzuhalten. Das gilt gerade auch dann, wenn extreme Einsatzbedingungen vorherrschen und der Einfluss von Chemikalien, Hitze, Abnutzung, Reibung oder Korrosion zu Ausfällen kritischer Bauteile führt (und damit zu Stillstandszeiten und Produktionsausfällen).
Die CVD-Beschichtungen auf Wolframcarbid-Basis von Hardide lösen solche Herausforderungen auf effektive Weise. Sie gewährleisten eine verlängerte Lebensdauer und verkürzte Wartungszeiten. Sie bringen nicht nur eine Verbesserung gegenüber bisherigen Lösungen. Durch den Einsatz neuester Werkstofftechnologien verändert Hardide die Bedingungen für die Leistungsfähigkeit der Bauteile von Grund auf. •
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