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Horn: Zum Jubiläum ein sensorisches Werkzeug zum Abstechen von Titan

Präzisionswerkzeuge
Zum 50. Geburtstag ein sensorisches Werkzeug zum Abstechen von Titan

Die Technologietage von Paul Horn standen 2019 unter dem Motto „Technologie. Transparent“. Viele Anwendungsbeispiele zeigten, was mit cleveren Werkzeuglösungen möglich ist. ❧

Mona Willrett

Die drei Werke am Stammsitz Tübingen standen den Gästen offen. Mit rund 4700 Anmeldungen aus 35 Ländern freute sich der Präzisionswerkzeughersteller Paul Horn über einen Besucherrekord. Zum Teil war das große Interesse sicher auch der Tatsache zu verdanken, dass das Unternehmen zeitgleich sein 50-jähriges Bestehen feierte.

Heute ist der nach eigener Angabe mittlerweile größte industrielle Arbeitgeber in Tübingen in über 70 Ländern auf allen Kontinenten präsent und beschäftigt weltweit rund 1500 Mitarbeiter, 1000 davon in Deutschland. Der Umsatz lag 2018 bei rund 300 Mio. Euro, von denen wiederum 197 Mio. in Deutschland erwirtschaftet wurden. Auf die Frage, ob angesichts dieser Verteilung die Zukunft des Unternehmens und das größte Wachstumspotenzial nicht im Ausland liege, antwortete Markus Horn: „Natürlich begleiten wir unsere weltweit aktiven Kunden. Und wir sind überall präsent, wo spannende Entwicklungen laufen. Aber Deutschland ist und bleibt für uns wichtig. Hier geht es um Hightech.“ Der Geschäftsführer und Enkel des Firmengründers betonte, hier würden Prozesse entwickelt, optimiert und ans Limit getrieben.

Ein Beispiel dafür präsentierten die Schwaben anlässlich ihrer Hausmesse erstmals: Für die neue sensorüberwachte Stechgeometrie zum Bearbeiten von Titan bündelten Horn und Kistler ihre Kompetenzen. Die Entwicklung der WT-Geometrie erfolgte mittels umfangreicher Simulationen. In der Praxis auf Anhieb bewährt habe sie sich etwa beim Abstechen von Knochenschrauben. Neben einem sicheren Spanbruch sorgt die angepasste Geometrie für einen weichen Schnitt. So sind höhere Vorschübe und kürzere Bearbeitungszeiten möglich. Zudem zeigten Versuche, dass sich die Standzeiten um bis zu 60 % verlängern. Die Schneidplatten des Typs 224 mit der neuen WT-Geometrie gibt es in den Abstufungen 2, 2,5 und 3 mm in der Sorte IG35 für Halter des Typs H224.

Kistler – Spezialist für dynamische Messtechnik zum Erfassen von Druck, Kraft, Drehmoment und Beschleunigung – entwickelte in enger Zusammenarbeit mit Horn eine Lösung zur Echtzeit-Werkzeugüberwachung von Mikro-Drehbearbeitungen. Das Piezo Tool System (PTS) besteht aus einem Kraftsensor, der in das Drehwerkzeug eingelegt wird und Aufschluss über den Zustand des Werkzeuges während der Bearbeitung gibt. Der extrem kleine Piezo-Sensor misst selbst niedrigste Zerspankräfte mit hoher Auflösung. Der Maschinenbediener kann so fehlerhafte Materialien und Schneidstoffe oder auch einen Werkzeugbruch erkennen. Die Folge soll ein minimaler Ausschuss bei maximaler Qualität sein.

Für Drehbearbeitungen im Mikrobereich

Das neue System eignet sich für den Einsatz bei Drehbearbeitungen, speziell im Mikrobereich. Hier sind alternative Messmethoden wie das Überwachen der Antriebsleistung des Hauptspindelmotors aufgrund der geringen Abweichungen unergiebig. Auch eine Messung des Körperschalls liefert bei kleinen Werkstücken keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Visuelles Überwachen scheidet wegen des Einsatzes von Kühlschmierstoffen sowie den hohen Rotationsdrehzahlen aus. Die neue Lösung ist kompatibel mit ausgewählten Standard-Drehhaltern von Horn. Sie erfordert keinen Eingriff in die CNC-Steuerung. Der Einsatz erfolgt maschinenunabhängig. Der Austausch der Sensoren ist laut Horn schnell und problemlos möglich. Mit dem PTS lassen sich demnach sowohl die Produktionskosten reduzieren als auch die Fertigungskapazitäten erhöhen.

Bohren von Vollhartmetall und Keramiken

Eine weitere Hightech-Lösung, die die Tübinger ihren Gästen präsentierten, war das mit CVD-Diamanten bestückte Werkzeugsystem DDHM. Mit ihm lassen sich Vollhartmetall und gesinterte Keramiken mit Härten von bis zu 3000 HV wirtschaftlich bohren und senken. Der Werkzeughersteller baut mit dem Bohrsystem sein Portfolio fürs Bearbeiten fertig gesinterter Hartmetalle weiter aus. Durch die spanende Bearbeitung auf konventionellen Fräs- oder Drehzentren ersetzen die Werkzeuge kostenintensive und langwierige Schleif- und Erodierprozesse. Darüber hinaus lassen sich so hohe Investitionen in den Maschinenpark einsparen.

Das System DDHM zielt insbesondere auf Kunden im Werkzeug- und Formenbau fürs effiziente Bearbeiten von Matrizen oder Stempeln aus Vollhartmetall. Darüber hinaus bietet das Werkzeugsystem aber auch in anderen Branchen deutliche Vorteile, etwa in der Automobil- und der Medizintechnik, der Luft- und Raumfahrttechnik oder in der Stanz-, Schmiede- und Umformtechnik. Die Diamantwerkzeuge ermöglichen kürzere Durchlaufzeiten, hohe Oberflächengüten, geringere Gesamtkosten, eine höhere Flexibilität im Fertigungsprozess sowie eine höhere Standzeit der Endprodukte.

Die Werkzeuge bohren bis zum zehnfachen ihres Durchmessers ins Volle. Sie sind zweischneidig ausgeführt und in den Durchmessern von 2 bis 10 mm verfügbar. Alle Ausführungen besitzen eine innere Kühlmittelzufuhr. Die CVD-D-Schaftfräser zum Fasen und Senken bieten die Tübinger lagerhaltig mit den Durchmessern 3 und 6 mm und den Flankenwinkeln von 15, 30 und 45 Grad an. Die 3-mm-Variante hat fünf Zähne, die 6-mm-Variante sechs.

Langfristiges Denken und Handeln

In ihren Ansprachen zur Jubiläumsveranstaltung betonten sowohl Markus als auch Lothar Horn – der Sohn von Paul Horn führt das Unternehmen seit 1991 –, wie wichtig kompetente und engagierte Mitarbeiter für den Erfolg waren und sind. Sie entwickeln, optimieren und produzieren ein Produktportfolio, das aktuell 25.000 Standardwerkzeuge und über 150.000 Sonderlösungen umfasst. Und sie helfen den Kunden, diese Werkzeuge möglichst effizient zu nutzen. Zu den wesentlichen Kernkompetenzen zählte Lothar Horn unter anderem:

  • die eigene Forschung und Entwicklung,
  • die eigene Beschichtungstechnologie,
  • die eigene Hartmetallfertigung sowie
  • die eigene Fertigungstechnologie.

Mit Blick in die Zukunft sagte er: „Wir haben Pläne und Visionen. Ob sie sich alle umsetzen lassen, wird sich zeigen. Aber als Familienunternehmen denken und handeln wir langfristig.“ Das bewies der Unternehmer unter anderem, als er die geplanten Investitionen in der Krise 2008/09 ohne zu zögern umsetzte. Er sei sicher gewesen, auch dieses tiefe Tal werde ein Ende haben, und dann sei das Unternehmen in der besten Position, die Wünsche der Kunden zu erfüllen.

Seit 50 Jahren Profis für Einstechtechnik

Unternehmerisches Gespür und viel Herzblut zeichnete auch Paul Horn aus, der 1969 – knapp 50-jährig – in Gomaringen seinen Betrieb zur Herstellung von Hartmetallwerkzeugen gründete. Das Wohnhaus der Familie in Waiblingen war Sitz der Geschäftsleitung. Heute stellt Horn in Deutschland auf einer Fläche von 30.000 m2 hochpräzise Werkzeuge und Zubehör her. Während zu den besonderen Anliegen von Lothar Horn der Ausbau der Fertigungstiefe, der Aufbau einer eigenen Vertriebsstruktur und die Internationalisierung des Unternehmens gehörten – Produktionsstandorte gibt es heute in England, Italien, Tschechien und den USA –, sieht Markus Horn eines seiner Ziele darin, die gesamte Prozesskette vom Kunden über die Entwicklung und die Produktion und wieder zurück zum Kunden digital abbilden zu können.

Lothar Horn betont, sein Vater sei in der Übergangsphase ein hervorragender Lehrmeister für ihn gewesen. So wolle er nun seinem Sohn ebenfalls Hintergründe näherbringen. Nach der Übergangsphase sollen Markus Horn und Matthias Rommel, der seit November 2018 als technischer Geschäftsführer zur Geschäftsleitung gehört, die Geschichte des Unternehmens weiterschreiben.

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