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Hidden Highlights aus Wien

Hannover Messe: Aha-Erlebnisse werden zu Produkten
Hidden Highlights aus Wien

Die Industrial Supply ist eine Fundgrube. Wer das eine findet, findet oft noch mehr. Dieses Jahr sind wir an Quantensprüngen aus Wien hängengeblieben: Neuartige Werkstoffe, 3D-Druck in Spritzgussqualität und Generatoren mit 50 % höherer Leistungsdichte.

Die TU Wien ist Mitausstellerin auf dem Österreichischen Gemeinschaftsstand (Halle 5, Stand D18). In ihren Labors ist eine „grüne“ Herstellmethode für feinkristalline Polyimid-Partikel entstanden. Die Partikel eignen sich, um das Eigenschaftsprofil von Hochleistungs-Kompositen gezielt zu steuern. Das Besondere an dem Verfahren: Die „Hydrothermale Polymerisation“ (HTP) braucht keine toxischen oder ökologisch bedenklichen Hilfsmittel. Die Grundidee kommt aus dem Inneren der Erde: Dort können bei großer Hitze und hohem Druck Materialien entstehen, die sich an der Erdoberfläche kaum bilden würden.

Für die Chemikerin Dr. Miriam Unterlass vom Institut für Materialchemie gab dies den Anstoß für die Verfahrensentwicklung. Tatsächlich gelang es ihr nach dem Vorbild geologischer Prozesse, Polyimid-Kristalle bei Hitze und Druck herzustellen. In den letzten Jahren arbeitete sie mit ihrem Team daran, diese Technik zu perfektionieren. HTP ist nun marktreif und Unterlass gründete UGP Materials als Spin-off der TU Wien. „Die Hochleistungs-Kristalle, die wir liefern, lassen sich gezielt in eine Kunststoff-Matrix integrieren, um die genau passenden Materialeigenschaften für unterschiedliche Einsatzzwecke einzustellen“, erklärt sie.

Das hängt stark damit zusammen, dass Kunststoffeigenschaften nicht nur vom verwendeten Polymer abhängen, sondern auch davon, wie die Ketten vorliegen. Bei der üblichen Herstellung entsteht ein zufälliges Gewirr. „Man kann sich das vorstellen wie einen Teller gekochter Spaghetti, die ganz unregelmäßig angeordnet sind“, erklärt Miriam Unterlass. „Bei unserer hydrothermalen Polymerisation hingegen bilden sich geordnete Polymer-Bündel, ähnlich wie die ungekochten Spaghetti, die man frisch aus der Packung nimmt.“

Es entstehen höchst widerstandsfähige Kristalle. Mit ihnen lassen sich Eigenschaften wie Form, Festigkeit, Steifigkeit, Gleitfähigkeit und auch chemische oder thermische Beständigkeit bei Temperaturen über 500 °C kreieren.

3D-Druck-Teile mit Hochglanz und Spritzguss-Eigenschaften

Noch ein „hidden Highlight“ ist das Produkt von Cubicure, ebenfalls ein Spin-off der TU Wien, könnte aber bald bekannter werden: ein 3D-Drucker, der Teile mit der Oberflächenqualität und mit mechanischen Eigenschaften produziert, wie man sie aus dem Spritzguss gewöhnt ist. Cubicure nutzt zähe Photopolymere, die sich wegen ihrer hohen Viskosität mit Stereolithographie bisher nicht verarbeiten lassen. Im patentierten Prozess „Hot Lithography“ geht es aber doch: Die Harze werden beheizt und in dünnen Schichten aufgetragen. Die Prozesstemperaturen reichen bis zu 120 °C. Den dafür entwickelten 3D-Drucker hat Cubicure letztes Jahr auf den Markt gebracht.

Direkt von der TU Wien stammt eine weitere Innovation, genauer aus dem Institut für Energiesysteme und Elektrische Antriebe. Die Maschine ist Generator, Motor und Getriebe zugleich – extrem kompakt, mit verbesserter Effizienz und günstig herzustellen. Ihre Leistungsdichte ist um bis zu 50 % erhöht, sagen die Wiener Wissenschaftler. In Hannover stellen sie erstmals einen industriellen Prototypen vor.

Planetengenerator mit bis zu acht Rotoren

Ein „hidden“ Highlight ist die Erfindung auch deswegen, weil sie erklärungsbedürftig ist. Es begann mit einer recht simplen Idee: Kann man elektrische Maschinen verbessern, indem man mehrere Rotoren zu einem Gesamtsystem vereint? Institutsvorstand Prof. Manfred Schrödl zeigte, dass das tatsächlich möglich ist. Er vereinte vier Generatoren mit einem speziellen Getriebe. „Wir positionieren die elektromagnetischen Spulen so, dass eine Spule gleichzeitig mit zwei Rotoren wechselwirkt. So kann die Hälfte der Spulen eingespart werden, die Maschine wird viel leichter.“ Weil rund um die Rotoren ein großer Zahnkranz verläuft, ähnlich wie bei einem Planetengetriebe, wird die neuartige Maschine auch als „Planetengenerator“ bezeichnet – mit wahlweise vier, sechs oder acht Rotoren.

Die Vorteile klingen bestechend: Die Maschine braucht weniger Platz. Das Getriebe ist ein integraler Bestandteil, seine Zähne werden weniger belastet als in anderen Getrieben. Die Konstruktion kommt mit einer kostengünstigeren Stahlqualität aus. Und die elektronische Regelung kann ohne Sensoren erfolgen und ist daher ausfallsicher – im Gegensatz zu so manch herkömmlicher Maschine. (os)

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