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Ist der Ball wirklich rund?

WM-Spielgerät hat härteste Tests bei der Schweizer Empa überstanden
Ist der Ball wirklich rund?

Ist der Ball wirklich rund?
Videos zeigen die „Folterkammer“ der Schweizer Empa für offizielle Turnierbälle. Den WM-Ball 2018 bei Tests zu sehen gibt es in englischer Filmsprache, den Euro-Ball 2008 in erfrischendem Schwiizerdütsch (beides weiter unten im Beitrag). Bild: Empa
Behauptet wird es seit den 50ern, als Sepp Herberger seinen Spruch wagte. Aber stimmt es überhaupt? Der Spielball der WM 2018 jedenfalls hat das „OK“ der Empa erhalten. Dass manche Keeper das Flugverhalten bemängeln, sehen die Schweizer eher im neuen Outfit der Kugel begründet.

Fußball ist Emotion. Befragt nach dem WM-Ball 2018 und seinen Flugeigenschaften, reagieren die Forscher der Empa jedoch emotionslos. „Wir verlassen uns auf objektive Parameter“, sagt Martin Camenzind vom „Laboratory for Biomimetic Membranes and Textiles“. Dass Kritiker wie der Torhüter Marc-André ter Stegen dem WM-Spielball „Flatterhaftigkeit“ unterstellen, beeindruckt Camenzind kaum. Der von Adidas gelieferte Telstar 18 hat die Testreihen jedenfalls bestanden, die an der Empa in St. Gallen eigens für offizielle Turnierfußbälle entwickelt wurden.

Die Empa führt die Versuchsreihen im Auftrag der Fifa seit 22 Jahren durch. Was ein Fifa-Fußball aushalten muss, beschreiben die Schweizer so: Der Ball darf trotz 250-maligem Hineinquetschen in einen Wasserbehälter nur minimal Flüssigkeit aufnehmen, muss seine Luft halten und immer wieder gleich hoch abspringen, wenn er aus 2 m Höhe aufprallt. Um zu testen, dass es sich um eine perfekte Kugel handelt, wird der Ball an 4000 Punkten vermessen. Und schließlich muss diese Kugel ihre Form auch behalten, wenn sie 2000 Mal mit 50 km/h gegen eine Stahlwand geschossen wird.

Als die Tests eingeführt wurden, „fielen immer wieder Exemplare durch“, erinnert sich Camenzind. Mancher Lederball sei größer geworden oder hätte zu viel Wasser aufgesogen. Das Leder ist deswegen mehrheitlich Kunststoffen gewichen. Weil Nähte mit der Zeit nachgeben können, werden heutige Bälle geklebt oder geschweißt. Die Oberfläche wird strukturiert, damit sich das WM-Spielgerät bei Nässe besser führen lässt.

Und eben diese Oberfläche sei für den unberechenbaren Flug verantwortlich, mutmaßen Kritiker. Der Telstar 18 sei ein flatterndes Exemplar, behaupten Torhüter diverser WM-Teams, die ihn testeten. Doch Empa-Ingenieur Camenzind kontert: „Hier kommt die Optik mit ins Spiel.“ Der Telstar 18 ist nicht aus den vertrauten Sechs- und Fünfecken aufgebaut, sondern aus unregelmäßigen Elementen. So könne er durchaus ein ungewohnter Anblick sein und ein flatterndes Flugverhalten suggerieren. „Mit einem computergesteuerten Fuß konnten wir zeigen, dass sich die Bälle im Experiment keineswegs so verhielten.“

Dass die Flugbahn gemäß der Theorie der Aerodynamik ohnehin eine mitunter chaotische Angelegenheit ist, machen sich die Könner zunutze. Denn der Ball verformt sich, wenn ihn der Spieler tritt. „Die Deformation durch den Fuß gibt dem Ball zunächst eine etwas wabbelige Bewegung“, erklärt Martin Camenzind. Dahinter steckt angewandte Physik. Und die will gut einstudiert sein, denn der Fuß hat nur Millisekunden, um dem Ball seinen Willen aufzudrücken. Die Physik von Fuß und Ball muss perfekt sitzen. Gleichbleibende Ballqualität trägt dazu bei, dass es gelingt. (os)



WM-Fußball Telstar 18

Adidas liefert seit 1970 die WM-Spielbälle. Der Telstar 18 knüpft an den ledernen Telstar von 1970 mit seinem damals innovativen Fünf- und Sechseckmuster an, besteht heute aber zu 83 % aus TPU und zu 17 % aus Polyester (nahtlose Oberfläche). Er kostet knapp 150 Euro. Neuester Gag ist ein integrierter, sendefähiger NFC-Chip. Dieser ist aber nicht spielentscheidend. Wer als Fan sein Smartphone ranhält, dem schickt der Chip ausgewählte Produkt- und Werbeinfos von Adidas.

Bild: Adidas
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