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3D-Druck verwandelt die Logistik

Digitalisierung: Agiplan präsentiert ein visionäres Konzept
3D-Druck krempelt die Logistik um

Waren im Wert von insgesamt 1,8 Billionen US-Dollar werden jährlich auf Lager gehalten – und binden weltweit erhebliche Mittel und Ressourcen. Der 3D-Druck hat das Potenzial, dieses Dilemma zu entschärfen. Fabrikplaner Agiplan bietet Konzepte und Umsetzungsstrategien dafür an.

Friedrich Bähr
Agiplan Stuttgart, fbaehr@agiplan.de 

1,8 Billionen US-Dollar allein für Lagerhaltung – diese Zahl der Weltbank ist unvorstellbar hoch. Sie entspricht der Hälfte des deutschen Bruttoinlandproduktes. Und sie steigt. Gründe für global steigende Warenströme liegen nicht zuletzt im anhaltenden Trend der Globalisierung mit weltweit wachsendem Konsumverhalten. Darüber hinaus sehen sich Hersteller und Logistiker vor der Herausforderung, die explodierende Produkt- und Variantenvielfalt in Griff zu behalten. Der Trend zu individualisierten Produkten hebt diese Aufgabe auf eine neue Flughöhe.

Die Suche nach neuen, innovativen Geschäftsmodellen wird wichtiger denn je. Die additive Fertigung (Additive Manufacturing AM), auch 3D-Druck genannt, hat das Potenzial einer realen On-Demand- als auch On-Location-Fertigung. Auf diese Art kann das Problem steigender Warenströme und Lagerhaltung angegangen werden. Fertigungsstätten für kleine und mittlere Losgrößen werden durch den 3D-Druck große Veränderungen erfahren.

Bei diesem Konzept werden Produkte genau dort hergestellt, wo sie gebraucht werden. Internationale Warenströme werden reduziert, Transportzeit und -wege verkürzt, Kosten gespart und Emissionen verringert. Darüber hinaus lassen sich Lagerbestände erheblich reduzieren. Das spart zum einen Lagerhaltungskosten, insbesondere für „Low Runner“ – Produkte, die wenig im Umlauf und lange auf Lager sind. Zum anderen wird die Kapitalbindung durch Inventar verringert.

Bisher werden Produkte entwickelt, „auf Halde“ produziert und eingelagert. Die Bestellung eines Kunden löst eine Abfolge logistischer Operationen aus. Das Produkt findet auf internationalen Routen seinen Weg in die Region des Bestellers. Nach Einlagern und möglicherweise Umpacken geht die Ware vom Distributionszentrum auf ihre Reise zum Abnehmer. Allein vom Bestellvorgang bis zum Eintreffen der Ware können Wochen verstreichen.

„Aus Warenströmen werden Datenströme“

Anders läuft es in der digitalisierten Prozesskette: Es werden vorrangig Informationen transportiert – anstelle physischer Güter. „Aus Warenströmen werden Datenströme“, heißt es in mittelstandswiki.de. Dies funktioniert so: Ein Produkt wird nach kundenindividuellen Wünschen entwickelt. Anschließend wird es im Digital Warehouse abgelegt und gleichzeitig anderen Kunden zugänglich gemacht. Den Kunden erreicht das Produkt, indem es abhängig vom Zielort an einen der weltweit verteilten Produktionshubs digital gesendet, dort gefertigt und innerhalb kürzester Zeit ausgeliefert wird. Durch Reorganisation der Wertschöpfungskette gelangt das Produkt bereits nach wenigen Stunden zum Endverbraucher.

Die digitale Transformation erfasst die Logistikbranche. An die Stelle von Warenlagern treten Digital Warehouses. Fertigungsdaten sind jederzeit an jedem Ort abrufbar. Der Logistiker entwickelt sich vom Transportunternehmen zum Full-Service-Anbieter. Transport und Fertigung verschmelzen mehr und mehr.

Der Logistiker benötigt dazu Produktions-Know-how. Die neuen Aufgaben müssen detailliert vorgedacht sein, damit zukünftige Herausforderungen effizient umgesetzt werden können. Agiplan hat sich als Spezialist mit jahrzehntelanger Erfahrung für die Planung von Logistik- und Produktionsabläufen der Thematik angenommen: Die AM-Experten unterstützen Unternehmen von der ersten Idee bis zum Produktionsanlauf beim Einstieg und beim Skalieren additiver Fertigungsaufgaben.

Der Ersatzteilmarkt im Umbruch

Besonderes Potenzial durch additive Fertigung sehen Experten für den Ersatzteilmarkt. Die Branche umfasst 2 bis 4 % der gesamten Investitionen in Industrieanlagen. Im klassischen Geschäft mit Ersatzteilen stellen Transport und Lagerung den Großteil der Produktkosten dar. Um diese zu reduzieren, geht Siemens mit der Plattform Easy Spares den Weg zur On-Demand-Fertigung im 3D-Drucker. Aktuell liegen bereits mehr als 800 Ersatzteile im Digital Warehouse bereit, die auf Knopfdruck ausgedruckt werden können.

Ein zukünftiges Modell zur Ersatzteilversorgung kann so aussehen: Eingehende Kundenreklamationen und -bestellungen reicht das Produktionsunternehmen an den Ersatzteildienstleister weiter. Dieser bedient sich des gemeinsam betriebenen digitalen Ersatzteillagers, fertigt das gewünschte Bauteil und liefert es dem Kunden direkt aus.

Gewonnene Erkenntnisse lässt der Service-Anbieter auf direktem Wege in das digitale Lager einfließen, sodass die nächste Bestellung effizienter bedient werden kann. Die neue Aufstellung der Protagonisten führt zu einer Win-Win-Win Situation: Das Produktionsunternehmen konzentriert sich auf sein Kerngeschäft, der Dienstleister erschließt ein neues, lukratives Geschäftsfeld und der Kunde bekommt seine Ersatzteile schneller als zuvor.

Fazit: Die additive Fertigung kann Wertschöpfungsketten verändern und spannt Räume für neue, digitale Geschäftsmodelle auf. Mit Additive Manufacturing ändern sich Geschäftsfeld und strategische Ausrichtung des Logistikers. Warenflüsse physischer Produkte weichen Datenströmen. Stellt sich der Logistiker neu auf und wird zum Digitalpionier, ergeben sich umfangreiche, nachhaltige Potenziale:

  • Zeiteffizienz durch verkürzte Lieferwege und zusätzliche Einsparungen wie Zollabfertigung etc.
  • Reduzierte Lagerkosten, die auch für den Kunden in gesteigerte Effizienz und reduzierte Kosten münden können.
  • Digitale Geschäftsmodelle, die für eine nachhaltige Entwicklung des Logistikers sorgen.
  • Kundenindividuelle Produkte in Losgröße eins, die schnell geliefert werden können.
  • Ersatzteile lassen sich an Anforderungen anpassen, beispielsweise verminderter Verschleiß.

Die additive Fertigung zeigt sich als Enabler für den Aufbruch in die Logistik des 21. Jahrhunderts. Die Agiplan GmbH hat die Entwicklung zeitig erkannt und bietet neben Lösungen rund um die Fabrikplanung entsprechende Konzepte, Methoden und Umsetzungsstrategien für additive Fabriken an.

Zur Datensicherheit lesen Sie hier weiter: https://bit.ly/2VQpG2R


André Bialoscek (Bombardier, links) und Dominik Müller (Stratasys) präsentieren einen 3D-gedruckten Luftkanal, ein Zugbauteil. Bild: Stratasys

Digitale Ersatzteile

Die digitale Transformation der Logistik hat bereits begonnen. Bombardier beispielsweise nahm im Mai 2019 einen großformatigen 3D-Drucker Stratasys F900 an seinem Standort Hennigsdorf in Betrieb. Der Bahnhersteller will damit die kostspieligen Lagerbestände für Ersatzteile reduzieren und die Versorgung flexibler gestalten neben noch weiteren Zielen – so teilt Stratasys mit. Im Visier sind Zugbauteile für Innenausstattung und Karosserie.


Nachgefragt beim Autor Friedrich Bähr, Experte für additive Fertigung bei Agiplan. Bild: Agiplan

„3D-Druck kann die Branche revolutionieren“

Massenartikel wie Spritzgussteile sind sehr günstig. Muss der 3D-Druck hier nicht passen?

Die additiven Verfahren können bisher nicht mit der Massenfertigung konkurrieren, vielmehr sehe ich sie als Ergänzung. Jedoch kann sich das in Zukunft ändern. Derzeit wird mit Hochdruck an der Weiterentwicklung von Verfahren, Anlagen und Materialien gearbeitet.

Bei den Teileeigenschaften stößt der 3D-Druck ebenfalls auf Grenzen. Sieht Ihr digitales Ersatzteilkonzept auch andere Herstellverfahren vor?

Übersteigen die Anforderungen an ein Produkt die technischen Möglichkeiten des 3D-Drucks, so ist die Kombination mit anderen Verfahren eine Alternative. So etwa können Geometrien, die mit geringen Toleranzen behaftet sind, im Anschluss an den additiven Bauprozess spanend nachbearbeitet oder raue Oberflächen geglättet werden.

Wenn der Logistiker selbständig konstruktive Verbesserungen einplant, wer steht dann für die veränderten Produkte gerade?

Rechtliche Fragen werden bereits diskutiert. Wenn der Logistiker künftig Fertigungsumfänge übernimmt, kann er die Produkthaftung nicht per se von sich weisen. OEM und Fertigungsdienstleister müssen einen Konsens finden.

Könnte ein solches System klein anfangen und im Laufe der Jahre mächtiger werden?

Jede Neuentwicklung hat einmal klein begonnen. 1888 gab es weltweit ein einziges Automobil. Das Benzin musste Bertha Benz bei ihrer Jungfernfahrt in der Apotheke besorgen. Vor allem für den Ersatzteilmarkt besteht das Potenzial, sukzessive zu wachsen und die Branche zu revolutionieren. Jedes einzelne Ersatzteil für die additive Fertigung zu qualifizieren, erfordert dabei Aufwand und Zeit. (os)

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