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3D-Druck von Ersatzteilen: Renditekiller oder Vorteil?

Additive Fertigung könnte das Ersatzteilwesen von Firmen massiv vereinfachen
3D-Druck von Ersatzteilen: Renditekiller oder Vorteil?

Noch klingt es futuristisch: Anstatt Ersatzteile auf Vorrat zu produzieren und zu lagern, werden sie bei Bedarf beim Kunden „ausgedruckt“. Doch diese Vision ist schon Wirklichkeit. Hersteller sollten daher eine Strategie für den Umgang mit dem 3D-Druck entwickeln, sonst wird er zum Risiko für das renditestarke Servicegeschäft.

Ein Frachtschiff befindet sich meilenweit vom Festland entfernt. Plötzlich streikt der Schiffsmotor. Im Maschinenraum findet der Mechaniker die Ursache des Defekts: ein Metallteil ist korrodiert. Statt beim Hersteller des Schiffsmotors um Hilfe zu bitten, wirft der Mechaniker den 3D-Drucker an, den ihm der Motorenhersteller gemeinsam mit den Druckdateien zur Verfügung gestellt hat. Innerhalb weniger Stunden ist der Defekt behoben und das Containerschiff erreicht pünktlich den Hafen. Ein Szenario, das bestechend klingt: Aber ist es technologisch überhaupt möglich? Kann heute schon eine breite Palette an Ersatzteilen „gedruckt“ werden?

Längst passé sind die Zeiten, als sich höchstens einfache Kunststoffteile mit 3D-Druckern herstellen ließen. Mittlerweile können 3D-Drucker auch Metallteile produzieren – mit Hilfe von Lasern, die ein in Pulverform vorliegendes Grundmaterial schichtweise härten, dem so genannten Laser-Sinter-Verfahren.
Damit lassen sich etwa Metallteile mit komplexem Aufbau realisieren, zum Beispiel mit verschachtelten Hohlräumen, die man im klassischen Spritzgussverfahren gar nicht herstellen könnte. Das Ausdrucken von Metallteilen dauert heute allerdings noch Stunden und ist deutlich teurer als die Herstellung per Gussform. Aber die Kosten des 3D-Drucks sinken. Damit steigen die Einsatzmöglichkeiten.
Wie sollten Hersteller auf diesen Trend reagieren? Einfach ignorieren ist die schlechteste Strategie. Der 3D-Druck wird als „disruptive Technologie“ ganze Märkte und Wertschöpfungsketten auf den Kopf stellen. Die Musik- und Filmindustrie etwa hatte jahrzehntelang die Risiken massiv unterschätzt, die durch die Digitalisierung entstehen. Jetzt muss sie große Beträge in den Kampf gegen illegale Download-Plattformen stecken.
Diese Entwicklung sollten Hersteller berücksichtigen, egal ob es sich um Maschinenbauer, Automobilzulieferer, metall- oder kunststoffverarbeitende Unternehmen handelt. Ausgerechnet das renditestarke Service- und Ersatzteilgeschäft, das viele Unternehmen in den vergangenen Jahren deutlich ausgebaut haben, wird durch das Aufkommen des 3D-Drucks bedroht. Die zentrale Frage lautet: Wie werden Modelle für das Geschäft mit Ersatzteilen künftig aussehen – und was wird bei den Herstellern hängen bleiben?
Ähnlich wie in der Musikbranche gewinnt das Urheberrecht an Brisanz. Kunden, die ein Ersatzteil benötigen, könnten es einfach illegal selbst ausdrucken – oder sie gehen damit zu einem lokalen 3D-Druck-Dienstleister. Grundlage dafür kann eine Raubkopie-Datei sein, die mit Hilfe eines 3D-Scan des Originalteils erstellt wurde. Besonders bei einfach aufgebauten Ersatzteilen ist solch ein Scan bereits heute leicht möglich. Auf diese Weise würden die Einnahmen der Hersteller aus dem Ersatzteilgeschäft immer weiter schrumpfen und sich zu spezialisierten 3D-Druck-Dienstleistern verlagern. Sogenannte „Copy Parts“ machen bereits heute, auch ohne 3D-Druck, den Herstellern das Leben schwer.
Hersteller müssen dem nicht tatenlos zusehen. So lassen sich die Aspekte Herstellungsqualität, Garantie und Sicherheit gegenüber dem Kunden ausspielen: Denn wer kann die Qualität eines Fahrzeugs, einer Maschine oder einer Anlage garantieren, wenn Ersatzteile nach fremden Bauplänen und mit unpassenden Materialien hergestellt und verbaut werden? Garantieansprüche und Servicevereinbarungen könnten daran gekoppelt werden, dass die Ersatzteile ausschließlich nach den Richtlinien des Herstellers erzeugt werden, von lizensierten Dienstleistern, mit den kostenpflichtigen Originaldateien des Herstellers. Geld wird dann nicht mehr mit dem Verkauf eines realen Produkts verdient, sondern mit dem Verkauf einer 3D-Druck-Datei.
Chancen sichern: Einstiegsstrategie in den 3D-Druck
Lohnt es sich für Hersteller jetzt schon, in den 3D-Druck einzusteigen? Und wie sollten Unternehmen das neue Thema generell angehen, um Risiken für das Ersatzteilgeschäft abzuwenden und stattdessen Wettbewerbschancen zu sichern?
  • 1.
  • 2. 3D-Druck-Datenbank schaffen:
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Die Digitalisierung hat schon viele Branchen durcheinander gewirbelt und komplette Geschäftsmodelle zerstört, siehe jüngst die Insolvenz des Unternehmens Brockhaus, das den Siegeszug von Wikipedia nicht überlebte. Produzierende Unternehmen sollten ihre Lehren daraus ziehen. Noch können Hersteller ihre Kunden mit der neuen Technologie begeistern und sich als Technologieführer präsentieren, der kritische Ersatzteile weltweit in kürzester Zeit zur Verfügung stellt.
Dr. Andreas Baader, Geschäftsführer Barkawi Management Consultants, München
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