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Bestandserfassung: Drohnen unterstützen Lagerverwaltungssystem

Bestandserfassung
Drohnen unterstützen Lagerverwaltungssystem

Drohnen liefern dem Lagerverwaltungssystem eine neuartige Datenbasis und erhöhen die Qualität in der Bestandsführung. Außerdem lassen sich inventurgebundene Personalkapazitäten entzerren. ❧ Nico Schröder

Nico Schröder

Die Lagerinventur ist ein obligatorischer und unverzichtbarer Geschäftsprozess. Allerdings ist er aufwendig, teuer und fehlerträchtig. Die Lager- und Bestandsführung möglichst zu automatisieren, ist für Logistiker ein wichtiger Wettbewerbsvorteil. Zudem bietet sich für Logistiker die Chance, Digitalisierung innerhalb des Unternehmens und entlang der Lieferkette zu beschleunigen sowie Informationen transparent zu gestalten. Um Paletten-Label automatisiert zu erfassen, können beispielsweise Drohnen eingesetzt werden. Der autonome Flug einer Drohne gepaart mit der Fähigkeit, Daten in wichtigen Bereichen manueller Speicherstrukturen mit einer Vielzahl von Flugsensoren zu erfassen, ist ein Novum in der Logistik.

In acht Pilotprojekten mit insgesamt
25 Drohnen bereits realisiert, sollen ab Anfang kommenden Jahres spezielle Inventur-Drohnen – über die Nullserie hinaus – verkauft werden. Das vor etwa eineinhalb Jahren als Spin-Off des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik IML in Dortmund gegründete Startup Doks Innovation verspricht Anwendern, mit seiner eigens für die Logistik entwickelten Drohne, Zeit und Geld zu sparen und darüber hinaus Daten in zuverlässiger Qualität und von neuem Umfang erfassen zu können.

Unternehmen, die das System einsetzen, könnten zudem eine tiefergehende und eigenständige Vernetzung von Maschinen vorantreiben und zusätzliche Dienstleistungen anbieten, die sich aus den neuen Möglichkeiten für das Lagerverwaltungssystem ergeben. Anstatt mit zwei Mitarbeitern und einem Gabelstapler zu arbeiten, soll das Inventairy-System automatisiert im Lager fliegen, um Daten für die Bestandsführung und Inventur zu sammeln. Die Inventur einer Regalzeile mit drei Ebenen hat beispielsweise bei einem Pilotkunden in Flörsheim am Main bisher etwa 45 Minuten gedauert – das Ganze mit insgesamt zwei Personen im Stapler und Fahrkorb. Die Drohne schafft den Gang auf beiden Regalseiten und auf allen Ebenen in einer halben Stunde, ohne dass nachgearbeitet werden muss. Mit einer Akkuladung kann im konkreten Fall ein Gang in unter 30 Minuten abgeflogen werden. Die maximal mögliche Flugzeit der Drohnen liegt derzeit bei 35 Minuten.

Bis zu 80 Prozent Prozesszeitersparnis für die Inventur sollen insgesamt drin sein, und bis zu 90 Prozent Kostenersparnis im Vergleich zu manuellen Prozessen. Vor allem aber sollen die zahlreich erfassten Daten die Planungsprozesse verbessern und weiterreichende Informationen zu Temperatur, Verpackungsqualität, Palettenqualität oder generell Schäden an der Ware liefern. Visuelle Eindrücke in Form von Bildern sollen sowohl für die Mustererkennung als auch für Inspektionsaufgaben nutzbar sein. In Echtzeit sollen sich Waren lokalisieren und Lagerprozesse überwachen lassen.

Lagerverwaltungssystem nutzt neue Daten

Momentan erkennen Logistiker mithilfe der Drohnen-Daten leere und volle Stellplätze. Gleichzeitig wird die Technologie dahingehend weiterentwickelt, dass die Temperatur der zu erfassenden Objekte gemessen werden kann und produktspezifische Defekte erkannt werden können. Darüber hinaus sollen die Drohnen künftig Objekte auf einer Palette zählen. Des Weiteren werden die gesammelten Informationen über geeignete Schnittstellen und Dienste an Drittsysteme wie Lagerverwaltungssysteme übertragen. Dies ermöglicht die unmittelbare Weitergabe ausgewählter kontextbezogener Informationen.

Die Inventur-Drohne ist als ein cyber-physisches System einzustufen, das sowohl die physische Bestandserfassung vor Ort durchführt als auch im digitalen Sinne ein Abbild der realen Welt als Dienstleistung anbietet. Als Basis dienen Methoden der Software-Architekturentwicklung sowie diverse Vernetzungstechnologien aus dem Industrie-4.0-Umfeld. Mithilfe von Bildverarbeitung und Machine Learning wird dem Flugroboter beigebracht, in Bilddaten gewünschte Informationen zu finden. Welche Informationen das genau sind, wird per initialem und konstant folgendem Training im Betrieb beschrieben.

Das System wird durch die verwendete Sensorik in die Lage versetzt, die Umgebung selbstständig wahrzunehmen und zu analysieren, um darauf basierend durch ein Lager zu navigieren, logistische Objekte zu erfassen und eine Inventur durchzuführen. Sind Labels einmal nicht lesbar, weil sie beispielsweise beschädigt sind, wird auf jeden Fall ein Bild von der Palette gemacht. Das heißt, der Logistiker kann sich für den Stellplatz ergänzend ein hochauflösendes Bild ansehen. Außerdem wird ein Soll-Ist-Abgleich gefahren. Aus dem System des Logistikers stehen Daten bereit, die mit den Ist-Daten abgeglichen werden. Befindet sich also an einem Stellplatz keine Palette, fliegt die Drohne nach kurzer Zeit weiter und macht ein Bild vom leeren Stellplatz. In der Software ist ein Ampelsystem sichtbar, das sagt, inwiefern die Labels stimmen.

Vorerst getrennt: Mensch und Maschine

Die Drohnen sind speziell für den Innenbereich ausgelegt. Gesteuert wird das System durch einen sogenannten Operator, der beim Anwender befähigt wird, das System einzusetzen. Eine ständige manuelle Steuerung des Fluges über die Fernbedienung, ist aber nicht vorgesehen, da es ineffizient wäre. Der Operator kann für mehrere Drohnen verantwortlich sein, indem er die Flüge der Systeme über ein Display verfolgt. Über ein Dashboard erhalten Lagerleiter die Inventurergebnisse auf einem Bildschirm. Ein- und ausgehende Informationen sind überwachbar und Kapazitäten werden als transparente Information aufbereitet. Das dient sowohl der Beweissicherung als auch als prospektives Planungstool.

Während die Drohne im Gang arbeitet werden Mensch und Maschine im Moment noch getrennt. Das Szenario ist zu neu. Zukünftig sollen Mensch und Maschine zusammen arbeiten können. Im Moment wird die Sicherheit voran gestellt. Und es hat auch mit Abstimmungen mit den Berufsgenossenschaften zu tun, dass die Drohnen im Moment noch getrennt von den Mitarbeitern agieren. Es existiert derzeit keine Norm für den Einsatz von Flugrobotern in Innenräumen. So finden aktuell Gespräche mit Berufsgenossenschaften, Arbeitssicherheitsexperten und Arbeitnehmervertretern statt. Außerdem laufen Gespräche mit DIN, Dekra und TÜV, um die Normierung voranzutreiben. Anlehnungen könnten aus dem Bereich fahrerloser Transportsysteme kommen.

Mit Logistikern beispielsweise sollen nach und nach Szenarien abgestimmt und Erfahrungen gesammelt werden, um die Trennung aufzulösen. Dahinter stecken vor allem Fragen der Dynamik. Also wer hat beispielsweise Vorrang – Stapler oder Drohne? Und was macht die Drohne, wenn plötzlich ein Stapler auftaucht? Zum anderen sind Drohnen noch recht aufsehenerregend, sodass Prozesse gestört werden könnten. Teils stünden Kunden dem Einsatz von Drohnen noch skeptisch gegenüber, räumt Martin Fiedler, CFO bei Doks Innovation, ein: „Derzeit stehen wir ohnehin einer zögerlichen Nutzerakzeptanz von autonomen Systemen gegenüber. Eine Drohne kennen die meisten Nutzer bereits aus dem privaten Umfeld. Der Einsatz im Lager ist für den Nutzer etwas Neues, vor allem wenn die direkte Kontrolle abgegeben wird. Hier muss eine gewisse Umgewöhnung stattfinden.“

Die Genauigkeit der Drohnen kann jedenfalls zum Marktvorteil werden, wenn Logistiker eben dauerhaft ihren Bestand überprüfen können. Nur noch einlagern und dann via Drohne verorten lassen, könnte die Zukunft sein.

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