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Keine Lösung von der Stange

Verpackungshersteller Heuchemer setzt auf Shuttle-Kanallager
Keine Lösung von der Stange

Automatisierung | Am Standort Miehlen platzte das Logistikzentrum von Heuchemer aus den Nähten. Mit teuren Außenlagern konnte sich das Unternehmen noch eine Weile über Wasser halten. Dann war die Zeit reif für ein neues Hochregallager, das der Logistik- Experte Still plante und installierte.

Heuchemer weiß, wie Verpackung funktioniert. Die Produktpalette des rheinland-pfälzischen Unternehmens reicht von so genannten Sortiereinlagen für Süßwaren bis hin zu komplexen Verpackungen für die Automobil- und Elektronikindustrie. In Bad Ems, wo das Unternehmen vor knapp hundert Jahren als Säge- und Hobelwerk gegründet wurde, werden heute noch die Verpackungen aus Holz hergestellt.

Am Standort Miehlen befindet sich die Produktion für Verpackungen aus Kunststoff und Wellpappe. Hier werden im Jahr rund 270 Mio. Verpackungen aus Wellpappe und 160 Mio. aus Kunststoff entwickelt, gestanzt und geklebt. Allerdings war mit 430 Mio. eingelagerten und ausgelieferten Verpackungen im Jahr die Lagerkapazität im Logistikzentrum Miehlen erschöpft. Um für die Zukunft gerüstet zu sein, mussten die intralogistischen Gegebenheiten den neuen Anforderungen angepasst werden. So wurde zusammen mit dem Logistik-Experten Still in einem Erweiterungsbau ein 18 m hohes Kanallager mit vier Pallet-Shuttles und zwei Kommissionierstaplern installiert. Außerdem wurden die teuren Außenlager aufgelöst und die gesamte Logistik in Miehlen zentralisiert.
Ein Shuttle-Kanallager hat den Vorteil, dass der Raum optimal genutzt wird. So bietet das neue Logistikzentrum für Roh- und Fertigverpackungen Platz für 10 650 Paletten-Stellplätze auf einer Fläche von knapp 2000 m². Etwa 7 Prozent der Fläche werden für Fahrspuren, Pufferregale und Kommissionierplätze gebraucht. Somit ergibt sich ein Flächennutzungsgrad von beachtlichen 93 Prozent. „Alle Abläufe und Prozesse im neuen Hochregallager wurden analysiert und optimiert“, berichtet Thomas Schmidt, Leiter des Kunststoffwerks. „Alle Außenlager, die wir in der Wachstumsphase brauchten, konnten wir dank der neuen Technik endlich auflösen.“
Als Systemintegrator plante und installierte Still nicht nur die gesamte Anlage, sondern kümmerte sich auch um die Feinabstimmung zwischen Shuttle, Regalen und Staplern. Alle Regale wurden an die Paletten mit der überstehenden und empfindlichen Fertigware aus Karton und Kunststoff angepasst und die Shuttles zusätzlich mit Sensoren zur dynamischen Überhangerkennung ausgerüstet. Die Lagerdichte für die Paletten mit den Überständen lässt sich auf diese Weise um maximal die Hälfte erhöhen. Aktuelle Sicherheitsvorschriften werden dabei eingehalten.
Ständig wiederkehrende Transporte wie zum Beispiel die Produktionsentsorgung oder die Pufferbereitstellung hat Still mit seinem so genannten iGoEasy-System automatisiert. Dabei handelt es sich um automatisierte Hochhubwagen, die über ein iPad konfiguriert und gesteuert werden. „Mit dieser Technik haben wir einen ersten, wichtigen Schritt getan, um unsere Prozesse zu automatisieren“, freut sich Schmidt. „Und wir sind gut gerüstet, in Zukunft weitere Bereiche unserer Intralogistik zu automatisieren.“ Im Gegenzug können sich die Mitarbeiter auf komplexere Tätigkeiten konzentrieren.
Das System von Still lässt sich einfach in den bestehenden Prozessablauf integrieren und an neue Rahmenbedingungen anpassen. Infrastrukturelle Maßnahmen sind nach eigenen Angaben minimal. Investitionen in die unternehmenseigene IT oder die Anbindung an das überlagerte Warenwirtschaftssystem sind nicht notwendig. So entstehen auch keine hohen Folgekosten bei der Umstellung der Produktion.
Im praktischen Ablauf verlassen die Produkte die Fertigungshalle über eine Rollenbahn. Am Ende der Bahn ist der Entnahmeplatz für den automatisierten Hochhubwagen, der die Ware sortenrein an die passende Förderstrecke transportiert und diese mit den Paletten bestückt. Die Paletten werden anschließend mit dem Stapler entnommen und in das Shuttlelager verbracht. „Das Shuttlelager ist für die Einlagerung von größeren Chargen ausgelegt“, sagt Christian Brassat, Projektleiter für die Neustrukturierung der Intralogistik bei Heuchemer. „Eine sortenreine Pufferung der Fertigwaren ist deshalb zuvor zwingend notwendig.“ Deswegen sei das automatisierte Fahrzeug von Still eines der wichtigsten Glieder in der gesamten Logistikkette. Außerdem biete es einen kostengünstigen Einstieg in die Automatisierung, die schrittweise fortgesetzt werden kann.
Der Hochhubwagen ist mit einem Rechner ausgestattet. Hinzu kommen Sensoren für die Navigation und die Palettenerkennung. Zusätzliche Kameras nehmen die Sicht auf den Fahrweg auf und überspielen die Daten zum iPad. Hier werden sie auf einem virtuellen Cockpit visualisiert. Das System kann nach eigenen Angaben von jedem Mitarbeiter über die speziell entwickelten Apps installiert und an sich ändernde Rahmenbedingungen angepasst werden. Über eine intuitive Oberfläche wird der Nutzer durch alle Schritte der Automatisierung geführt. Von der Einrichtung des Systems über die Abwicklung der Transportaufträge bis hin zur Überwachung des Fahrzeugs.
Über Reflektoren, die entlang des Fahrwegs montiert sind und deren Positionen mit dem iPad eingelesen werden, lässt sich das Fahrzeug navigieren. Die einzelnen Quell- und Zielstationen werden abgefahren und per Fingertip gespeichert. Während dieser Phase werden alle Fahrwege aufgezeichnet, die das Fahrzeug später selbst zurücklegen soll. Schließlich wird über die einzelnen Streckenelemente auf dem Touchscreen der finale Fahrweg festgelegt und die Stationen miteinander verbunden. Individuelle Einstellungen wie Tempolimits oder Einbahnstraßen lassen sich ebenfalls definieren.
Auf dem virtuellen Cockpit zeigt die Live-Kamera, was auf dem Fahrweg passiert. Auch die Position des Fahrzeugs kann der Nutzer auf einem interaktiven Lagerplan ablesen. Wichtige Daten wie Akkuladung, Geschwindigkeit und Transportaufträge werden übersichtlich in Grafiken dargestellt. Im Sendebereich des internen WLAN lassen sich außerdem drahtlos wichtige Funktionen des Fahrzeugs steuern und Transportaufträge im Überblick darstellen und editieren.
Die Verpackungs-Spezialisten sind mit ihrem neuen Hochregallager für ein weiteres Wachstum vorbereitet. Der Warentransport, der früher mit einem manuell geführten Fahrzeug bewältigt wurde, ist heute automatisiert. „In dieser Komplexität gab es keine Logistiklösung von der Stange“, ist sich Thomas Schmidt sicher. „Und trotzdem konnten wir den zuvor definierten Projektplan auf den Tag genau einhalten.“ (ub) •
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