Herr Issing, welche Rolle spielt die Robotik bei SSI Schäfer?
Eine wichtige – und das schon seit geraumer Zeit. Vor mehr als zehn Jahren haben wir mit dem Schäfer Case Picking System, kurz SCP, begonnen. Dabei handelt es sich um eine modular konzipierte und beliebig erweiterbare Systemlösung für die automatisierte Lieferzusammenstellung, sprich die filialgerechte Kommissionierung von Handelseinheiten. Bei dieser Anwendung spielen Depalettier- und Palettierroboter eine zentrale Rolle. Zur Lösung gehören neben der Software für den Packfolge-Algorithmus auch Vision-Systeme. So kann der Roboter die Objekte identifizieren und exakt greifen.
Welche Anforderungen werden dabei an die Roboter gestellt?
Im Wareneingangsprozess muss der Roboter bis zu 200 kg schwere Palettenlagen handhaben können. In Abhängigkeit der physikalischen Produkteigenschaften müssen individuelle Handhabungsmodi angewendet werden. Im Gegensatz zu industriellen Anwendungen, in denen der Roboter meist repetitive Aufgaben erfüllt, müssen wir auf ein diffuses Gutspektrum in beliebiger Sequenzfolge reagieren. Auch bei extremen Umgebungsbedingungen, speziell im Tiefkühlbereich bei bis zu minus 28 Grad, ist eine zuverlässige Hardware unabdingbar.
Spielt bei diesen Anwendungen Big Data eine Rolle?
Generell müssen wir über die allgemeinen Stammdaten hinaus produktspezifische Daten permanent erfassen, auswerten und verifizieren. Für Handelseinheiten ist oft nur eine einzige Produktnummer vorhanden, obwohl es mehrere Varianten und saisonale Sonderaktionen gibt. Im Extremfall führen wir bis zu 20 verschiedene Attribute vom Osterhasen bis zum Weihnachtsmann und dadurch bedingt riesige Datenmengen
An welchen Robotik-Lösungen arbeitet SSI Schäfer im Moment?
Gemeinsam mit dem Roboterspezialisten fpt haben wir aktuell eine standardisierte Piece-Picking-Applikation entwickelt, die branchenübergreifend bei typischen Kommissionieraufgaben eingesetzt werden kann. Die smarte Robotik-Lösung, die eine durchgehende Automatisierung der Supply Chain ermöglicht, bietet eine hohe Dynamik, Flexibilität und Funktionssicherheit. Zudem lassen sich mit dieser Lösung verschiedene Anbindungsmöglichkeiten in unterschiedlichen Auftragsstrukturen realisieren. Das zentrale Element ist auch hier unser Vision-Softwaremodul, das die zu kommissionierenden Einzelstücke sicher identifiziert.
Spielt das Trendthema Mensch-Roboter-Kollaboration auch in der Intralogistik eine dominierende Rolle?
Nicht unbedingt in direkter Kollaboration, denn hierdurch würde aus Sicherheitsgründen der große Vorteil des Roboters, nämlich seine hohe Pickleistung, deutlich herabgesenkt. Eine Koexistenz von Mensch und Roboter hingegen ist generell sinnvoll – etwa dann, wenn die Maschine einen Artikel noch nicht greifen kann, weil dieser noch nicht eingeteacht wurde. Dann kann der Roboter speziell diese Aufgabe an den Menschen weitergeben. Der Mensch macht in diesem Fall das, was der Roboter noch nicht kann. (ub)