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Industrie 4.0: Trends für die interne Logistik

Industrie 4.0
Trends für die interne Logistik

Die Logistik-Branche wächst: 2017 hat jeder der weltweit 20 umsatzstärksten Intralogistik-Generalunternehmer seinen Umsatz gesteigert – das erste Mal seit über 20 Jahren. Wohin geht die Reise und welche Wege sind zielführend?

Michael Grupp
Freier Journalist in Stuttgart

Die wichtigsten Aufgaben der industriellen Intralogistik haben sich in den letzten Jahren nicht grundlegend geändert: Nach wie vor geht es primär um Transport, Umschlag, Lagerung und Dokumentation. Neu sind allerdings die Herausforderungen, diese Prozesse im Rahmen von Industrie-4.0-Konzepten und eines sich zunehmend verschärfenden Wettbewerbes zu digitalisieren und effizienter zu gestalten.

Dafür wird die gesamte Wertschöpfungskette von immer detaillierteren Informationsketten flankiert. Das Ergebnis: Intralogistik und Produktion nähern sich an und werden in naher Zukunft eine digitale Einheit bilden. Ein Prozess, der von Politik und Forschung befeuert wird. So erwarten laut einer aktuellen Fraunhofer-IAO-Umfrage 84 % der Befragten durch die Einführung von Industrie-4.0-Technologien eine Produktivitätssteigerung für die Intralogistik. Fast 90 % der Teilnehmer rechnen darüber hinaus mit Qualitätsverbesserungen, da mithilfe digitaler Unterstützung weniger Fehler gemacht werden beziehungsweise im Fall der Fälle Fehler schneller gemeldet und behoben werden können.

Die Studie untersucht und bewertet aber nicht nur die eingesetzten Technologien, sondern analysiert auch die Rolle der beteiligten Mitarbeiter. Genau die Hälfte der Teilnehmer erwartet, dass sich die Qualifikation ihrer Mitarbeiter erhöhen muss, damit sie in zehn Jahren noch den gleichen Job ausüben können. Rund 36 % glauben dagegen, dass sich die geforderten Fähigkeiten verringern werden. Auch die Akzeptanz der Mitarbeiter spielt laut Fraunhofer IAO eine bedeutende Rolle bei der Einführung von cyberphysischen Systemen. Dabei geht es manchmal um Kleinigkeiten, die über Begeisterung oder Ablehnung entscheiden. Laut einer Untersuchung der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) beeinflusst beispielsweise der Tragekomfort die Akzeptanz von Datenbrillen. Ganz banal: Halterungen dürfen nicht drücken, Brillen nicht verrutschen. Wichtig waren den Beschäftigten darüber hinaus leichte und gut ausbalancierte Geräte.

Logistik-Trends für 2019: Von soft bis klebrig

Die Trends sind vielschichtig und reichen von Warehouse-Management-Systemen in der Cloud bis hin zu standardisierten Aufklebern für physische Objekte. Um mit der Software zu beginnen: Ein Warehouse-Management-System, das in Echtzeit Informationen über Status, Standort und Stammdaten bietet und selbstständig einzelne Komponenten steuert, ist Voraussetzung für die Umsetzung von Industrie-4.0-Konzepten. Die Cloud wird dabei zukünftig an Relevanz gewinnen. Schon jetzt ist der Trend weg von der klassischen Inhouse-IT zu cloudbasierten Systemen sichtbar. Die Vorteile liegen auf der Hand: Dezentrale Daten erleichtern den Austausch zwischen Produktion, Intralogistik und Warenwirtschaft. Und mit der zunehmenden Vernetzung von Unternehmen (Multi-Cloud) wird sie sowieso unabdingbar. Die immer wieder vorgetragenen Sicherheits-bedenken sind inzwischen vor allem emotionaler Art. Wie immer wieder entdeckte Datenlecks zeigen, können gerade kleinere und mittlere Firmen inhouse nicht mit den gesetzlich geregelten Sicherheitsinfrastrukturen der Cloud-Provider mithalten. Dagegen bieten professionelle Cloud-Lösungen reduzierte Kosten und weniger Aufwand für Wartung und Security, schnellere Einführungsprozesse und eine höhere Ausfallsicherheit.

Fahrerlose Transportleitsysteme

Noch fahren in den meisten deutschen Produktionshallen Staplerfahrer auf Zuruf und Sicht. Intelligente Transportroboter und fahrerlose Transportleitsysteme (FTS) setzen sich zuerst in der E-Commerce-Branche sowie in großen Distributionszentren durch – erst danach in der Industrie und bei den KMUs. Die Herausforderung wird dabei sein, eine offene Infrastruktur zu schaffen, innerhalb derer die Systeme unterschiedlicher Hersteller über ein einheitliches Transportleitsystem gesteuert werden können. Einen Schritt weiter geht das Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik in Dortmund in Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Institut für Technologie mit der Entwicklung von sogenannten FTF-Schwärmen. Ein Schwarm besteht aus einer Vielzahl von fahrerlosen Transportfahrzeugen, die selbstständig durch das Lager fahren. Erhält der Schwarm einen Auftrag, wird über WLAN-Kommunikation selbstständig festgelegt, welcher Transportroboter den aktuellen Auftrag übernimmt – abhängig von der Position, dem Akkustand und eventuellen Staus auf dem Weg. Das jeweilige FTF navigiert dann automatisch zum Regalplatz, entnimmt die benötigten Teile und bringt sie zum Bestimmungsort. Mit 50 Fahrzeugen ist das Projekt das größte seiner Art. Momentan optimieren die Forscher die Mensch-Maschine-Kollaboration. Denn der Mensch stört. Er taucht unangemeldet auf, läuft quer durch die Gänge oder stellt gar Gitterboxen in die Fahrwege. Diese „Störparameter“ sollen sukzessive erkannt und im lernenden Speicher der Schwarmintelligenz abgelegt werden. Die dabei entstehenden gigantischen Datenmengen machen den Einsatz künstlicher Intelligenz notwendig. Sie hilft bei der Optimierung von Transporten (Prescriptive Analytics), zur Vorhersage von Ausfällen (Predictive Maintenance), zur Bilderkennung für die Steuerung von fahrerlosen Transportsystemen sowie bei der vollautomatischen Erkennung von Barcodes prozessrelevanter Objekte.

Blockchain

Die unternehmenseigene Intralogistik wird sich in den nächsten zehn Jahren zu einer Prozess-unabhängigen Logistik weiterentwickeln, die über lokale Lagergrenzen hinausreicht. Damit können dann sämtliche Bewegungen aller Objekte innerhalb des Systems lokalisiert und dokumentiert werden. Zur heute üblichen Artikelnummer kommen dann weitere Informationen zum Beispiel über Lagerung, Transport, Auslieferung, Handel und Rückführung. Als Speichertechnologie bietet sich dafür die Blockchain an. Sie speichert fälschungssicher alle Parameter, stellt sie allen berechtigten Systemen und Personen zur Verfügung und kann im Rahmen von Smart Contracts nicht nur Logistik-, sondern auch Abrechnungsprozesse initiieren.

Cyberphysische Systeme

Die klassische RFID-Technik kann zwar die Position des Produktes innerhalb des Prozesses feststellen, nicht aber den Zustand und wann der nächste Prozessschritt angestoßen werden muss. Toleranzen und Fehler waren bisher ebenfalls nicht identifizierbar. Das aber kann die nächste RFID-Generation: durch die Abbildung des Objektes in cyberphysischen Systemen und den daraus resultierenden Vergleichs- und Steuerungsmöglichkeiten. Noch vielversprechender entwickelt sich die Bilddatenerfassung in Zusammenarbeit mit intelligenter Bildverarbeitung – sogenannte Visual Localization Management Systeme. Sie identifizieren zuverlässig das jeweilige Produkt und überprüfen parallel dessen Zustand. Sie stellen auch fest, welche Prozesse das Produkt bereits durchlaufen hat und welche als nächste kommen – nicht nur wie bei RFID auf Basis der hinterlegten Daten, sondern in Echtzeit auf Basis des Ist-Zustandes. Notwendig ist dafür eine eindeutige Ob-jektidentifzierung, zum Beispiel in Form aufgeklebter, gelaserter oder angehefteter Tags.

Der Weg zur Intralogistik 4.0

Bei der Einführung neuer Konzepte und Strukturen sollte die Vision einer Smart Factory zuerst in kleinere Projektteile zerlegt werden – und vorhandene Struturen eingebunden werden. In vielen Unternehmen kommunizieren bereits heute Transportsysteme, Fördertechnikbehälter und Produkte via Warehouse-Management-System (WMS) automatisiert miteinander. Sie gilt es zu analysieren und geeignete Teilprojekte zu identifizieren. Die vorhandenen Mitarbeiter, Strukturen und Prozesse sind die wichtigsten Katalysatoren bei der Implementierung digitaler Logistik; mit ihnen steht und fällt der Erfolg. Werden sie vernachlässigt, kann sich auch die beste Technologie nicht voll entfalten.

Weiterführende Informationen und Beratung bieten beispielsweise die Transfer-Netzwerke und Testzentren der Plattform Industrie 4.0 des BDMI.


Serie Industrie 4.0

Wir begleiten Sie mit unserer Serie auf dem Weg zur Digitalisierung. In dieser Ausgabe beleuchten wir das Thema Intralogistik.

Alle Beiträge finden Sie auch online auf

www.industrieanzeiger.de

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