„Wir sind technische Weber“, sagt Thomas Stark, seit rund fünf Jahren Geschäftsführer bei Delcotex, genauer der Delius Techtex GmbH & Co. KG. Die Wurzeln gehen bis auf 1722 zurück, als Johann Caspar Delius eine Leinenhandlung gründete, die im 19. Jahrhundert zur Maschinenweberei wurde – und sich noch heute im Familienbesitz befindet. Das textile Know-how ist schon immer da, mit Kunststoff hatte das Unternehmen nichts zu tun. Bis Stark die Idee hatte, Prepregs für Composites herzustellen, aber anders als bisher üblich: Das Verstärkungsgewebe sollte im eigenen Hause gewoben und mit Thermoplasten infiltriert werden. „Wir wollten die Prepregs in einem einzigen Prozess produzieren.“
In einem inzwischen patentierten Infusionsverfahren gelingt es Delcotex, die gewobenen Gewebe so zu tränken, „dass jedes einzelne Filament im Roving von der thermoplastischen Matrix durchdrungen und ummantelt wird“. Das entstehende Gewebe hat bereits seine endgültigen mechanischen Eigenschaften. Dies schafft sehr gute Voraussetzungen für die weitere Verarbeitung der „DeliComp“-Prepregs, beispielsweise als Einleger im Spritzguss, als Laminate oder generell in der Composite-Fertigung.
Maßgeschneiderte Verstärkungsgewebe
Ein mindestens ebenso großer Vorteil ist, dass die Technologie den Webern alle Freiheiten belässt, die zum Weben gehören. Die Bielefelder sind in der Lage, maßgeschneiderte Prepregs herzustellen, die in Material, variierender Rovingstärke und geometrischer Auslegung auf die Anwendung und ihre Lastfälle zugeschnitten sind – auf Maß konfektioniert per Laser. Sogar Gitterstrukturen lassen sich realisieren. Gitter als Prepregs eignen sich besonders gut, um Spritzgussteile zu verstärken, weil die Schmelze sie leicht umfließt und anbindet. Das Einlegen der ausreichend steifen Gewebe in die Form übernimmt der Roboter.
Hochfeste Garne wie Textilglas, Aramid oder Basalt lassen sich einsetzen. Auch Hybridgewebe aus verschiedenen Garnen sind möglich. Die DeliComp-Gewebe lassen sich entweder kalt ins Werkzeug einlegen oder über den Schmelzpunkt hinaus erhitzen und schnell umformen. Der Energieeintrag und die Aufwärmzeit seien deutlich geringer als bei bekannten Composites, heißt es bei Delcotex.
Als wichtigste Vorteile der DeliComp-Prepregs hebt Thomas Stark die Formgebung hervor, die erhöhte Belastbarkeit bei reduziertem Materialeinsatz und nicht zuletzt die niedrigeren Kosten. Die bisher sehr teure Verarbeitung herkömmlicher Endlosfaser-verstärkter Composites sei eine große Hürde für Großserien gewesen. Nun gebe es die Option, textile Webstrukturen partiell oder vollflächig ins Bauteil einzulegen.
Auf der K 2019 im Oktober hatten die Bielefelder ihre Innovation erstmals breiter vorgestellt als Material, das sich für alle Branchen eignet, die Faserverbunde verarbeiten. Im Automobilbau soll bereits ein Bauteil mit DeliComp in Serie gehen. Eine Vorserie ist schon ausgeliefert.