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Mixed-Reality-Anwendung: Virtuell schneller planen per 3D-Datenbrille

Mixed-Reality-Anwendung
Virtuell schneller planen per 3D-Brille

Ein komplett digitalisierter Verkaufsprozess mithilfe von Microsofts 3D-Brille lässt aufhorchen. Die Lösung von Thyssenkrupp Elevator und Zühlke verkürzt die Zeit zwischen Bestellannahme und Auslieferung oder Installation eines Treppenlifts um ein Vierfaches. Auch für andere Einsatzfälle ist der Nutzen enorm.

Werner Möller
Fachjournalist in Essen

Die Digitalisierung in ihrer greifbarsten Form präsentierten kürzlich Thyssenkrupp Elevator und der Eschborner Technologielieferant Zühlke. Auf ihrem gemeinsamen Medienevent in Essen rückten die Partner die Mixed-Reality-3D-Brille HoloLens von Microsoft in den Fokus. Genauer: Die Anwendung HoloLink, welche die Datenbrille mit einer webbasierten Lösung kombiniert. Das Ergebnis ist ein volldigitalisierter Entwicklungs-, Herstellungs- und Vertriebsprozess für Treppenlifte.

Parallel dazu erhielten auch 120 Kundenberater von Thyssenkrupp Elevator einen Projektierungskoffer mit einer Microsoft Hololens und allem nötigen Equipment, um HoloLinc zukünftig beim Kunden einzusetzen.

Die Vorgehensweise mit HoloLinc startet mit dem Ausmessen einer Treppe mittels einer Microsoft HoloLens. Thyssenkrupp und Zühlke gehen davon aus, dass dies den Verkaufsmanagern rund eine Stunde an Arbeitszeit im Vergleich zur bisherigen Vermessungsmethode spart. Anschließend kann der Kunde den Lift gemeinsam mit dem Projektierer auf dem iPad konfigurieren und dank Mixed Reality auf seiner eigenen Treppe betrachten. Bestellt der Kunde den Treppenlift, können die Daten auf Knopfdruck ins Microsoft Azure Backend und von dort an die Produktion übermittelt werden.

3D-Datenbrille verkürzt Lieferzeit auf ein Viertel

Andreas Schierenbeck, CEO von Thyssenkrupp Elevator, zeigt sich begeistert von der neuen Lösung: „Mit HoloLinc können wir nicht nur die Lieferzeit auf bis zu einem Viertel reduzieren, wir können für unsere Kunden auch viel besser erlebbar machen, wie der neue Treppenlift bei ihnen aussehen wird.“ Jürgen Pronebner, Mitglied der Geschäftsleitung und Managing Director Business Development bei Zühlke ergänzt: „HoloLinc ist ein Beispiel für die Vorteile, die Digitalisierungsprojekte bringen können, wenn sie konsequent durchdacht und umgesetzt werden.“

HoloLinc basiert auf einem sogenannten Proof-of-Concept. Um die skizzierte Lösung in die Praxis umzusetzen, entschied sich Thyssenkrupp für den Innovationsdienstleister Zühlke aus Eschborn. Andreas Schierenbeck: „Zühlke ist als erster zertifizierter Microsoft-Partner für die HoloLens nicht nur ein Vorreiter im Bereich Augmented- und Mixed Reality. Das Unternehmen hat auch viel Erfahrung mit Digitalisierungsprojekten, angefangen bei Cloud-Lösungen und Mobil-Solutions bis hin zu Connectivity, und konnte die Lösung somit auch nahtlos in unsere IT-Landschaft einfügen.“

Mit HoloLinc gehen Thyssenkrupp und Zühlke auch neue Wege beim Verwenden der Microsoft HoloLens. Erstmals wird die Mixed-Reality-Brille auch als Messinstrument eingesetzt. „Wir haben es geschafft, die Präzision nochmal deutlich zu steigern, was natürlich auch für andere Branchen und Märkte interessant sein kann. Gemeinsam mit Thyssenkrupp prüfen wir gerade diese Möglichkeiten“, sagt Jürgen Pronebner. Mit Lösungen wie HoloLinc auf Basis des Internet of Things kommt Thyssenkrupp Elevator beim digitalen Wandel einen großen Schritt weiter und verändert entscheidend die Art, wie Ideen und Lösungen umgesetzt werden.

Digitale Transformation in ihrer greifbarsten Form realisiert

Die schnellere Kommunikation zwischen den Vertriebsmitarbeitern, der Fertigung und der Verwaltung über die unmittelbare Einbindung von ERP-Systemen zwischen dem Konfigurieren, Bestellen und Produzieren bringt alle Beteiligten voran – genauso wie der Einsatz von Mixed Reality-Technologie zu einem Zeitpunkt, an dem Industrie 4.0 und Virtual Reality vielerorts noch immer leise Zukunftsmusik sind. Digitale Transformation in ihrer greifbarsten Form ist damit bei Thyssenkrupp Elevator heute realisiert.

Prinzipiell sehen die Experten bei Zühlke das größte Potenzial für erweiterte Realität, also die „Augmented Reality“, aktuell in der Wartung und Reparatur von Maschinen. Geräte wie Microsofts HoloLens können hier für Servicetechniker sehr nützlich sein. So können sie beispielsweise einen unerfahrenen Werker durch einen Reparaturprozess leiten. Der Techniker spart sich nicht nur das Schleppen und Durchblättern von Handbüchern, sondern hat auch beide Hände frei. Untersuchungen zeigen, dass sich dadurch Effizienzgewinne von 30 % realisieren lassen.

Wenn man diesen Ansatz weiterdenkt, landet man schnell bei den „Digital Twins“, bei denen mehrere Teams an unterschiedlichen Standorten dank Augmented Reality an den gleichen virtuellen Prototypen oder Maschinen arbeiten. Ein Schmankerl in dieser Hinsicht ist auch HoloBeam, bei dem sich Teams an unterschiedlichen Orten virtuell zu einem holografischen Meeting zusammenfinden können. Auch wenn das natürlich stark an Spielerei erinnert.

Ein zweites Anwendungsszenario entsteht nach Zühlke-Angaben im Bereich Training und Weiterbildung. Hier lassen sich mit Augmented Reality auch sehr komplexe Sachverhalte anschaulich vermitteln. Die Vorteile von Augmented Reality sind hier insbesondere die Möglichkeit, die „echte Welt“ mit Informationen anzureichern und die Möglichkeit, Objekte dreidimensional darzustellen. Ein drittes Anwendungsszenario findet sich außerhalb von industriellen Anwendungen. Mit Augmented Reality können Kunden beispielsweise sehen, ob ihnen ein Kleidungsstück steht oder welches Sofa besser in ihre Wohnung passt. Ein einfaches Beispiel hierfür ist die Ikea-App. Deutlich komplexer ist ein Virtual-Reality-Projekt für ein Schweizer Architekturbüro. Das Haus ist hier zwar noch nicht gebaut, aber seine künftigen Bewohner können es schon virtuell auch von innen besichtigen. Überdies lässt sich der Verkaufsprozess unterstützen, indem Messungen vorgenommen werden, so wie Thyssenkrupp es vorexerziert.

Kommissionier-Gerät als Pionierobjekt bei Jungheinrich

Ein weiteres Mixed-Reality-Beispiel verdeutlicht ein Projekt, das Zühlke im Vorjahr zusammen mit Jungheinrich umgesetzt hat. Der Hersteller von Flurförderzeugen setzt weltweit rund 4700 eigene Service-Techniker ein, die unterschiedlichste Servicevorgänge bewältigen müssen – eine echte Herausforderung angesichts der stetig wachsenden Produktvielfalt. Weitere Zahlen verdeutlichen die Komplexität: Es geht hier um 6000 Wartungen und rund 400.000 Reparaturen. Mit Hilfe digitaler Services will Jungheinrich seine Reparaturprozesse weiter optimieren und so die Effizienz steigern. Doch welche Anwendung eignet sich dafür am besten und wie lässt sich schnell und günstig ein erster Prototyp entwickeln?

Im Rahmen eines agilen Entwicklungsprozesses hat Zühlke mit Jungheinrich einen prototypischen Anwendungsfall erarbeitet: Ein Juniortechniker soll per App bei der Reparatur eines Staplers unterstützt werden, indem er schrittweise durch den gesamten Vorgang geführt wird. Innerhalb weniger Wochen wurde eine HoloLens-Anwendung entwickelt, bei der Hologramme über den zu reparierenden Stapler projiziert werden. Die Hilfestellung erfolgt parallel per Sprachsteuerung. Der individuelle Einstieg ins Zeitalter der Digital Twins hat Jungheinrich umfangreiche Effizienzpotenziale aufgezeigt und zu neuen Ideen inspiriert – von der Optimierung des Kundendienstes bis zur 3D-Produktpräsentation.

Wichtig war dabei, einheitliche Reparatur- und Wartungsstandards zu schaffen sowie das Freihand-Arbeiten. Weitere Punkte waren die Zeit, in der ein Projekt abgewickelt werden kann sowie die Größe der Projektabwicklung und das verteilte Arbeiten. In dem realisierten Acht-Wochen-Projekt wurden Mitarbeiter aus fünf Standorten und drei Ländern zu einer virtuellen Organisation zusammengefasst.

Hololens macht Messdaten sichtbar

Wie Mixed Reality das Wartungspersonal bei seinen Aufgaben unterstützt und die Arbeit effizienter macht, zeigt die neue App von Endress+Hauser, die Zühlke mit dem Messtechnikspezialisten entwickelt hat. Die App nutzt die Möglichkeiten der Brille, um Messdaten und Anleitungen den Arbeitenden direkt am Objekt einzublenden und Sprachanweisungen auszugeben. Die Messstellen übermitteln Daten an einen Server, von wo aus sie drahtlos auf die Brille übertragen und in Echtzeit dargestellt werden. Da die HoloLens ihre Umgebung erfassen und erkennen kann, weist sie bei Reparatur und Wartung den Weg und zeigt an, welche Handgriffe der Reihe nach zu erledigen sind. Zudem vereinfacht die Mixed-Reality-Anwendung Kontrollgänge, indem sie Messwerte in ihren realen Kontext stellt. So lässt sich etwa der Füllstand eines Tanks direkt am Objekt bildlich darstellen, anstatt dazu einen abstrakten Wert von einer Anzeige abzulesen und ihn interpretieren zu müssen. Die MR-App von Endress+Hauser soll eine neue Nutzererfahrung im täglichen Betrieb einer Industrieanlage ermöglichen. Damit wird eine Vielzahl von Messwerten für die Betreiber ohne Medienbruch intuitiv und direkt am Objekt erfahrbar.


Kleiner und leichter

Für Techniker, die am besten beide Hände frei haben sollten, sind die 3D-Brillen fast Pflicht. Sie lange zu tragen, ist jedoch nicht immer ein Vergnügen. Das Problem ist, dass die Technik noch nicht klein genug ist. Marktforscher sagen jetzt der Branche zwar eine goldene Zukunft voraus – zumindest in der kommerziellen Anwendung. Skeptiker dagegen bemängeln Größe und Preis und verweisen auf Augmented-Reality-Anwendungen auf dem Handy ohne Brillen. Letztendlich entscheiden aber limitierende Faktoren über den Erfolg: Leichter und kleiner muss die Brille werden und es müssen sich Datenstandards etablieren.


Ingenieur-Dienstleister

Als Dienstleister für Innovationsprojekte vereint Zühlke Business- und Technologie-Kompetenzen zu Lösungen. Für Kunden entwickeln die Eschborner wirtschaftlich erfolgreiche Produkte, Services und Geschäftsmodelle der digitalen Zukunft – von der Idee über die Realisierung bis zum Betrieb. Die Zühlke-Gruppe ist mit lokalen Teams in Bulgarien, Deutschland, Großbritannien, Hongkong, Österreich, Serbien, Singapur und der Schweiz präsent. 2017 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 138 Mio. Euro.

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