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Kühltechnik: Spritzgießer vermeidet Stillstandszeiten

Kühltechnik
Spritzgießer vermeidet Stillstandszeiten

Bei Pezet erhitzen Werkzeuge während des Spritzgießvorgangs auf bis zu 220 °C. Daher kam es oft zu Maschinenstillständen. Mit einer neuen Kühlanlage mit geschlossenem Wasserkreislauf werden diese vermieden.

Leila Haidar
Freie Journalistin in Stuttgart

Auf bis zu 220 °C können die Werkzeuge während des Spritzgießverfahrens von Gehäusen, Zahnrädern, medizinischen Instrumenten- und Pneumatikteilen bei Pezet, einem Hersteller von Kunststoff-Funktionsteilen und -baugruppen, erhitzen. Oft standen deswegen die 50 Maschinen am baden-württembergischen Sitz in Haigerloch aufgrund von überhitztem Hydrauliköl still. Zudem kam es zu Qualitätsproblemen wegen ungenügender Kühlleistung. Um weiterhin präzise arbeiten zu können, ist eine leistungsfähige Kühlung notwendig. Gerade bei Zulieferern in der Medizintechnik werden beim Spritzen nur Toleranzen von ein bis zwei Grad geduldet. Daher war klar: Es muss modernisiert werden.

„Wir differenzieren uns am Markt durch eine hohe Fertigungstiefe, die die Prozesskette der Kunden um ein Fünftel verkürzt“, erklärt Unternehmensvorstand Jürgen Springindschmitten. Das Teilespektrum des Spritzgießers reicht bis zu 500 g Gewicht und einer Dimensionierung von 170 x 125 x 70 mm³ Länge, Breite und Tiefe. Die Werkzeuge haben ein Eigengewicht von bis zu 1 t und eine Schließkraft bis 150 t. Die enge Temperaturführung im Regelkreis der Werkzeuge ist daher ein wichtiger Qualitätsfaktor. Bei den verarbeiteten Kunststoffen sind Werkzeugtemperaturen ab 7 °C für spezielle TPU-Werkstoffe in der Medizintechnik und bis zu 220 °C für Polyetheretherketon- (PEEK)-Werkstoffe für hochbelastete Maschinenelemente erforderlich. Der Jahresstrombedarf des Herstellers liegt bei rund 2,5 GWh.

Kühlung mit filtriertem Regenwasser verschmutzte die Leitungssysteme

Bis dato kühlte das Unternehmen mit filtriertem Regenwasser, das die zwischenzeitlich unterdimensionierten Leitungssysteme verschmutzte. „Außerdem brachte im Sommer der Freikühler auf dem Dach die erforderliche Leistung oft nicht mehr“, erinnert sich der Vorstand. Die Folge waren Lieferengpässe, Mehrkosten, Qualitätsprobleme und Stress. Der Manager definierte daher ein Pflichtenheft und holte vier Angebote ein, darunter von Hafner-Muschler, einem Anbieter von Kältetechnikanlagen in Balingen. Das Unternehmen gewann dann vor allem wegen des Preis-Leistungsverhältnis des Gesamtpakets das Rennen, so Springindschmitten.

Installiert wurde eine Kälteanlage, die aus zwei Pufferspeichern mit je 1000 l Fassungsvermögen für Vor- und Rücklauf besteht sowie einem Freikühler, der im Sommer von einer Kältemaschine unterstützt wird, die auf 700 Betriebsstunden (ohne Wärmerückgewinnung) pro Jahr kommt. Deren elektrische und thermische Abwärme wird im Winter zum Heizen verwendet. Schnittstelle zu den 50 Spritzgießmaschinen sind Temperier-Geräte, die auf die spezifischen Anforderungen eines Produktionsprozesses hin programmiert sind. In die Spritzgießwerkzeuge sind Kühlkanäle im Durchmesser von 3 bis 10 mm integriert. In bis zu acht Kühlkreisläufen fließt in einer definierten Geschwindigkeit das mit Glykol versetzte Kühlwasser. Das geschlossene System kann nicht verschmutzen und eine Dosier-Anlage stellt permanent die Wasserqualität sicher, so dass Werkzeuge oder Kühlkanäle nicht mehr rosten oder verkalken, heißt es.

Die Kälteanlage selbst ist auf ein Vorlauf-Temperaturniveau von 24 bis 26 °C ausgelegt, in die die Kühlflüssigkeit mit 20 °C eintritt. Am Werkzeug steigt diese Temperatur auf 60 bis 80 °C und wird dann entweder im Freikühler auf dem Dach oder bei hohen Außentemperaturen von der Kältemaschine geleitet, so dass der Rücklauf aus dem Werkzeug mit 28 bis 32 °C eintrifft. Die Kältemaschine vom Typ HM-RWH-312 bringt eine Kälteleistung von 320 kW mit. Von dort beginnt der Kreislauf erneut.

Zur Spitzenlastabdeckung wurde ein zweikreisiger, effizienter Kaltwassersatz mit Schraubenverdichter und Wärmerückgewinnung in das System integriert. Dieser soll die zusätzliche Rückkühlleistung für die Werkzeugkühlung garantieren. In der Nacht oder bei Heizbedarf kann die Abwärme in den Pufferspeicher mit 25 000 l Volumen geladen werden. Faktisch arbeitet die Kältemaschine dann als Wärmepumpe. Ist der Heizungspuffer geladen, schaltet die Anlage wieder auf freie oder Maschinenkühlung. Auch ein Mischbetrieb beider Kühlarten ist möglich.

Im Gegensatz zur Altanlage kann die Wärmerückgewinnung bei Bedarf auch tagsüber genutzt werden, so dass keine Abwärme verloren geht. Durch die hohe Wassereintrittstemperatur in die Kältemaschine wird zudem ein hoher Energy-Efficiency-Ratio- (EER-) Wert erreicht, der laut des Anwenders eine günstige Relation zwischen Leistungsaufnahme (Stromverbrauch) und -abgabe (Kühlleistung) bedeutet.


Der Anbieter

In den Bereichen Food & Beverage (Brauereien, Bäckereien, Handel, Herstellung), Industrie (Automotive, Maschinenbau, Verpackung), Pharmazie/Medizin und Klima-/Kaltwasseranwendungen in Nichtwohngebieten macht Hafner-Muschler mit rund 500 Kälte- und Klimatechniklösungen pro Jahr 20 Mio. Euro Umsatz. Die 100 Mitarbeiter unterscheiden in Industrie- und Gewerbekälte. Rund 25 % des Umsatzes entfallen auf Service und Wartung an rund 1100 Bestands-Anlagen.


Der Anwender

Mit 170 Mitarbeitern setzt Pezet als 1983 ausgegründete Kunststoffsparte der Theben AG 16 Mio. Euro im Jahr um. Davon entfallen etwa 10 % auf den Bau von 60 bis 110 Werkzeugen pro Jahr und je 7 Mio. auf Montage und Druckerei sowie das eigentliche Spritzen. Mit 15 Kunden machen die Haigerlocher 80 % ihres Umsatzes.

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