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Steht ein Paradigmenwechsel bevor?

Neue Entwicklungen in der Stromübertragung
Steht ein Paradigmenwechsel bevor?

Steht ein Paradigmenwechsel bevor?
Kommt der Blackout? Immer wieder prophezeien Energieexperten einen Kollaps des deutschen Stromnetzes infolge von Überlastungen und Instabilitäten Foto: elxeneize/Fotolia
Die Geschichte der Stromverteilung begann mit einem Irrtum: Erfinder Thomas Edison setzte auf die Gleichstrom-Übertragung – und damit aufs falsche Pferd. Neuerdings gewinnt die Gleichstrom-Technik neue Befürworter, denn die Art und Weise, wie wir Strom erzeugen, verteilen und verbrauchen, hat sich grundlegend geändert. Das wird auch in der Industrie auf allen Ebenen einschließlich der Verbindungstechnik Veränderungen mit sich bringen.

Heute, 86 Jahre nach Edisons Tod, deutet sich an, dass der große Erfinder mit seiner Unterstützung der Gleichstrom-Technik vielleicht doch nicht so falsch lag, wie man lange dachte. Edison könnte rehabilitiert werden, denn durch mehrere aktuelle Entwicklungen wird Gleichstrom wieder attraktiv: Energieerzeugung: Bisher erfolgt die Energieerzeugung mit Wechselstrom etwa in den Generatoren großer Kohle- und Kernkraftwerke aber auch in Wasserturbinen. Die verteilen ihre Energie über ein Wechselspannungs-Stromnetz. Mittels Transformatoren lässt sich die Spannung auf einige 100 000 V erhöhen, das hält die Ströme in den Kabeln und damit die Verluste gering. Doch zunehmend drängen Erzeuger ins Netz, die ihre Energie als Gleichstrom bereitstellen: Photovoltaikanlagen zum Beispiel, die zunehmend auch noch durch Batterien oder chemische Speicher unterstützt werden. Die Umwandlung von Gleich- in Wechselstrom bringt jedoch Verluste mit sich – ein Gleichstromnetz wäre für diese Erzeuger die bessere Wahl.

Dezentral statt sternförmig

Das Stromnetz wurde lange dominiert von großen Kraftwerken, die ihre Energie sternförmig in die umliegenden Regionen verteilen. Doch mit dem Siegeszug der regenerativen Energien wird das Stromnetz dezentraler, kleinräumiger, oft wird Strom dort verbraucht, wo er erzeugt wird. Die Wechselspannungstechnik kann ihre Vorteile dort nicht ausspielen. Doch auch über große Distanzen ist Wechselstrom nicht ideal. Die Übertragungsverluste nehmen deutlich zu. Aus diesem Grund baut etwa China aufwendige Netze mit Hochspannungs-Gleichstromübertragung (HGÜ), die große Energiemengen von den Wasserkraftwerken im Inneren des Landes zu den Ballungsräumen an den Küsten bringen.

Auch in Deutschland plant die Bundesregierung zwei solche Trassen, die überschüssige Windenergie von den Küsten in den Süden leiten sollen. Eine HGÜ-Verbindung – obwohl im Bau etwa doppelt so teuer – lohnt sich dank der geringeren Energieverluste ab einer Länge von etwa 400 km, bei Unterseekabeln etwa zur Anbindung von Offshore-Windparks schon ab 60 km. HGÜ-Verbindungen sind mittlerweile sehr zuverlässig. Vor allem durch Fortschritte in der Energieumwandlung durch Leistungselektronik können Gleichspannungen auf bis zu 800 000 V gewandelt werden – ganz ohne Transformator.

Zuhause oder in Fabriken wird Strom über Niederspannungsnetze verteilt, entweder über Schukosteckdosen oder über Drehstromanschlüsse. Dabei benötigen immer mehr Elektrogeräte Gleichstrom: Computer und andere elektronische Geräte oder LED-Lampen arbeiten mit Gleichstrom und brauchen bisher ein Netzteil zur Wandlung. In den nächsten Jahren kommen noch Elektroautos dazu. Bei Antrieben in der Industrie kommen zur Drehzahlregelung immer häufiger Frequenzumrichter mit einem Gleichspannungszwischenkreis zum Einsatz. Mit Gleichspannungsnetzen mit zentraler Spannungswandlung würden diese vielen Wandler überflüssig. In der Automobilindustrie gibt es bereits Pilotprojekte, um ganze Fertigungseinheiten nur mit Gleichstrom zu versorgen, sie enthalten auch Batterien zum kurzzeitigen Speichern von Energie.

Immer mehr Verluste

Das überzeugendste Argument für den Wechsel ist der Wirkungsgrad. Früher, als Kohle- und Kernkraftwerke Wechselstrom ins Netz speisten und Staubsauger und Glühbirnen diesen auch direkt verwerteten, lag der Gesamtwirkungsgrad der Versorgung mit elektrischer Energie in Deutschland bei etwa 65 %. Oder anders gesagt: Etwa ein Drittel der elektrischen Energie ging verloren, etwa durch Wärmeverluste. Heute verschärft sich die Lage zusehends, denn mit Photovoltaikanlagen und -kraftwerken und der zunehmenden Installation von Batteriespeichern gelangt immer mehr Strom ins Netz, der erst von Gleich- in Wechselspannung gewandelt werden muss. Dabei entstehen Verluste. Ebenso auf der Seite der Verbraucher: Netzteile werden heiß – ein fühlbarer Beweis, dass dabei Energie vergeudet wird. Dadurch ist der Wirkungsgrad unseres Energienetzes auf schätzungsweise 56 % gesunken – und wird weiter sinken, wenn nicht grundlegend umgedacht wird.

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