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Biokunststoffe und Rezyklate haben großes Potenzial aus Sicht von VWH.

Ein Werkzeugbauer informiert
Was Biokunststoffe und Rezyklate können

Was Biokunststoffe und Rezyklate können
Das in Faseroptik „Buche“ hergestellte Muster-Spritzgussteil produzierte VWH mit Granulat, das zu 80 % aus nachwachsenden Rohstoffen besteht. Bild: VWH
Dem gefürchteten „Greenwashing“ möchte der Werkzeugbauer VWH entgegenwirken und informiert aus der Praxis, was Biopolymere und Rezyklate können – und was nicht. Unter anderem plädieren die Leitenden dafür, die nachhaltige Entwicklung voranzutreiben, allein schon weil Neuware knapper wird. Im Folgenden fachliche Infos und die Sicht des Branchen-Insiders.

Rund 14,2 Mio. t umfasste das Produktionsvolumen der kunststoffverarbeitenden Industrie in Deutschland im Jahr 2020. Ihr Anteil an der in Europa produzierten Gesamtmenge lag damit bei etwa einem Drittel. Auch wenn die Tendenz der verarbeiteten Mengen steigend ist, so verdeutlichen die aktuellen Zahlen, welch großes Potenzial dieser Industriezweig in Hinblick auf nachhaltige Entwicklungen bietet.

Bio liegt im Trend – auch im Spritzguss

Immer stärker werden Ansätze nachgefragt, die umweltschädigende Materialien durch umweltfreundliche Kunststoffe wie Biopolymere ersetzen und somit die gesamte Wertschöpfungskette nachhaltig gestalten.

Unter dem Begriff Biopolymere kann grundsätzlich zwischen den folgenden drei Hauptgruppen unterschieden werden: abbaubare Biopolymere auf petrochemischer Basis, abbaubare Polymere, die auf nachwachsenden Rohstoffen basieren und nichtabbaubare Biopolymere, deren Basis nachwachsende Rohstoffe sind.

Welche Polymere in der Produktion zum Einsatz kommen, ist vor allem eine Frage der Anwendung. „Hinsichtlich der mechanischen Eigenschaften sind die Biokunststoffe durchaus in der Lage, den Bereich der konventionellen Kunststoffe abzudecken. In Hinblick auf die thermomechanischen Eigenschaften stößt man jedoch schnell an die Grenzen“, so Tobias Weber, Ansprechpartner für Technologie- und Produktentwicklung bei der VWH GmbH.

Die höchste Wärmeformbeständigkeit zeigen Cellulosederivate, die im Bereich konventioneller Kunststoffe liegen wie zum Beispiel Acrylnitril-Butadien-Styrol (ABS). Für alle höheren thermischen Ansprüche, die beispielsweise von Polyethylenterephthalat (PET) oder Polyamiden (PA) erfüllt werden können, gibt es derzeit noch keinen kommerziell erhältlichen Biopolymerwerkstoff.

Recycling und Vision einer Kreislaufwirtschaft

Derzeit sorgt der Mangel an Neuware für sprunghafte Entwicklungen auf den Kunststoffmärkten. Zu mehr Stabilität können der Einsatz biologisch abbaubarer Kunststoffe und die Verwendung von Altkunststoffen verhelfen. Welche Methode den Weg hin zu einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft ebnet, ist (noch) ungeklärt.

„Wir bei der VWH glauben, dass die Lösung vor allem in der Nutzung beider Möglichkeiten liegt. Bestimmte Anforderungen können die aktuell verfügbaren Biokunststoffe nicht erfüllen. In diesen Fällen ist der Einsatz nicht abbaubarer, jedoch möglichst rezyklierter Materialien erstrebenswert“, so Tobias Weber.

In welcher Form die Rezyklate verwertet werden, ist unter anderem abhängig von ihrem Reinheitsgrad. Thermoplaste und thermoplastische Elastomere lassen sich prinzipiell sowohl regranulieren als auch mit Neuware compoundieren. Die anschließende Verarbeitung unterscheidet sich nicht signifikant von neuen Rohstoffen.

Eine direkte Wiederverwendung ist bei Duroplasten wie Polyurethanen (PUR) sowie Elastomeren wie Styrol-Butadien-Kautschuk (SBR) nicht möglich. Alternative Optionen ermöglichen jedoch verschiedene Einsatzmöglichkeiten. Duroplaste können feingemahlen und als Füllstoff verwendet werden. Elastomere, beispielsweise in Form von Altreifen, können umfunktioniert werden in Produkte für Unterbau- und Schalldämmplatten.

Biokunststoffe schon im Einsatz

In der Automobilindustrie werden biologisch abbaubare Kunststoffe bereits von etablierten Marken für Teile verwendet, die nicht der direkten Witterung ausgesetzt sind. Die PKW-Innenraumverkleidung wird beispielsweise aus naturfaserverstärkten Polylactiden (PLA) hergestellt.

Besonders interessant ist der Einsatz der Biopolymerwerkstoffe in der Medizin. Mithilfe injizierter Medikamente oder Implantate kann ein in einer Polymermatrix eingeschlossener Wirkstoff kontinuierlich an den Körper abgegeben werden. Dauer und Intensität der Dosierung können auf diese Weise über die Abbaugeschwindigkeit des Polymers gesteuert werden. Ein ähnliches Beispiel ist der Einsatz von selbstauflösendem Nahtmaterial aus Polyhydroxyessigsäure (PGA) zum Wundverschluss.

Bei der Herstellung von Kinderspielzeug finden Biokunststoffe ebenfalls vermehrt Verwendung, unter anderem in Form von Polyethylen (PE), das aus Zuckerrohr hergestellt wird. Biologisch abbaubare Alternativen sind Polylactide und Polyhydroxyalkanoate (PHA). Während Polylactide nur unter industriellen Kompostierbedingungen abgebaut werden können, werden PHAs selbst in Seewasser innerhalb von nur 15 Wochen abgebaut.

Die Gretchenfrage: Biologisch abbaubar?

Ausschlaggebend ist für die Beantwortung die vorgesehene Verwendung des Endprodukts. Der Einsatz ausschließlich biologisch abbaubarer Kunststoffe ist wünschenswert, macht jedoch nicht bei allen Anwendungen Sinn. Beispielsweise bei solchen, die eine hohe chemische Beständigkeit des Bauteils erfordern. Ein biobasierter Ursprung sowie eine verhältnismäßig schnelle und einfache biologische Abbaubarkeit wären bei Wegwerfmaterialien wie Einwegplastiktüten oder -besteck optimal.

„Eines Tages werden alle Kunststoffe biobasiert sein müssen. Die endliche Verfügbarkeit petrochemischer Rohstoffe rückt diesen Anspruch in den Vordergrund“, sagt Andreas Klatt, Technischer Leiter bei VWH. „Umso wichtiger ist es, bereits jetzt passende Alternativen zu finden und deren Entwicklung frühzeitig voranzutreiben.“

„Nachhaltiges Handeln bedeutet für uns das Gleichgewicht herzustellen – zwischen der Verwendung umweltfreundlicher Biowerkstoffe und der Sicherstellung der Funktionalität und des Komforts, den das Material Kunststoff dem alltäglichen Leben in unserer Gesellschaft ermöglicht.“ (os)

Kontakt:
VWH GmbH
Bahnhofstraße 104
56414 Herschbach (Oberwesterwald)
Tel.: +49 6435 309–0
www.vwh.de


Alles unter einem Dach inklusive Know-how zu nachhaltigem Kunststoff – das ist der Claim des Sondermaschinenbauers VWH.
Bild: VWH

Die VWH GmbH

VWH mit Sitz im Oberwesterwald vereint als Experte für Produktionsanlagen- und Werkzeugbau alle Schritte von der Entwicklung über die Produktion bis zur Verpackung unter einem Dach. Neben dem Bau von Spritzgusswerkzeugen liegt der Fokus auf der Konstruktion und Produktion von Sondermaschinen. Montageanlagen werden ebenso produziert wie Kunststoffspritzgussautomation, Prüfanlagen, Laseranlagen, Palettierer sowie Roboteranlagen. Das Unternehmen möchte seine Position als Spezialist im Bereich Prozessautomatisierung weiter ausbauen.

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