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Wie Messtechnik bei WFL bessere Fräsprozesse ermöglicht

Komplettbearbeitung
Wie Messtechnik bei WFL bessere Fräsprozesse ermöglicht

Für die Komplettbearbeitung von Kompressorrotoren hat WFL eine neue Vorgehensweise entwickelt, bei der ein Messtaster von Blum-Novotest die Werkstückkonturen schnell scannt.

David Cousins
Technisches Marketing, Blum-Novotest

Bei WFL ist der Bereich Tooling Solutions auf die Zerspanung schwieriger Bearbeitungsbereiche spezialisiert. Er verfolgt das Ziel, mit intelligenten Werkzeuglösungen ein komplexes Werkstück noch schneller und genauer herzustellen. Ein Beispiel dafür ist ein Rootsrotor. Bei dem rund 400 mm langen Teil mit etwa 160 mm Außendurchmesser aus Grauguss GG 60 handelt es sich um den Läufer eines Drehkolbenverdichters. Unter Verwendung spezieller Formfräser dreht und fräst WFL den Rotor auf der M40 Millturn bis auf Endmaß in Schleifqualität. Und zwar im automatisierten 24/7-Betrieb, was die Durchlaufzeiten dort stark reduziert hat. Das Schleifen war in der Rotorenfertigung bislang nötig gewesen, weil die notwendige Genauigkeit und Oberflächengüte durch Fräsen nicht erreicht wurde.

„Mit dem neuen Verfahren können wir zwar nicht bei allen Anwendungen auf das Schleifen verzichten, in diesen Fällen reicht es aber, dass sich mit unserer Vorgehensweise die Schleifzugaben erheblich reduzieren. Denn das Schleifen auf Rund- und Profilschleifmaschinen ist bei Kompressorrotoren immer ein extrem aufwendiger und teurer Vorgang“, erläutert Manfred Baumgartner, der als Produktmanager den Bereich WFL Tooling Solutions verantwortet. „Das Schlichtfräsen wird beim Rootsrotor übrigens auf drei verschiedene Formfräser aufgeteilt und die Übergänge zwischen den Fräsern durch automatisches Messen korrigiert. Darum benötigen wir hier die Kombination aus Hightech-Werkzeug, einer Regelkomponente und optimaler Messtechnik.“

Dafür hat Stefan Huber, Softwareentwicklungs-Ingenieur bei WFL, eine Software geschrieben, die sowohl misst als auch regelt. Diese läuft direkt auf der Siemens Sinumerik 840D Solution Line und arbeitet sozusagen nahtlos mit der Steuerung zusammen. Beim Schlichtprozess wird dabei zunächst auf ein paar Zehntel Millimeter Übermaß vorbearbeitet; gemessen wird diese Kontur auf der Maschine. Maschinenseitig wird hierfür der digital-analog arbeitende Messtaster TC63-Digilog von Blum-Novotest eingewechselt, mit dem die Linzer direkt in der Aufspannung das gefräste Profil über den gesamten Umfang hinweg scannen. So werden in diesem Fall die Formgenauigkeit und die Konzentrizität des Bauteils festgestellt, und zwar sehr schnell.

Aus der auf diesem Wege ermittelten Kontur – die am Display der Steuerung auch dargestellt wird – berechnet ein Algorithmus für jeden Werkzeugeingriff die optimalen Korrekturen. Anhand der Korrekturwerte wird das Werkzeug für die nächste Bearbeitung in zwei Richtungen verschoben sowie in der C-Achse verdreht und so über diese drei Achsen die Istkontur an die Sollkontur angepasst. Die Sollkontur, die am Display als schwarze Kurve dargestellt wird, orientiert sich dabei am 3D-Modell des Bauteils, das vom 3D-CAD- und CAM-System geliefert wird und womit der Programmierer auch die NC-Daten ableitet. Dabei reicht es, dass in der Serienfertigung nur beim ersten und dann – je nach Anwendung – bei jedem 10. bis 15. Teil gemessen wird. Denn beim folgenden Teil können die schon ermittelten Korrekturen bereits angewendet werden, weshalb hier das Vorschlichten mit Schlichtaufmaß entfallen kann.

„Wir bauen Lasermesssysteme von Blum-Novotest schon seit sehr vielen Jahren in die Maschinen ein, allerdings nur zur Werkzeugvermessung. Das Messen von Werkstücken fand mit Tastern anderer Hersteller statt, die aber nur Punkt für Punkt antasten“, berichtet Huber. „Vor etwa vier Jahren stellte uns Blum-Novotest die digital-analog arbeitenden Messtaster mit dem Shark360 Digilog-Messwerk vor. Uns hat das damit mögliche scannende Tasten von Anfang an fasziniert.“ Blum-Novotest hat bei den Messtastern der Digilog-Reihe sowohl digitale als auch analoge Funktionen in einem Gerät vereint. Während erstere sich gut zur Erfassung von Abmessung und Lage eignen, bietet das analoge Messen klare Vorteile bei der Beurteilung von Flächen und Konturen. Fährt man schaltend einen Punkt an, wird wie bei allen Messtastern ein digitales Signal an die Maschinensteuerung gesendet. Zusammen mit der Position der Achsen erhält man so die exakte Position des Messpunkts. Bei Blum-Tastern wird das Schaltsignal grundsätzlich optoelektronisch durch Abschattung einer Miniaturlichtschranke generiert. Beim analogen Messen hingegen wird der prozentuale Anstieg dieser Abschattung ausgewertet, der entsteht, wenn der Messeinsatz ausgelenkt wird. Das sich daraus ergebende analoge Signal bildet dann den Messwert. So lässt sich der Digilog-Taster scannend mit bis zu 2 m/min über Oberflächen oder entlang von Konturen führen, wodurch in kürzester Zeit tausende Messwerte zur Verfügung stehen. Dabei ist eine Scanbewegung in zwei Achsen möglich.

Zunächst ging es um die
automatische Rauheitsmessung

Allerdings ging es WFL zunächst um die automatische Rauheitsmessung. Denn auch diese ist mit der analog messenden RG-Tasterreihe, die auch auf der digital-analogen Technologie aufbaut, möglich. WFL entwickelte dann eine eigene Software, um die analogen Daten des Messtasters auszuwerten. Seither findet auf Millturn-Maschinen auf Wunsch die Rauheitsmessung im Rahmen einer In-Prozess-Lösung komplett automatisch statt, ohne die Schiebetür öffnen zu müssen. Dies bietet Riesenvorteile in der Fertigung, gerade bei automatisierten Prozessen im Mannlosbetrieb. In einer größeren Serie wird die Oberfläche zum Beispiel von jedem 15. Teil überprüft. Eine schlechter werdende Oberfläche ist beispielsweise auch ein Indiz dafür, dass das Werkzeug allmählich seine Verschleißgrenze erreicht.

Aufbauend auf den positiven Erfahrungen mit dem RG-Taster entstand so die Idee, das scannende Tasten mit den Messtastern der Digilog-Reihe zur automatischen Rundlaufmessung einzusetzen. Das ist der zweite Anwendungsfall, der seither von WFL verkauft wird. Der Taster generiert dabei analog durch Scannen über die Oberfläche mit bis zu 2 m/min und sekundenschnell tausende Messwerte, die alle 9 ms per Funk störungsfrei an einen Empfänger im Maschinenraum übertragen werden. Die Software hat WFL so angepasst, dass man frei definierbare und damit beliebige Werkstückkonturen erfassen kann, sofern diese kollisionsfrei erreichbar sind.

Rundlaufmessungen in 30 Sekunden
statt in 15 Minuten

Ohne die Digilog-Messtaster wäre das Projekt mit den Formfräsern so nicht umzusetzen gewesen. Zwar gibt es die Möglichkeit, das Werkstück auszuspannen und extern zu vermessen. Anhand dieser Messwerte könnte dann der Maschinenbediener die NC-Programme entsprechend korrigieren. Das wäre aber sehr zeitaufwändig und zudem fehleranfällig, weil das Messergebnis richtig interpretiert werden muss. Auch das In-Prozess-Messen mit einem üblichen, also schaltenden Digitaltaster war keine Alternative, denn für eine ordentliche Rundlaufmessung mit einem herkömmlich schaltenden Messtaster müssten am Werkstückumfang hunderte Abtastungen durchgeführt werden. Baumgartner rechnet vor: Dieser Messvorgang würde wahrscheinlich 10 bis 15 min dauern. Mit dem Digilog-Taster funktioniert es in 20 bis 30 s einschließlich Auswertung. Er weist auf die Herausforderung bei der Herstellung von Kompressorrotoren hin: „Die Genauigkeit erstreckt sich über den gesamten Zylinderbereich, die Anwendung unserer Lösung bei den Rotoren ist quasi die Königsklasse. Denn wenn dies hier funktioniert, funktioniert es auch bei anderen Anwendungen.“

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