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Fraunhofer IPA nutzt Simulation für die Lackiertechnik

Serie Oberflächentechnik
Wie Simulation die Lackierprozesse verbessert

In der Lackiertechnik herrschen äußerst komplexe Zusammenhänge. Mit numerischer Simulation gelingt es, die Prozesse systematisch zu planen und zu optimieren. Welche Möglichkeiten sich dadurch eröffnen und wo die Grenzen liegen, zeigen folgende Anwendungsbeispiele – sie decken die ganze Prozesskette der Lackierung ab.

» Dr. Oliver Tiedje, Jörg Schieweck, Michael Nazar Bogdan vom Fraunhofer IPA in Stuttgart

Numerische Simulationen basieren auf physikalischen Modellen und stellen sicher, dass die wesentlichen Abhängigkeiten korrekt wiedergegeben werden. Sie ermöglichen detaillierte Analysen. Dafür gibt es verschiedene Ansatzpunkte und Ansätze in der Lackierung. Die folgenden Beispiele decken die ganze Prozesskette von der Vorbehandlung über die Applikation bis zur Lackhärtung komplett ab, um die Möglichkeiten der Simulation und ihre Grenzen aufzuzeigen. Sie verdeutlichen den Nutzen der Simulation für das Prozessverständnis, die Planungsabsicherung, die Fehlerbeseitigung und die Entwicklung neuer Verfahren.

Software simuliert Düsenanordnung

Wenn neue Reinigungsanlagen auszulegen sind oder Bauteiländerungen anstehen, müssen Konzepte entwickelt werden, die eine lückenlose Reinigung ermöglichen. Das bedeutet zum Beispiel, dass der Spritzstrahl alle Oberflächen des Bauteils in einem geeigneten Winkel erreichen muss, damit er seine größtmögliche physikalische Wirkung erzielen kann.

Bereiche, die der Strahl nicht oder ungünstig trifft, müssen durch andere Mechanismen gereinigt werden, durch Schwemm- und Spülwirkung. Die Reinigungszeit wird damit nicht mehr von der besonderen Stärke des Spritzstrahl bestimmt.

Fehlende Analysen führen zu Überdimensionierung

In der Praxis werden oft überdimensionierte Düsenformationen und Kinematiken eingesetzt, um die Reinigung sicherzustellen. Meist rührt dies daher, dass keine Prozesskontrollen und -analysen durchgeführt werden. Die bisherigen simulativen Unter‧suchungen am Fraunhofer IPA zeigen, dass der Vorteil der Spritzstrahlreinigung – der hohe Strahlimpuls – in vielen Fällen nicht ausgeschöpft wird.

Entweder werden nicht alle Stellen optimal erreicht oder ein Wasserfilm auf dem Bauteil verringert den Impuls. Nicht optimale Anlagenlayouts haben aber Konsequenzen: Sie führen zu längeren Laufzeiten, erhöhten Temperaturen und einer Zugabe von chemischen Reinigungszusätzen, um die Defizite im Reinigungsergebnis auszugleichen. Simulation kann hier für Abhilfe und bessere Lösungen sorgen, indem sie die optimalen Düsenanordnungen ermittelt.

Simulation und künstliche Intelligenz

In der Lackiertechnik ist der Beschichtungsprozess eine Herausforderung für die Simulation. Weil technische und chemische Prozesse in Interaktion treten, sind die Prozesseinflüsse auf die Qualität komplex und nur schwer zu durchschauen. Andererseits werden viele für die Simulation wichtigen Eingangsdaten in vielen Branchen bereits erfasst. Dazu gehören zum Beispiel die Applikationstechnik, Verfahrenstechnik und Fördertechnik, aber auch Qualitätskenndaten wie Schichtdicke oder Lackierfehler.

Digitale Tools berücksichtigen realen Anlagenzustand

Hier setzt die Kombination von numerischen Simulationen mit maschinellem Lernen mit Methoden der künstlichen Intelligenz an: Diese digitalen Werkzeuge bilden den Lackierprozess einerseits physikalisch korrekt ab und berücksichtigen andererseits den aktuellen Zustand der realen Anlage.

Umgesetzt wurde dies beispielsweise für den Einsatz eines Lackierzerstäubers (im Bild ein elektrostatisch unterstützter Hochrotationszerstäuber). Die Simulationsergebnisse zeigen auf, wie Applikations- und Qualitätsgrößen zusammenhängen und welchen Einfluss der Zerstäuber auf die Schichtdicke hat.

Simulation des Lackfilmverlaufs

Die „Appearance“ (Erscheinungsbild) zählt zu den wichtigen Kriterien beim Bewerten der Beschichtungsqualität. Bei unvollständigem Verlauf weist die Lackoberfläche nach der Trocknung eine mehr oder weniger starke Orangenhautstruktur auf. Simulationen helfen Rohstoffproduzenten, Lackherstellern und den Verarbeitern, den Lackverlauf beschleunigt zu verbessern und so Entwicklungskosten zu sparen.

Dies gelingt zum einen, indem auf einen Teil der Applikationsversuche verzichtet werden kann, zum anderen können verlaufsbeeinflussende Rohstoffe gezielter als bisher ausgewählt werden. Unterschiedliche Einflüsse auf das Verlaufsergebnis lassen sich in der Simulation untersuchen:

  • Tropfengrößenverteilung in der Spritzapplikation
  • Zeitlich veränderliche Rheologie und Oberflächenspannung des Lacks
  • Gradienten in der Oberflächenspannung als Folge von inhomogener Verdunstung
  • Schrumpf durch Verdunstung
  • Neigung und Struktur des Substrats
  • Luftströmung

Viele potenzielle Anwendungsfelder

Die Liste an Anwendungsbeispielen ließe sich fast endlos fortsetzen, zum Beispiel mit Trocknersimulationen, simulierter Kabinenluftströmung, Zerstäubungssimulationen und Tropfenaufprall von Lacken u.s.w. Die Abteilung Beschichtungssystem- und Lackiertechnik des Fraunhofer IPA sieht ihre Expertise bei Analysen, Neu- und Weiterentwicklungen sowie Prüfungen von Lackierverfahren und Lösungen bei der Materialoptimierung und Anlagenplanung.

Kontakt:
Dipl.-Math. (FH) Jörg Schieweck
Telefon: +49 711 970–1874

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