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3D-Druck ermöglicht eine digitale Fertigung

3D-Druck in der Produktion
Additive Fertigung ermöglicht eine digitale Fertigung

Laut dem Wohlers Report 2021 ist die 3D-Druck-Branche im Jahr 2020 um 7,5 Prozent auf fast 12,8 Mrd. US-Dollar gewachsen. Bei vielen Unternehmen spielt dabei neben den fertigungstechnischen Vorteilen auch der Wunsch, die eigene Produktion stärker zu digitalisieren, eine wesentliche Rolle. Das Ziel ist es, auch individualisierte Produkte schneller auf den Markt zu bringen.

» Frederick Rindle, Redakteur Konradin-Industrie

Inhaltsverzeichnis
1. Digitale Fertigung
2. Software, Daten, künstliche Intelligenz
3. Volkswagen setzt auf Binder-Jetting
4. Kunststoff- und Metallbauteile
5. 5 Tipps für 3D-Druck-Einsteiger
6. Kommentar: 3D-Druck als Möglichmacher

Im Jahr 2020 sind laut dem jährlich erscheinenden Wohlers Report 2021 vor allem die Umsätze bei den 3D-Druck-Dienstleistungsanbietern gestiegen. Diese sind um 7,1 Prozent auf fast 5,3 Mrd. US-Dollar gewachsen. Auch aktuellere Statistiken bestätigen den positiven Trend: Laut einer Studie des IT-Marktforschungsunternehmens Context wurden im zweiten Quartal 2021 wieder deutlich mehr 3D-Drucker verkauft. „Während die Investitionsausgaben vor einem Jahr weitgehend auf Eis gelegt waren, wurden sie im zweiten Quartal dieses Jahres wieder freigegeben, was zu phänomenalen Wachstumsraten bei den Auslieferungen im Vergleich zum Vorjahr führte“, sagt Chris Connery, VP of Global Research bei Context.

So stiegen die Lieferungen bei den industriellen 3D-Druckanlagen (Systempreis über 100.000 US-Dollar) um 61 Prozent. Auf dieses Segment entfielen dann auch 64 Prozent des weltweiten Umsatzes im zweiten Quartal 2021. Trotz dieses großen Wachstums haben die Auslieferungen aber noch nicht wieder das Niveau von vor der Corona-Krise erreicht: Die Auslieferungen von Industriedruckern sind gegenüber dem zweiten Quartal 2019 um 10 Prozent zurückgegangen.

Context geht allerdings davon aus, dass 2021 nicht nur ein Wachstum im Vergleich zum Vorjahr zu verzeichnen sein wird, sondern dass auch die Auslieferungen über dem Niveau von 2019 liegen werden: So wird beispielsweise für die Auslieferungen von Industriedruckern ein Anstieg von 35 Prozent im Vergleich zu 2020 und, was noch wichtiger ist, ein
Anstieg von 6 Prozent gegenüber 2019 prognostiziert.

Digitale Fertigung

Ein Grund, warum Unternehmen in den 3D-Druck investieren ist, dass die additive Fertigung eine signifikante Rolle bei der Digitalisierung der Fertigung und der Disruption ganzer Branchen spielt – so die Ergebnisse des „HP AM Trends in EMEA“-Reports von HP und 3dbpm Research. Die Umfrage wurde unter führenden Herstellern von Industrieteilen in Europa durchgeführt. Dabei gaben 96 Prozent der Teilnehmer an, dass sie mithilfe der additiven Fertigung Produkte schneller auf den Markt bringen können. Zudem sind sich alle Befragten in einem Punkt einig: Alle Teilnehmer wissen um die Vorteile digitaler Workflows, insbesondere steht dabei die On-Demand-Produktion von Komponenten im Fokus.

Additive Fertigung treibt laut Studie von HP & 3dbpm Research digitale Transformation

Insgesamt gesehen erwarten die deutschen Hersteller in der individualisierten Serien- sowie der On-Demand-Produktion die größten Potenziale der Digitalisierung; denn die additive Fertigung unterstützt sie bei der Bewältigung spezieller Herausforderungen in der Produktion – unter anderem lässt sich damit die Fertigung flexibel an eine schwankende Nachfrage anpassen.

60 Prozent der deutschen Industrieteilehersteller prognostizieren der additiven Fertigung auch mittelfristig ein hohes Wachstum. Als wichtigsten Nutzen des 3D-Drucks nennt diese Gruppe die verbesserte Funktionalität der Bauteile (55 Prozent). Für 75 Prozent der Unternehmen in dieser Branche ist Nachhaltigkeit der wichtigste Treiber für ihre digitale Transformation. 40 Prozent der befragten Teilnehmer aus Deutschland planen, in den kommenden fünf Jahren fast eine Million Euro in die Digitalisierung zu investieren – weitere 20 Prozent planen Ausgaben zwischen 500.000 und einer Million Euro.

Software, Daten, künstliche Intelligenz

„Die digitale Transformation der Fertigung ist im vollen Gange“, sagt Guayente Sanmartin, Global Head & General Manager, HP 3D Printing Multi Jet Fusion Business. „Die führenden Unternehmen der Zukunft werden diejenigen sein, die die Potenziale von Software, Daten, künstlicher Intelligenz und digitaler Fertigung nutzen, um Kundenprodukte und -erlebnisse neu zu erfinden und zu personalisieren. In den vergangenen Jahren haben wir große Fortschritte gemacht: Unsere HP Multi Jet Fusion-Technologie hat seit ihrer Einführung mehr als 60 Millionen 3D-gedruckte Teile geliefert. Der Bedarf an dieser Technologie ist in den letzten 15 Monaten exponentiell gestiegen.“

Die Studie belegt darüber hinaus, dass die additive Fertigung der Schlüssel für die Digitalisierung von industriellen Fertigungsprozessen ist. Dabei sind sich fast alle Befragten einig: 96 Prozent der Teilnehmer sehen es als notwendig an, ihre Fertigungsprozesse zu digitalisieren, um sich zukunftssicher aufzustellen. Einen besonderen Stellenwert kommt der Produktion kostengünstiger Komponenten sowie der Herstellung hochwertiger Produkte mit höherer Geschwindigkeit zu. Die befragten britischen und deutschen Hersteller von Industrieteilen planen die größten Investitionen in die Digitalisierung und die additive Fertigung: Dabei gaben 50 Prozent der britischen und 40 Prozent der deutschen Unternehmen an, in den nächsten fünf Jahren Investitionen von mehr als einer Million Euro zu planen.

Weitere Ergebnisse zeigen: 83 Prozent der befragten Unternehmen nutzen die additive Fertigung für die Produktion von Komponenten und Werkzeugen zur Herstellung kommerzieller Produkte. Dabei stellt etwa die Hälfte (52 Prozent) bereits komplette Fertigprodukte her – was die letzte Grenze der additiven Fertigung darstellt.

„Unsere Produktivität wird sich in den kommenden Jahren weiter steigern“, erklärt zum Beispiel Markus May, Co-Founder und Managing Director bei 3Faktur, einem der befragten Industrieteilehersteller in Deutschland. „In der Vergangenheit konnten wir von Verbesserungen der HP Multi Jet Fusion-Technologie profitieren – wie Firmware-Upgrades, die den Fertigungsprozess beschleunigen – sowie von der Einführung der HP Multi Jet Fusion 5210 Serie. Diese reduziert die Druckzeit um 25 Prozent und steigert die Produktivität somit erheblich. Künftig erreichen wir Produktivitätssteigerungen durch einen höheren Automatisierungsgrad sowie durch Produkte, die helfen, den Fertigungsprozess zu rationalisieren und die Reproduzierbarkeit zu steigern.“

Volkswagen setzt auf Binder-Jetting

Neben den KMU machen sich auch die ganz Großen der Branche auf, die Potenziale des 3D-Drucks in Kombination mit der digitalen Transformation für sich zu erschließen. So will zum Beispiel Volkswagen in Kooperation mit Siemens und HP herausfinden, welche Bauteile in Zukunft wirtschaftlich und schnell mittels Binder-Jetting gefertigt werden können oder wie mit der additiven Fertigung die digitale Transformation der Produktion bei Volkswagen unterstützt werden kann. HP liefert hierfür die entsprechenden 3D-Drucker und Siemens die Software für eine additive Fertigung. Durch die Nutzung der durchgängigen digitalen Prozesskette von Siemens lässt sich der gesamte 3D-Druck-Prozess von der Konstruktion bis zur additiven Fertigung und Weiterbearbeitung ohne Schnittstelle durchführen.

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Zwei Mitarbeiter von Volkswagen prüfen die Qualität der im Binder-Jetting-Verfahren hergestellten Strukturteile für die Autoproduktion vor dem Prototyp des Spezialdruckers im Wolfsburger 3D-Druck-Zentrum.
Bild: Volkswagen AG

Im Mittelpunkt der Aktivitäten steht das Wolfsburger 3D-Druck-Zentrum: Das hochmoderne Zentrum startete Ende 2018 und ermöglicht die Fertigung von komplexen Fahrzeugteilen. Bis 2025 sollen in Wolfsburg bis zu 100.000 Teile pro Jahr für Volkswagen im 3D-Druck gefertigt werden.

Die ersten Bauteile aus dem Binder-Jetting-Verfahren waren Teile für die A-Säule des T-Roc Cabrios. Diese wiegen fast 50 Prozent weniger als herkömmliche Teile aus Stahlblech. Gerade diese Ersparnis macht das Verfahren besonders interessant für die Automobilproduktion. Volkswagen hat zudem bereits erfolgreich 3D-gedruckte Fahrzeugbauteile im Crashtest erprobt. Die Herstellung in größeren Stückzahlen war aber bis dato noch nicht wirtschaftlich genug – durch die neue Technologie und die geschlossene Kooperation mit HP und Siemens soll der Einsatz in der Serienfertigung wirtschaftlich werden.

Kunststoff- und Metallbauteile

Volkswagen arbeitet seit 25 Jahren mit dem 3D-Druck – und startete ursprünglich im Bereich der Technischen Entwicklung mit dem Ziel, die Entwicklung von Fahrzeugen zu beschleunigen und kostengünstiger zu realisieren. Heute werden am Standort Wolfsburg 13 Anlagen betrieben, die sowohl Kunststoff- als auch Metallbauteile in unterschiedlichen Druckverfahren herstellen können. Typische Beispiele sind Kunststoffbauteile für Prototypen wie Mittelkonsole, Türverkleidungen und Instrumententafeln bis hin zu Stoßfängern. Im Metalldruck werden unter anderem Saugrohre, Kühlkörper, Halter und Trägerteile gedruckt. So wurden insgesamt bereits mehr als eine Million Bauteile hergestellt.

Die Kooperation mit Siemens ist Teil einer umfassenden, strategischen Partnerschaft im Bereich der digitalen Produktionsplattform, die beide Unternehmen geschlossen haben. Volkswagen Vorstand Vollmer: „Ich freue mich, dass wir mit Siemens einen starken und innovativen Partner gefunden haben, mit dem wir die Autoproduktion von morgen schon jetzt starten können. Das Beispiel 3D-Druck zeigt, dass die Transformation viele unterschiedliche und innovative Chancen bietet.“


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Für die additive Fertigung gelten ganz eigene Regeln.
Bild: mari1408/stock.adobe.com

5 Tipps für 3D-Druck-Einsteiger

Für die additive Fertigung gelten ganz eigene Regeln und Notwendigkeiten, die viele Anwender zunächst nicht kennen. Die Produktionsplattform Xometry Europe erhält täglich Anfragen von Nutzern des 3D-Drucks, die Schwierigkeiten mit der Umsetzung schildern. Auf Basis dieser Erfahrungen wurden einige Praxistipps zusammengestellt, wie man in der additiven Produktion bessere Ergebnisse bekommen kann.

  • Supportstrukturen: Ohne sie können manche Teile nicht gedruckt werden – besonders in den Verfahren Metalldruck, Polyjet und SLA. Beim FDM-Verfahren hängt die Notwendigkeit von der Geometrie ab. Oftmals besitzen solche Strukturen einen sehr hohen Anteil am Bauteil. Das gilt besonders für komplexe Konstruktionen, die gerade den Reiz der additiven Produktion ausmachen. Anwender sollten sich deshalb gründlich mit den Supportstrukturen auseinandersetzen. So beginnt sich die Oberfläche zum Beispiel ab einem Winkel von etwa 40 Grad zu verändern. Ohne Support geht dann nichts mehr. Die richtigen Stützen sind oft entscheidend für das Gelingen. Um den notwendigen Support möglichst gering zu halten, ist unter anderem die Ausrichtung des Bauteils wichtig: Eine andere Positionierung macht Stützen möglicherweise unnötig. Zudem besteht die Möglichkeit, ein spezielles additives Design anzuwenden. Dann wird ein Bauteil so konstruiert, dass erst gar keine abfallenden Flächen vorkommen.
  • Wanddicke: Mit dünneren Wänden erreicht man im 3D-Druck mehr Stabilität und bessere Oberflächen. Das klingt paradox, ist aber eigentlich logisch. Denn im Metalldruck bedeutet mehr Volumen auch mehr Deformierung beim Abkühlprozess. Zu viele Volumenknotenpunkte führen zum Beispiel beim DLMS zu Rissbildung.
  • Vorbereitung: Schon im Vorfeld ist es wichtig, dass sich alle Beteiligten detailliert über das Bauteil austauschen. So müssen vielleicht nicht sämtliche Oberflächen perfekt sein. An später nicht sichtbaren Stellen können Flächen durchaus rauer sein, ohne die Funktion des Bauteils zu stören. Solche Details können sich stark auf die Kosten auswirken und über den Erfolg eines Projektes entscheiden.
  • Aufmaß und Nachbearbeitung: Manches funktioniert einfach nicht im 3D-Druck. Wer das vorab weiß, erspart sich viel Aufwand und Frust. Bei hohen Genauigkeitsanforderungen muss häufig subtraktiv nachgearbeitet werden. Das gilt zum Beispiel für Passungen und Gewinde. Große Präzision lässt sich additiv nur mit hohen Kosten erreichen.
  • Richtige CAD-Datei: Die meisten Drucker lesen das Dateiformat STL. Die Ausgabe der Konstruktionsprogramme geschieht aber in der Regel in Formaten wie STEP oder Parasolid. Diese müssen also erst in STL konvertiert werden, wobei immer wieder Fehler passieren. Der Trick: Die CAD-Datei wird zunächst in STEP exportiert. Danach erst erfolgt eine STL-Aufbereitung, um die richtige Auflösung zu erhalten.

Frederick Rindle, Redakteur Konradin-Industrie
Bild: Tom Oettle

3D-Druck als Möglichmacher

Der industrielle 3D-Druck bietet fantastische Möglichkeiten, Bauteile hinsichtlich ihres Gewichts und ihrer Funktionen zu optimieren. Wenn diese Vorteile auf eine digitale Fertigungswelt treffen, ist auch die Serienfertigung von individuellen Produkten wirtschaftlich darstellbar.

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