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„Die Standards werden in den nächsten ein bis zwei Jahren gesetzt“

RWE-Managerin Carolin Reichert zu den Herausforderungen der Elektromobilität
„Die Standards werden in den nächsten ein bis zwei Jahren gesetzt“

Die Ladeinfrastruktur für Elektroautos ist für Carolin Reichert die Innovationsbasis bei der Elektromobilität. Für die Leiterin E-Mobility bei der RWE Effizienz GmbH setzt die „intelligente“ Ladesäule, vernetzt mit Infrastrukturbetreibern, Stromnetz und Elektroauto, den Standard.

Ist der deutsche Massenmarkt für Elektroautos die Voraussetzung, damit die heimischen Hersteller weltweit die Standards setzen können?
Ein Massenmarkt in Deutschland wie in vielen anderen Ländern dürfte erst ab 2015 entstehen. Und zwar dann, wenn die etablierten Hersteller Serienfahrzeuge in größeren Stückzahlen produzieren und die Kosten sinken. Die Entscheidung darüber, wer die Standards definiert und seine Technologie weltweit exportiert, wird aber viel früher getroffen. Sie fällt in den nächsten ein bis zwei Jahren.
Kann Deutschland vorn mitmischen?
Zumindest haben wir sehr gute Voraussetzungen. Deutschland hat eine starke Automobilindustrie und ist überaus kompetent bei Energietechnik, erneuerbaren Energien und der Netzinfrastruktur. Wenn die Bundesregierung jetzt zügig die richtigen Rahmenparameter setzt und einen Zeitplan definiert, haben wir gute Chancen, die Technologien zu prägen.
Können staatliche Anreizprogramme dies beschleunigen?
Bis die Preise für Elektroautos denen der Verbrenner vergleichbar sind, wird es einige Zeit dauern. 2015 könnte es so weit sein. Bis dahin braucht es sicherlich Anreize. Dabei ist der einmalige Zuschuss beim Fahrzeugkauf nur eine Möglichkeit. Einfache, relativ haushaltsschonende Maßnahmen sind etwa kostenlose Parkplätze für E-Mobile in Innenstädten, aber auch Busspuren für Elektrofahrzeuge oder eine stärkere Spreizung der Kfz-Steuer. Diese Anreize kosten wenig, bringen aber sehr viel. Dazu erhoffe ich mir noch in diesem Jahr Aussagen der Bundesregierung.
Hersteller wie Nissan oder Renault werden ab 2010 Elektroautos in Großserie produzieren. Verlieren die deutschen Hersteller den Anschluss?
Nein, sie sind sehr ambitioniert. Daimler will etwa in 2012 den E-Smart in Serie bringen, BMW plant ab 2013 ein Serienfahrzeug und VW hat auf der Autoshow in Peking angekündigt, bereits 2011 in China ein Batterieauto zu produzieren und zu testen, in Deutschland will VW dann zwei Jahre später nachziehen. Mancher ausländische Hersteller hat zwar ein Jahr Vorsprung. Man sollte dies aber nicht dramatisieren. Deutschland hat beste Chancen, hier eine führende Rolle zu spielen. Allerdings müssen wir jetzt Gas geben, was die Unternehmen ja auch tun. Und die Politik jetzt hoffentlich auch. Wir brauchen jetzt schnell die richtigen Rahmenbedingungen und Planungssicherheit.
Wettbewerbsfähig ist das reine Elektroauto noch lange nicht, die Reichweite ist zu gering, der Batteriepreis zu hoch…
Das sehe ich anders. Bei rein elektrischen Autos wird die Reichweite begrenzt bleiben. Diese sind sehr gut für die Stadt geeignet. Es gibt aber auch Konzepte wie Plug-in-Hybrid und Range Extender, die darin nicht limitiert sind und dennoch zu 90 Prozent elektrisch fahren. Diese Problematik wird also gelöst durch unterschiedliche Fahrzeugkonzepte. Zudem zeichnen sich in puncto Ladezeit sehr große Innovationssprünge ab.
Woran machen Sie das fest?
Die Gleichstromladung erlaubt superschnelle Ladezeiten. Auf Super Fast Charging, das hat die Pekinger Auto-Show gezeigt, konzentrieren sich die Chinesen sehr stark. Dies ermöglichen aber erst die neuen Batterietechnologien – und wird deshalb frühestens in fünf Jahren in der Praxis relevant.
Was ist erforderlich, um landesweit eine herstellerneutrale Ladeinfrastruktur für Elektroautos aufzubauen?
Herstellerneutral sind alle Ladesäulen. Jede Station muss mit jedem Fahrzeug kommunizieren können. Die eigentliche Herausforderung besteht darin, eine nachhaltige und massenmarktfähige Infrastruktur aufzubauen, die standardkonform sein muss. Damit ist nicht nur der vielzitierte Steckerstandard gemeint, sondern zum Beispiel auch die Identifikation des Kunden an der Ladesäule. Hier wird oft die Funktechnologie RFID ins Spiel gebracht, für die es aber keinen Standard gibt. Das hilft also nicht. Wir brauchen vielmehr eine Standardisierung sowohl von Stecker und Kundenerkennung als auch der Daten- und Kommunikationsschnittstelle zwischen Ladestation und Elektroauto. Hiervon sind die meisten Ladeinfrastrukturhersteller meist weit entfernt. RWE hat das Thema früh als Aufgabe erkannt und Vorschläge in die jeweiligen Gremien eingebracht.
Könnte RFID dennoch ein Weg werden?
Im Falle von RFID käme heute eine beliebige Lösung zum Zuge. Das ist vielen nicht bekannt. Man müsste sich also zunächst auf eine bestimmte RFID-Technologie festlegen. Sonst hat man zwar den Stecker vereinheitlicht, muss sich aber an jeder Säule mit einer anderen Karte identifizieren. Darüber hinaus ermöglicht RFID keine Eins-zu-Eins-Zuordnung zwischen Ladesäule und Elektroauto. Für eine optimale Integration von Elektroauto und erneuerbaren Energien ist das aber notwendig.
Ohne Vernetzung also keine nachhaltig zukunftsfähige Infrastruktur?
Ganz entscheidend wird es sein, Ladestationen mit anderen Infrastrukturbetreibern, mit dem Stromnetz und dem Auto zu vernetzen. Denn nur dadurch und durch die bidirektionale Kommunikation ist es möglich, auf Basis von erneuerbaren Energien hergestellten Strom effizient Auto zu nutzen und die Netzlast zu steuern. Sonst müsste das Stromnetz teuer ausgebaut werden. Eine Infrastruktur, die nicht, Standard-konform oder schnellladefähig ist, wird irgendwann teuer ersetzt werden. Am Ende zahlt das der Kunde.
Bis wann wird es dazu kommen?
Die Bundesregierung muss entsprechende Vorgaben machen. Daran werden sich die Hersteller orientieren. Unsere Technologie erfüllt diese Anforderungen bereits heute. Vielleicht müssen wir an dem Thema Stecker-Standard noch etwas nachjustieren. Wir sind aber zuversichtlich, dass sich unser Standardisierungsvorschlag durchsetzen wird. Ich halte es für realistisch, dass die Regierung noch Ende dieses Jahres entsprechende Vorgaben macht. Dann wird zügig eine Infrastruktur aufgebaut, vor allem in Ballungsgebieten.
Erfordert der Plan der Regierung für eine Million Elektroautos bis 2020 ein dichtes öffentliches Ladenetz? Oder wird es reichlich Alternativen geben wie etwa Stationen im Privatbereich?
Beides. Elektroautos im Jahr 2020 werden sehr schnell geladen, vor allem in der Garage. Aber auch im öffentlichen Bereich müssen entsprechende Ladestationen stehen. Das Thema 2020 ist jedoch sehr weit weg. Wenn wir uns darauf konzentrieren, haben wir den internationalen Wettlauf bereits verloren. Wer hier weit vorne sein wird, entscheidet sich bereits in den nächsten zwei bis drei Jahren.

Deutscher Elektro-Mobil-Kongress geht in die zweite Runde

Veranstaltungs-Tipp

Am 17. und 18. Juni startet der Zweite Deutsche Elektro-Mobil-Kongress im Bonner World Conference Center durch. Im Vorjahr ist es der Veranstaltung gelungen, sich als Leitkongress zur Elektromobilität in Deutschland zu etablieren. Erstmals können die Teilnehmer auf einer Teststrecke Strommobile erproben, betont der Veranstalter Nova-Institut GmbH aus Hürth.
Auf der Agenda: Aktuelle Ansätze nationaler und internationaler Strategien und Forschungsschwerpunkte / Technische Entwicklungen im Bereich der Elektromobilität / Leistungsfähigkeit, Zuverlässig und Sicherheit der Batterietechnik / Marktstrukturen und die Akzeptanz von Elektroautos / Geschäftsideen von OEMs, Zulieferern und Energieanbietern / Entwicklungen in Asien / Fragen der Nachhaltigkeit oder der Infrastrukturierung in Städten und Kommunen / Modellprojekte des BMWi und BMU sowie von NRW / Lokale Feldversuche / Gesellschaftliche und energiewirtschaftliche Aspekte
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