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Treibende Kraft der Zukunft

Lithium-Luft-Batterien: Herausforderungen und Entwicklungsperspektiven
Treibende Kraft der Zukunft

Die Lithium-Luft-Technologie gilt als aussichtsreiche Lösung für die nächste Batterie-Generation. Deren hohe gravimetrische Energiedichte zielt auf Reichweiten ab, die bislang nur für verbrennungsmotorische Fahrzeuge möglich sind. Selbst eine 10 bis 20 Jahre dauernde Entwicklungszeit lohnt deshalb allemal.

Für moderne Elektrofahrzeuge werden effiziente, sichere und kostengünstige Energiespeicher mit großer gravimetrischer und volumetrischer Energiedichte benötigt. Hier sind Lithium-Ionen-Batterien kurz- und mittelfristig die klar favorisierten Speicher. Einfache Abschätzungen zeigen jedoch, dass das Entwicklungspotenzial dieses Speichertyps bezüglich höherer Energiedichte auf Zellebene bei nur etwa 50 % liegt. Daher wird intensiv nach Speicherlösungen „beyond Lithium“ gesucht.

Wiederaufladbare Metall-Sauerstoff- und Lithium-Schwefel-Systeme bieten sich hier langfristig als aussichtsreiche Lösungen an. Es ist insbesondere die hohe gravimetrische Energiedichte von Lithium-Sauerstoff-Batterien im Vergleich zu allen anderen Batteriesystemen, die diesen Speichertyp so attraktiv für batteriebetriebene Fahrzeuge machen und damit auf Reichweiten abzielen, wie sie bislang nur für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor möglich sind.
So attraktiv dieses Ziel auch erscheint, so groß sind die wissenschaftlich-technischen Hürden, die einer Umsetzung noch entgegenstehen. Das Besondere am Speichersystem Lithium/Sauerstoff ist die sogenannte „Luftelektrode“: Hier reagiert der Luftsauerstoff beim Entladen mit Lithium zu Li/O-Verbindungen und wird als Feststoff (vorzugsweise Li2O2) eingelagert. Beim Laden wird der Sauerstoff dann wieder als Gas in die Umgebung abgegeben. Im Gegensatz zu Lithium-Ionen-Batterien handelt es sich – wie bei einer Brennstoffzelle – um ein offenes System. Worin aber bestehen die Hürden für den praktikablen Einsatz einer solchen Lithium-Luft-Batterie? Und wie lange kann es noch dauern, bis diese Hürden überwunden werden?
Eine Lithium-Luft-Zelle besteht grundsätzlich aus folgenden drei Komponenten: Elektrolyt, Gasdiffusions(O2-)elektrode („Luft-Kathode“) und einer Lithium-haltigen (vorzugsweise metallischen) Anode. Jede dieser Komponenten muss bestimmten Anforderungen genügen, um in wiederaufladbaren Lithium-Luft-Batterien eingesetzt werden zu können.
Elektrolyt: Das Elektrolytsystem muss neben einer guten ionischen Leitfähigkeit und Sauerstofflöslichkeit eine hohe elektrochemische Stabilität gegenüber der metallischen Lithium-Anode und den Reaktionsprodukten in der Luft-Kathode aufweisen. Aus der Lithium-Ionen-Batterietechnik bekannte Elektrolyte können hier aufgrund ihrer viel zu geringen elektrochemischen Stabilität nicht eingesetzt werden. Hier bieten ionische Flüssigkeiten eine Lösungsmöglichkeit, da mit diversen anionischen und kationischen Verbindungen eine Vielzahl von Elektrolyteigenschaften variiert und an die Anforderungen in Lithium-Luft-Zellen angepasst werden können.
Positive Elektrode: Für die Luftkathode werden hohe Stromdichten gefordert, gepaart mit hoher Effizienz, das heißt hohe Reaktionskinetik und hohe elektrische Leitfähigkeit. Hier stehen Entwicklungen für den Einsatz von speziellen bi-funktionalen Katalysatoren im Fokus, die eine O2-Reduktion beim Entladen und eine O2-Erzeugung beim Laden beschleunigen und dabei nicht degradieren, also elektrochemisch und morphologisch stabil bleiben.
Des Weiteren müssen diese Luftkathoden offenporös sein. Sie sollen einerseits vom Elektrolyten durchdrungen werden und andererseits „atmen“ können, das heißt eine ausreichende Zu-/Abfuhr des Sauerstoffs ermöglichen. Die elektrochemischen Reaktionen finden an den 3-Phasengrenzflächen (O2/ Elektrolyt/Elektrode) statt. Die Entladeprodukte (vorzugsweise Li2O2) reichern sich im Wesentlichen als Feststoff in der Batteriezelle an und können im Extremfall in der Luftkathode zum Verstopfen der Poren führen.
Hier bieten sich hochporöse Substrate als Trägermaterial für Katalysatoren an. Zurzeit wird mit unterschiedlichen Modifikationen von Kohlenstoffen experimentiert, die als Nanofasern, Nanotubes und Aerogelen eine gute elektrische Leitfähigkeit gepaart mit einer sehr hohen spezifischen Oberfläche aufweisen. Dies ermöglicht sowohl eine hohe Aufnahmekapazität für die Reaktionsprodukte (-> elektrische Speicherkapazität) als auch eine hohe Reaktionsfähigkeit (-> elektrische Leistung).
Negative Elektrode: Neben der bi-funktionalen Luftkathode beeinflusst die metallische Lithium-Anode entscheidend die Wiederaufladbarkeit und Zyklenlebensdauer dieses Batterietyps. Die hohe spezifische Kapazität und das niedrige Potenzial in der elektrochemischen Spannungsreihe machen metallisches Lithium so zu einem attraktiven Kandidaten für Lithium-Luft-Batterien. Das Hauptproblem der Lithium-Anode besteht in der Bildung von Dendriten beim Aufladen, die bereits nach wenigen Zyklen zum Ausfall der Zelle infolge Kurzschluss führen können. Hier bieten Lithium-Silizium-Legierungen eine interessante Alternative: Im Gegensatz zu Lithium neigt Silizium bei annähernd gleich hoher spezifischer Kapazität nicht zum Dendritenwachstum. Allerdings durchläuft Silizium beim Laden und Entladen (Lithiierung/Delithiierung) eine große Volumenausdehnung, die zu Rissbildungen od r gar Ablösung von der Ableit-Elektrode führen.
Aktuelle Entwicklungen verfolgen daher im Wesentlichen die folgenden zwei Strategien:
  • Verbesserung der mechanischen Kontakte zwischen den Siliziumpartikeln, dem Leitruß und dem Stromableiter während des Zyklisierens durch Einsatz spezieller organischer Binder;
  • durch Einsatz von nanostruktuiertem Silizium wird eine Volumenausdehnung ermöglicht, ohne dass der elektrische Kontakt zur Ableitelektrode verloren wird.
Zusammengefasst liegen die Entwicklungsschwerpunkte zur Verbesserung der Effizienz und Zyklierbarkeit von Lithium-Luft-Batterien in der Erhöhung der Stromdichte und der Aufnahmefähigkeit der Luftkathode für das Entladeprodukt Li2O2. Des Weiteren müssen sichere und stabile Metallanoden entwickelt werden, die eine hohe Kapazität und Zyklenstabilität aufweisen.
Um Lithium-Luft-Batterien als Hochenergiespeicher für elektromobile Anwendungen nutzbar zu machen, sind noch erhebliche Anstrengungen erforderlich. Berücksichtigt man jedoch, dass auch im Fall der LithiumIonen-Batterie erst nach mehr als 30 Jahren intensiver Forschung und Entwicklung der Übergang von der Nickel-Hydrid-Technologie gelang, dann sollte ein recht langer Entwicklungszeitraum von 10 bis 20 Jahren für den Übergang zur Lithium-Luft-Technologie nicht überraschen – aber auch nicht entmutigen. In Anbetracht des technischen Potenzials ist dieser Weg allemal lohnend.
Prof. Dr. Bernd Günther Dr.-Ing. Julian Schwenzel Projektgruppe „Elektrische Energiespeicher“, Fraunhofer IFAM, Bremen und Oldenburg
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