Abwärmenutzung | Darauf musste erst mal einer kommen: Henze, Hersteller von Kunststoffrohren, dreht die Rohre in die Vertikale und macht daraus Behälter. Die Profile in der Doppelwandung bieten sich zum Temperieren mit Abwärme an – so geschehen für Bitumen-Emulsionen.
Die Henze GmbH sieht sich als ein marktführender Hersteller von Kunststoffrohren und -schächten, wie sie bei Wasser- und Abwassersystemen zum Einsatz kommen. Mit seinen Wickelrohren, deren Doppelwandprofile hohe Qualitäts- und Sicherheitsansprüche erfüllen, konnte der Troisdorfer Anbieter jetzt in der Anlagentechnik Fuß fassen. Der Kunststoffspezialist aus dem Rhein-Sieg-Kreis nutzte sein Know-how erstmals, um Lager- und Behandlungsbehälter für eine Bitumen-Emulsion zu errichten, die im Straßenbau benötigt wird.
Das richtige Ansetzen und Vorhalten einer Bitumen-Emulsion für weitere Produktionsschritte hängt stark davon ab, ob eine Temperatur von cirka 70 °C im Behälterinneren aufrecht erhalten werden kann. Zusätzlich stabilisieren Emulgatoren das Gemisch – eine wässrige Lösung mit fein verteiltem Bitumen in Wasser.
Sollte die Medientemperatur unter einen bestimmten Wert fallen, wird die Emulsion gebrochen und das Bitumen fällt aus und verklebt. Deshalb ist eine konstante Temperatur für den Prozess so wichtig. Da in der Fertigung des Anlagenbetreibers betriebliche Abwärme in Form von Heißwasser anfällt, lag es nahe, diese zum Temperieren zu nutzen.
Mit seiner neuartigen Konstruktion konnte Henze sowohl die Anforderungen an die Lagerung und Behandlung des Mediums als auch an die Temperaturkonstanz erfüllen. Entscheidend dafür war, dass sich die innerhalb der Rohrwandung spiralförmig verlaufenden Profile zur Kühlung eignen. Im hier vorliegenden Fall wird das Lagermedium jedoch aufgeheizt. Dazu wird das aus der Produktion stammende Heizwasser in die Profilwendel der doppelwandigen Wickelrohre des senkrecht stehenden Behälters gepumpt.
Die doppelwandigen Rohre sind so konstruiert, dass sie nicht nur die Lagerung von Medien und ihre Temperierung übernehmen können, sondern sich auch für die Dichtheitskontrolle nutzen lassen. Die Überwachung des Doppelwandprofils kann mittels elektrischer Widerstandsmessung erfolgen, mithilfe von Sonden oder durch Überdruck- beziehungsweise Unterdruckmessung.
Gefertigt sind die Henze’schen Profilwickelrohre und also auch die Doppelwandbehälter aus Polypropylen Homopolymerisat PP-H/BE 60 von Borealis. Dieser Werkstoff ist für seine sehr guten thermischen und mechanischen Eigenschaften bekannt und war laut Michael Florin, Diplomingenieur und Projektverantwortlicher bei Henze, „erste Wahl für den vorliegenden Anwendungsfall.“
Die Rohrausführung erfolgte gemäß DIN 16961 mit DN 2000 Innendurchmesser und 5900 mm zylindrischer Höhe. Die allgemeine Zulassung Z-40.21-209 des DIBT ist die Basis für die statische Auslegung.
Die wichtigen Parameter Energieeintrag, Isolierung und Wärmeverlust wurden ebenfalls vom Hersteller berechnet. Das Nutzvolumen beträgt 15 m³ je Behälter bei druckloser Lagerung und Behandlung des Mediums. Als Auslegungstemperatur wurde 70 °C bei 25 Jahren Lebensdauer gewählt. Der Sicherheitsfaktor ist standardmäßig 2. Seitliche Stutzen fließen in die statische Betrachtung ein. Die Behälter haben je einen flachen Boden und einen Deckel, auf dem Rührwerke betrieben werden, fixiert auf Traversen.
Das neuartige System bietet sogar die Möglichkeit, die Stutzen in der Behälterwand zu überbrücken, so dass sie den Fluss des Heizmediums im Profil nicht stören. Zum gezielten Umleiten des Heizmediums dienen spezielle Stutzen, die über eine Heizelementmuffenschweißung den kompletten Wandungsquerschnitt hermetisch abriegeln. Die Anschlüsse der Überbrückung wurden jeweils vor und nach jedem „Wasserstopp-Stutzen“ geschalten.
Damit der Wärmeübergang zum Medium möglichst groß ist, hat Henze die Wanddicke der Grundlage (Inliner) klein gewählt. Dagegen wurde die Wanddicke der Decklage zur besseren Isolierung und zum Erreichen der statisch erforderlichen Gesamtwanddicke groß gewählt.
Alles in allem erforderte die Anwendung „Bitumen-Emulsion“ eine sehr angepasste Lösung – wie sie sich aber auch für andere Einsatzfälle entwickeln lässt. So setzen die Lager- und Behandlungsbehälter eine spezielle Spezifikation der Wandung und ein exklusives Produktdesign voraus, das sich an die Anwendung flexibel anpasst. „Nur so war es möglich, die Heizkosten zum Betreiben der Behälter komplett einzusparen“, betont Michael Florin.
„Gerade diese Individualität, dieses Eingehen auf Probleme und ihre Lösung sind Stärken, die wir auch für neue Aufgabenstellungen im Anlagenbereich jederzeit wieder abrufen können“, ist sich Florin nach dem erfolgreich abgewickelten Projekt sicher. (os) •
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