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Moderne Akkus entwickeln sich zu Gewinnbringern

Speicher für Solarstrom werden rentabel
Moderne Akkus entwickeln sich zu Gewinnbringern

Für das Gelingen der Energiewende besitzen Energiespeicher eine Schlüsselrolle. Damit dezentral erzeugter Strom auch vor Ort verbraucht werden kann, muss er oft zwischengespeichert werden. Technisch ist das kein Problem – und mit billigeren Batterien bald auch wirtschaftlich.
Weil die Preise für Solaranlagen innerhalb der vergangenen Jahre deutlich gesunken sind, haben viele Privatleute und auch Kleinbetriebe Photovoltaik(PV)-Anlagen auf den Dächern ihrer Häuser und Gebäude installiert. In der gleichen Zeit sind die Preise für den Strom vom Versorger kräftig gestiegen. Der selbsterzeugte Strom vom Dach kostet für Privatkunden heute oft nur noch rund die Hälfte von dem, was sie dafür beim Versorger bezahlen müssten. Es liegt also nahe, möglichst viel des Solarstroms selbst zu nutzen. Doch nur selten sind Stromangebot und -nachfrage deckungsgleich. Je nach Größe der PV-Anlagen und je nach Dauer der Sonneneinstrahlung gibt es mal zu wenig und mal zu viel Solarstrom.
Batterien im Keller von Privathäusern oder im Technikraum von Gewerbebetrieben könnten das Problem zwar technisch lösen. Sie können den nicht benötigten Sonnenstrom tagsüber speichern und ihn abends an Elektrogeräte oder Lichtquellen abgeben. „Bis zu 60 Prozent des selbst erzeugen Ökostroms könnten so übers Jahr mit Hilfe der Energiespeicher selbst genutzt werden“, sagt Dr. Carsten Tschamber vom Solar Cluster Baden-Württemberg. Doch bislang war dies nicht wirtschaftlich. Batterien sind als Energiepuffer immer noch teuer und die Kosten nur selten durch die Ersparnisse refinanzierbar, die sich aus dem Eigenverbrauch ergeben.
Das wird sich jedoch bald ändern. Die Preise für Batteriespeicher sind allein 2014 um 25 % gesunken. Weitere Preissenkungen sind absehbar „Die Preise für Batteriespeicher werden in den nächsten Jahren sicher weiter fallen, insbesondere in dem schon stark umkämpften Bereich der kleinen Heimspeicher“, sagt Dr. Peter Eckerle vom Verein Storegio Energiespeichersysteme in Ludwigshafen. „Schon heute kann im Privatbereich eine gut ausgelegte PV-Speicher-Kombination wirtschaftlich besser als PV alleine sein. Mit günstigeren Preisen und etwas steigenden Stromkosten erwarten wir hier eine starke Marktentwicklung, so der Storegio-Geschäftsführer.
Die Kosten für ein System mit Lithium-Ionen-Batterie inklusive Montage liegen derzeit zwischen 1000 und 1300 Euro pro Kilowattstunde. Bis 2018 werde der Preis voraussichtlich auf unter 800 Euro fallen, sagt Tschamber. Dieser Wert markiert laut Experten die Grenze, unter der Kleinspeicher mehr einbringen als sie kosten. „Wird er unterschritten, werden die Speicher zum festen Bestandteil von Photovoltaikanlagen“, ist der Geschäftsführer des Solar Clusters Baden-Württemberg überzeugt. Wenn sich flächendeckend variable Strompreise durchsetzen, haben Energiespeicher einen zusätzlichen Vorteil: „Durch das Laden eines Stromspeichers in lastschwacher Zeit und das Entladen bei Spitzenbedarf verringern sie den Strombezug in Zeiten hoher Strompreise“, sagt Tschamber.
Energiespeicher als Multitalent
Für Unternehmen allerdings dauert es in der Regel noch etwas länger, bis sich die Batterien als Energiepuffer rechnen. „Im gewerblichen Bereich ist die Eigenverbrauchsoptimierung aufgrund der niedrigeren Energiepreise und besseren Möglichkeiten, PV-Strom direkt zu verbrauchen, noch nicht attraktiv“, betont Storegio-Geschäftsführer Eckerle. Es gibt aber Ausnahmen: „Wenn Gewerbebetriebe die Batterien nicht nur als Energiepuffer, sondern auch als Notstromaggregat nutzen, um Spannungsschwankungen auszugleichen oder Spannungsspitzen zu kappen, könnten sich Batterien für Kleinbetriebe auch schon heute bezahlt machen“, sagt Dr. Werner Tillmetz vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg in Ulm.
Der ZSW-Vorstand und Leiter des Geschäftsbereichs Elektrochemische Energietechnologien kennt Firmen, die mit einer Kombination aus Blockheizkraft-Werk, Photovoltaik und Speicher sogar dezentral Strom erzeugen und die elektrische Energie nicht nur selbst nutzen, sondern den Überschuss ins Stromnetz einspeisen. „Das ganze scheint sehr rentabel“, sagt Tillmetz. Nach Berichten der Unternehmen habe sich die Investitionen bereits innerhalb von 18 Monaten amortisiert, betont der Forscher.
Es gibt unterschiedliche Methoden, um elektrische Energie zu speichern. Bei der Versorgung von Gebäuden und Kleinbetrieben mit regenerativen Energien werden heute überwiegend Batterien genutzt, welche die elektrische Energie aus den Photovoltaikanlagen durch einen elektrochemischen Prozess speichern. Hier haben Lithium-Ionen-Speicher längst die alten Blei-Säure-Batterien abgelöst. Sie erzielen nicht nur eine höhe Energiedichte, sondern zeigen auch eine geringere Selbstentladungsrate. Alternativ werden im Gebäudebereich Systeme genutzt, die elektrischen Strom in Wärme umwandeln. So können beispielsweise Heizungsanlagen mit Hilfe einer Wärmepumpe elektrische Energie aus Solar- oder Windkraft in Form von warmem Wasser speichern.
Richtige Wahl des Speichers entscheidend
Die Anforderungen an Stromspeicher sind je nach Einsatzbereich sehr unterschiedlich: Schwankungen im Stromangebot müssen Stromspeicher im Millisekundenbereich bis hin zu einigen Stunden abfedern können. Zur Sicherung einer unterbrechungsfreien Stromversorgung, beispielsweise für empfindliche medizinische Geräte, müssen sie den Strom teilweise innerhalb von nur10 ms liefern können. Für die Abfederung von Angebotsschwankungen im Stundenbereich ist vor allem die Speicherkapazität entscheidend. Wenn möglichst schnell eine große Strommenge gespeichert oder abgegeben werden muss, ist dagegen die erreichbare Leistung entscheidend.
Für mobile Anwendungen wie Elektrofahrzeuge wiederum ist die Energiedichte eine ausschlaggebende Größe, weil es hier auf ein geringes Gewicht und Volumen des Stromspeichers ankommt. Weitere Zielgrößen sind vor allem für elektrochemische Speichersysteme die Zyklenfestigkeit, wie oft also ein Speicher be- und wieder entladen werden kann. Ausschlaggebend für die Kosteneffizienz aller Speichertechnologien ist ihr Wirkungsgrad. Je größer der Anteil der zugeführten Energie, die mit dem Speichern verloren geht, desto höher die Kosten und desto ineffizienter ist der Speicher.
Die Auswahl eines passenden Speichersystems für den jeweiligen Einsatzbereich ist nicht einfach. „Der Markt ist in Bezug auf das Verhältnis von Preis und Leistung völlig undurchsichtig“, sagt Dr. Olaf Wollersheim, Leiter des Projekts Competence E am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Es würden Systeme verkauft, die seien ihr Geld in puncto Performance nicht wert, so der Forscher. Das Karlsruher Institut hat eine Vielzahl unterschiedlicher Lithium-Ionen-Zellen getestet. „Von nahezu allen am deutschen Markt verfügbaren Systemen kennen wir die darin verbauten Zellen sehr genau. Die Speicher haben völlig unterschiedliche Preise, aber der Preis allein sagt noch nichts aus über deren Wirtschaftlichkeit und Performance“, weiß Wollersheim (siehe Kasten). In den Performancetests hatten einige Zellen schon nach 1000 Vollzyklen 2 0% ihrer Kapazität verloren. „Mit solchen Kapazitätseinbrüchen lassen sich stationäre Speicher kaum noch wirtschaftlich betreiben“, sagt der Forscher.
Mit der wachsenden Zahl der Anbieter wird der Markt für Speicherbatterien zudem unübersichtlicher. Neben traditionellen Batterieherstellern bieten zunehmend auch Automobilhersteller Lithium-Ionen-Speicher für das Energiemanagement von Solaranlagen an. Die Autofirmen bauen schon heute riesige Fertigungskapazitäten für Lithium-Ionen-Batterien auf, die eines Tages die wachsende Zahl der Elektroautos mit Energie versorgen sollen.
Als erster Autobauer hat Tesla im Vorjahr einen Energiespeicher für Privathäuser vorgestellt. Die „Powerwall“ ist eine Batterie aus flüssigkeitsgekühlten Lithium-Ionen-Zellen mit Kapazitäten von 7 und 10 kWh. Wenige Monate später gab die Daimler-Tochter Deutsche Accumotive ebenfalls den Einstieg in den Markt für PV-Stromspeicher bekannt. Der stationäre Energiespeicher, der für die Anforderungen im Automobil entwickelt wurde, speichert überschüssigen Strom nahezu verlustfrei und besitzt eine Ladekapazität von 2,5 kWh. Die Solarspeicher könnten auf insgesamt acht Batteriemodule zu einem Speicher von 20 kWh erweitert werden, heißt es. Der Accumotive-Speicher erreicht 4000 Vollzyklen und einen Systemwirkungsgrad von über 97 %.
Auch der Münchner Autohersteller BMW will in das Energiegeschäft einsteigen. Ähnlich wie die Konkurrenten Tesla und Daimler wollen die Bayern Akkus, die sonst im Elektroauto i3 verwendet werden, als heimischen Speicher für Strom anbieten. Diese mobilen Batterien seien für stationäre Aufgaben durchaus geeignet, sagt ZSW-Vorstand Tillmetz. „Die für die Lebensdauer entscheidenden Anforderungen sind für stationäre Speicher sogar entspannter“, so der Batterieforscher. Weil die Umgebungstemperaturen gleichmäßig sind und die Speicher mit moderaten Strömen geladen werden, seien bis zu 10000 Ladezyklen durchaus realistisch, betont Tillmetz.
Energiedichte wird weiter optimiert
Obwohl die Batterieentwicklung schon weit fortgeschritten ist, können selbst die besten Lithium-Ionen-Batterien heute noch nicht mit der Energiedichte von Treibstoffen konkurrieren. Aktuelle Lithium-Ionen-Akkus besitzen in der Regel eine Energiedichte von rund 200 Wattstunden pro Kilogramm. „Will man die Energiedichte der Zelle steigern, hat man zwei Möglichkeiten: Man versucht einerseits die elektrische Spannung in der einzelnen Batteriezelle durch neue Materialien zu erhöhen und andererseits die Kapazität des Aktivmaterials zu optimieren“, erläutert der ZSW-Forscher.
Folglich müssen Elektroden entwickelt werden, die möglichst viele Lithium-Ionen aufnehmen können. Dabei gilt: Je höher die Spannung, bei der gespeichert wird, desto höher ist auch die Reaktivität des Elektrodenmaterials mit dem Elektrolyten. Forscher weltweit versuchen, diese Hürde dadurch zu überwinden, dass sie verschiedene Materialien miteinander kombinieren. Bislang hat man jedoch noch nicht die optimale Kombination von Elektrodenmaterialien und Elektrolyten gefunden.
Neben der Verbesserung der Lithium-Ionen-Akkus arbeiten die Entwickler an neuen Batterietypen. Doch weder die Lithium-Schwefel- noch die wegen ihrer hohen Energiedichte gepriesenen Lithium-Luft-Akkus haben den Weg in die breite Anwendung gefunden. Hier sei noch große Forschungsarbeit zu leisten, sagt ZSW-Chef Tillmetz.
Hans Schürmann, Freier Journalist in Dormagen
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 6
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