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Regulierung für Stromspeicher?

Recht: Stromspeicherbetreiber sind auf einem mindestens bundesweiten Markt tätig und daher keine Monopolisten
Regulierung für Stromspeicher?

Stromspeicher wie Pumpspeicherwerke oder wiederaufladbare Batterien werden vom geltenden Energiewirtschaftsrecht nur als Netznutzer erfasst. Eine besondere Regulierung, wie sie etwa Strom- und Gasnetze unterliegen, existiert für Stromspeicher bislang nicht. Sie sollte auch unterbleiben, da Stromspeicherbetreiber keine marktbeherrschende Stellung einnehmen.

Im Zuge der Energiewende soll die Stromproduktion aus erneuerbaren Energien erheblich ausgebaut werden. Wind und Sonne orientieren sich aber nicht an der Nachfrage der Stromverbraucher. Die Stromverbraucher können ihrerseits ihr Nachfrageverhalten nicht an Sonne und Wind orientieren. Strom ist nicht speicherbar und muss daher unmittelbar nachfrageorientiert produziert werden. Industrieunternehmen können ihre Produktion nicht nach dem Auftreten von Orkanböen auf der Nordsee richten. Endverbraucher möchten den Fernseher zur Live-Übertragung eines Fußballspiels anschalten und nicht erst, wenn wieder die Sonne scheint. Daher hat die Frage der mittelbaren Zwischenspeicherung von Strom an Bedeutung gewonnen.

Hierfür stehen ganz unterschiedliche Technologien zur Verfügung: Die größte praktische Bedeutung haben Pumpspeicherwerke. In Deutschland werden über 30 solcher Anlagen betrieben. In Druckluftspeicherkraftwerken wird mit Strom Luft komprimiert und in der Form von Druckenergie gespeichert und mittels Turbinen und Generatoren in Strom „zurückgewandelt“. Weltweit gibt es nur zwei Druckluftspeicherkraftwerke, eines davon in Deutschland. Strom kann auch in wieder aufladbaren Batterien gespeichert werden. So ist denkbar, die Akkus von E-Mobilflotten als Schwarmspeicher für Strom zu verwenden. Eine weitere Möglichkeit der Stromspeicherung wird als „Power-to-Gas“ beschrieben. Dabei wird Wasserstoff oder Methan hergestellt, eingespeichert und in Brennstoffzellen oder Gaskraftwerken „verstromt“. Weitere Speicherformen wie Schwungradspeicher und Kondensatoren seien hier nur kurz der Vollständigkeit halber erwähnt.
Stromspeicher haben bislang nur eine sehr rudimentäre Regelung im Energiewirtschaftsrecht erfahren. Das EnWG von 2005 enthielt noch gar keine ausdrücklichen Regelungen für Stromspeicher. Im Rahmen des Gesetzes zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze wurde dann im Jahr 2009 eine Regelung über die Befreiung von neu errichteten Pumpspeicherwerken und anderen Speicheranlagen von den Stromnetzentgelten in das Gesetz aufgenommen.
Zuvor hatte das Oberlandesgericht Düsseldorf in einem Beschwerdeverfahren eines Netzbetreibers gegen die Bundesnetzagentur entschieden, dass Pumpspeicherwerke Netznutzer seien und der von ihnen zwecks „Einspeicherung“ bezogene Strom daher netzentgeltpflichtig sei.
Die 2009 eingeführte Privilegierung wurde 2011 verlängert und um eine Regelung für die Erweiterung bestehender Pumpspeicherwerke ergänzt, um den Anreiz für Investitionen in Stromspeicher zu erhöhen. Power-to-Gas-Anlagen wurden zudem von den Entgelten für den Gasnetzzugang befreit. Im Übrigen wurde Stromspeicherbetreibern ausdrücklich ein Anspruch auf Anschluss an das Stromnetz eingeräumt. Das geltende Energiewirtschaftsrecht erfasst Stromspeicher bislang nur als Netznutzer. Eine besondere Regulierung, wie sie etwa Strom- und Gasnetzen unterliegen, wurde für Stromspeicher nicht eingeführt.
Das Instrument der Regulierung, insbesondere die Einräumung eines über die kartellrechtlichen Regelungen hinausgehenden Anspruchs auf diskriminierungsfreien Zugang und die staatliche Entgeltfestlegung, wird für natürliche Monopole gewählt. Typische Beispiele sind technisch oder wirtschaftlich nicht duplizierbare Infrastruktureinrichtungen. In diesen Fällen können die allgemeinen kartellrechtlichen Regelungen, die immerhin einen Zugangsanspruch zu solchen Einrichtungen gewähren, nicht ausreichend sein.
Nach den momentanen Marktgegebenheiten liegt die Tätigkeit eines Stromspeicherbetreibers im „Kauf“ von Strom zur Einspeicherung und im anschließenden „Verkauf“ von „ausgespeichertem“ Strom. Der Speicherbetreiber ist heute primär Anbieter auf dem Strommarkt. Denkbar ist aber, dass sich künftig – wie bei Gasspeichern – ein eigener Markt für Speicherleistungen entwickelt, auf dem Stromerzeuger, zum Beispiel aus erneuerbaren Energien, den von ihnen erzeugten Strom gegen Entgelt bei einem Stromspeicherbetreiber einspeichern, um ihn zu einem späteren Zeitpunkt auf dem Stromhandelsmarkt zu veräußern.
Welche Betrachtung man auch wählt: die Einführung einer Regulierung für Stromspeicher sollte unterbleiben. Sieht man die Tätigkeit des Stromspeicherbetreibers als eine auf dem von dem Bundeskartellamt abgegrenzten, das Bundesgebiet und Österreich umfassenden Markt für die Erzeugung und den Erstabsatz von Strom an, so hat ein Stromspeicherbetreiber keine marktbeherrschende Stellung auf diesen Markt inne.
Etwas anderes würde nur gelten, wenn der Stromspeicherbetreiber zu einem der wenigen Unternehmen gehört, die von dem Bundeskartellamt als marktbeherrschend auf diesem Markt angesehen wurden. Selbst dann wäre die Einführung einer Regulierung aber nicht gerechtfertigt. Nichts anderes ergibt sich, wenn Stromspeicherbetreiber als Anbieter einer Speichermöglichkeit angesehen werden. Wegen der bundesweit möglichen Stromdurchleitung wäre in diesem Fall von einem bundesweiten Stromspeichermarkt auszugehen. Es liegt dann kein natürliches Monopol und regelmäßig auch keine marktbeherrschende Stellung des einzelnen Speicherbetreibers vor. Wenn sich aber noch nicht einmal bei Geltung des Kartellrechts Zugangsansprüche Dritter ergeben würden, spricht dies sehr gegen die Einführung einer Regulierung. Im Ergebnis sollte man es also dem Wettbewerb überlassen, ob sich ein eigener Markt für Stromspeicherleistungen entwickelt.
Der Wettbewerb wird entscheiden, ob Pumpspeicherwerke ertüchtigt und ausgediente Bergwerke zu Druckluftspeichern umgebaut werden und eine Vielzahl dezentraler Batteriespeicher entstehen wird. Dies wird maßgeblich davon abhängen, ob und zu welchem Preis andere Maßnahmen zum Ausgleich der Erzeugungsschwankungen bei den Erneuerbaren Energien zu haben sind. Es wird sich dann zeigen, ob die Energiewende auch von den Verbrauchern einen Beitrag in der Form einer Änderung ihres Nachfrageverhaltens fordern wird. Bleibt zu hoffen, dass jedenfalls Fußball-Live-Übertragungen davon verschont bleiben.
Dr. Rolf Hempel
Industrieanzeiger
Titelbild Industrieanzeiger 4
Ausgabe
4.2024
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