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E-Motoren: „Wir betrachten die ganze Maschine“

E-Motoren
„Wir betrachten die ganze Maschine“

Oswald Elektromotoren legt E-Motoren exakt auf die Anforderung des Kunden aus und realisiert so effiziente Antriebe. Häufig ersetzt man Getriebemotoren und Hydrauliken oder führt Hybrid-Konzepte ein, erklärte uns Geschäftsführer Johannes Oswald.

Tobias Meyer
freier Reporter in Zirndorf bei Nürnberg

Herr Oswald, Ihr Unternehmen ist auf kleinere Serien und individuell ausgelegte Motoren spezialisiert. Welche Vorteile haben Ihre Kunden gegenüber standardisierten E-Antrieben?

Das stimmt, bei uns können sie eigentlich nichts aus dem Katalog kaufen. Wir entwickeln und optimieren Spezialmotoren exakt auf die Anwendung des Kunden hin. Dabei ersetzen wir sehr häufig Getriebemotoren oder Motoren mit Übersetzungen wie Riemen durch einen effizienten Direktantrieb. Des Weiteren ersetzen wir Hydrauliken oder wir tragen dazu bei, aus einem reinen Diesel- einen hybriden Diesel-elektrischen Antrieb zu machen. Die Idee dahinter ist natürlich in erster Linie rein marktwirtschaftlich: Der Kunde will einen Vorteil – nur selten sieht jemand den Umweltschutz wirklich als ersten Aspekt. Wir helfen also etwa einem Maschinenbauer, seine Technik effektiver zu machen: Höhere Produktivität, bessere Performance, ruhigerer Lauf, längere Wartungsintervalle – und natürlich auch Energie einzusparen. Hersteller, die unsere Motoren in ihre Produkte integrieren, haben gegenüber ihren Wettbewerbern Vorteile und können so ihre Kunden überzeugen. Ein Nachteil: Sie haben keine Standardisierung, können den Motor also nicht einfach gegen einen anderen austauschen.

Das bedeutet, Sie begutachten nicht einen gegebenen E-Motor und bieten etwas Besseres, sondern betrachten ganze Systeme?

Exakt, wir verbessern nicht den Antrieb allein, sondern die Kundenmaschine. Üblicherweise läuft das in einer sehr engen Kooperation mit dem Kunden ab. Je offener der Kunde ist, auch eigene Ansätze aus der Vergangenheit in Frage zu stellen, desto erfolgreicher ist das Projekt.

Welche Stückzahlen sind hier möglich?

Größere Motoren – bis 3 MW – liefern wir auch in Losgröße eins. Bei den kleineren sind Jahresstückzahlen zwischen 20 und 100 Motoren einer Bauform typisch. Am wohlsten fühlen wir uns zwischen 3000 und 30.000 Nm, es sind aber auch Momente bis über 200.000 Nm möglich.

Wo steckt das größte Einsparpotenzial?

Bis zu 50 % des weltweiten Stroms wird über Elektromotoren verbraucht. Unsere Motoren kommen als Hauptantriebe zum Einsatz – und das üblicherweise 24/7. Einsparungen wirken sich hier sehr deutlich aus. Bei einer Optimierung von Stellantrieben jedoch bleibt selbst bei einer großen Steigerung des Wirkungsgrades nur wenig Einsparung hängen. Das gilt etwa auch für den Föhn oder die Küchenmaschine zuhause – sie haben weniger Energieeinsparpotenzial, da sie meist ausgeschaltet sind.

Wie groß ist das noch hebbare Potenzial?

Einige Studien kommen für Deutschland und Europa auf Werte im Bereich zweistelliger Terra-Wattstunden. Als vielversprechendste Ansätze sehen die Studien häufig aber nur, ungeregelte Motoren mit Umrichtern auszustatten oder Energiesparmotoren zu bauen. Wir verfolgen einen dritten Weg: die Optimierung der gesamten Anlage zusammen mit dem Kunden. Wir gehen nach eigenen Berechnungen davon aus, dass durch unsere Produkte weltweit etwa 1,5 TWh eingespart werden. Das entspricht dem Stromverbrauch von fast 1 Mio. Menschen in Deutschland.

Ist die Elektromobilität bei Ihnen ebenfalls Thema?

Ja, natürlich. Wir sind aber weniger am klassischen Kfz beteiligt, auch wenn wir einige Automotive-OEMs bei der E-Motoren-Entwicklung unterstützen. So ein Produkt dann aber in Serie zu bauen, ist nicht unser Geschäft. Interessante Märkte sind Hybridantriebe für Nutzfahrzeuge, Schiffe und inzwischen auch die Luftfahrt.

Gibt es da schon konkrete Umsetzungen oder ist das noch ein Konzept?

Das ist vielfach gängige Praxis. Der Ship-of-the-Year-Award etwa ging bereits zwei Mal an Schiffe mit unseren Antrieben: Ein Ausflugsschiff für 450 Personen in Norwegen, und der meiner Meinung nach modernste Fischkutter der Welt, fährt unter holländischer Flagge. Normalerweise braucht ein Kutter dieser Klasse während einer Fangwoche 40.000 Liter Diesel, das Hybridkonzept benötigt bei der gleichen Fangmenge nur 7000 Liter. Ausgerüstet haben wir inzwischen kleine Binnenschiffe von 100 kW bis zu größeren Schiffen mit 1 MW Antriebsleistung.

Ist also schon ein Umdenken in der Schiffbranche spürbar?

Hybridantriebe sind längst keine Nischenprodukte mehr. Hier kann man durchaus von einer Trendwende sprechen. Rein batteriegetriebene Antriebe dagegen sind noch die Ausnahme. Mit weiteren Verbesserungen der Batterietechnik wird der Verbrennungsmotor Stück für Stück zurückgedrängt. Auch in Nutzfahrzeugen wie mobilen Hafenkränen, Baggern und anderem schweren Gerät steckt viel Potenzial. Viele neue Konzepte sind inzwischen am Markt.

Sie arbeiten auch an supraleitenden Motoren. Was erwartet man hier?

Seit etwa zwei Jahrzehnten forschen wir am Thema supraleitende Antriebe. Dies hat mein Vater in unser Unternehmen gebracht. Aktuell fokussieren wir uns auf die Luftfahrt und zwar auf große Verkehrsmaschinen, die künftig ebenfalls hybrid fliegen könnten. Rein elektrisch fliegen geht derzeit nur bei der typischen Cessna-Größe für etwa eine halbe Stunde. Im Verkehrsflugzeug der Zukunft geht es um dreierlei: Geräusche, Verbrauch und Emission sollen um mehr als 50 % reduziert werden. Uns Motorenbauern geht es darum, Antriebe mit möglichst geringem Leistungsgewicht zu entwickeln. Dafür passt die Supraleitung extrem gut.

Welche Werte streben Sie hier an?

Ein normaler Motor bewegt sich bei 0,2 kW/kg, mit viel Anstrengung kommt ein normalleitender Spezialmotor auf 5 bis 6 kW/kg. Mit Supraleitung rechnen wir mit 15 bis 20 kW/kg.

Wie weit ist man dabei schon?

Auch wenn wir normalerweise gerne schnell in die Umsetzung kommen, bei diesem Projekt ist das nicht möglich. Aktuell sind wir hier innerhalb eines europäischen Forschungsprojektes dabei, eine komplette supraleitende Rotor/Stator-Konfiguration zu entwickeln. Das ist aber noch nichts, was morgen auf den Markt kommt.

Sie haben den Deutschen Umweltpreis verliehen bekommen: Was tat sich seitdem?

Wir waren sehr begeistert und sind mit 30 Mitarbeitern zur Verleihung gefahren. Wir sehen das als Bestätigung und Aufforderung zugleich. Mein Jahrgang ist mit grünen Ideen groß geworden. Daher befassen wir uns besonders aktiv mit dem Thema Nachhaltigkeit.

Wir spüren jetzt nach der Preisverleihung keinen großen Kundenansturm. Aber unserem Image tut es sehr gut und wir bekommen immer wieder interessante Anfragen von Fachkräften, die sonst nicht auf uns aufmerksam geworden wären. Unsere Mitarbeiter stammen allesamt hier aus der Region, was ebenfalls einen Umweltaspekt hat: Die meisten können quasi mit dem Fahrrad zur Arbeit kommen. Im Gegensatz zu vielen Großunternehmen haben wir hier einen völlig anderen Ansatz. Wir suchen nicht auf der ganzen Welt nach dem geeignetsten Mitarbeiter für eine Stelle, sondern speziell in unserem Landkreis. Die Bindung unserer Mitarbeiter zur Firma ist stark, wir haben also keine Probleme mit abfließendem Know-how: In den letzten 25 Jahren haben wir keinen Ingenieur oder andere wichtige Mitarbeiter verloren. Headhunter sind bei uns erfolglos, darauf bin ich durchaus stolz. Den Umweltpreis verstehe ich als Anerkennung für unser Unternehmen und unsere gesamten Mitarbeiter.

www.oswald.de


„Je offener der Kunde ist, auch eigene Ansätze in Frage zu stellen, desto erfolgreicher sind wir.“

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