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Geplante Wartung im idealen Moment

Predictive Maintenance als fundamentaler Bestandteil von Industrie 4.0
Geplante Wartung im idealen Moment

Predictive-Maintenance-Konzepte stellen weniger Wartung, weniger Ausfälle und verbesserte Qualität in Aussicht. Wo liegen die Chancen und Herausforderungen bei der Einführung vorausschauender Wartung?
Es ist ein Worst-Case-Szenario in der Fertigungsindustrie: Ein Werkzeug bricht und der Produktionsprozess steht still. Die klassische Strategie gegen solche Unterbrechungen besteht in festen Wartungsplänen und multisensorischer Prozessüberwachung. Predictive Maintenance (PM) setzt dagegen auf Vorhersagen auf Basis von Daten und Erfahrungen. Dafür werden im laufenden Prozess alle relevanten Parameter von Maschinen, Werkstücken und Komponenten erfasst. Diese Daten werden mit Informationen aus Drittsystemen wie CRM oder ERP kombiniert und anschließend analysiert. Die IT verarbeitet die bereitgestellten Informationen in Echtzeit, erkennt spezifische Fehlermuster und ermittelt die wahrscheinlichen Ursachen von Störungen.
Zielsetzung von Predictive Maintenance ist die Berechnung des optimalen Wartungszeitpunktes in Abhängigkeit von Planungsvorgaben, Auslastung und Qualität. Die Erwartungen sind groß: Laut einer aktuellen Studie der Strategieberater von Roland Berger erhoffen 65 % der befragten Produktionsleiter Vorteile bei der Erforschung von Fehlerquellen, Störungen und Ausfällen. In derselben Studie äußern sich 22 % der Teilnehmer unzufrieden über ihre aktuellen Wartungskonzepte. Allerdings setzen nur ein Viertel davon bereits Predictive Maintenance-Konzepte ein (Stand 2015), ein weiteres Viertel plant die Einführung.
Dass die hohen Erwartungen berechtigt sind, belegt eine Studie des Weltwirtschaftsforums in Zusammenarbeit mit den Beratern von Accenture: Bei geplanten Reparaturen können Einsparungen von 12 % erreicht werden, bei der Wartung sinken die Kosten um fast 30 %. Ungeplante Stillstände lassen sich laut dieser Studie um 70 % reduzieren.
Zunehmende Abnahme
Aber nicht nur die Fertigungsbetriebe, auch die Maschinen- und Werkzeugbauer entdecken Predictive Maintenance für sich. Wer zum Beispiel ein Bearbeitungszentrum baut, kennt wie kein Zweiter dessen Technik. Hier können für den Bereich Service neue Geschäftsmodelle aufgesetzt werden – zum gegenseitigen Vorteil. Denn jedes vierte Fertigungsunternehmen plant laut IDC, zukünftig die Instandhaltung und den Betrieb von Maschinen stärker auszulagern. Dieser Trend wird durch den Kostendruck im verarbeitenden Gewerbe sowie durch die Forderung nach kleineren Losgrößen und damit verbunden nach mehr Flexibilität getrieben. Dazu kommen die Einflüsse von Industrie 4.0-Konzepten.
Predictive Maintenance macht das Prinzip und den Nutzen von Industrie 4.0 besonders deutlich. Dank der Digitalisierung können auf Basis der Zustandsdaten aller Komponenten Prozesse beschleunigt, drohende Ausfälle rechtzeitig vorhergesagt und Produktionsstillstände vermieden werden. Alle dazu benötigten Schlüsselkomponenten sind bereits verfügbar: zum Beispiel Sensoren, Funkerkennung (RFID) oder die Funknetzanbindung (mSIM). Auch die Software für die Interpretation der Daten wie für die Formulierung von Empfehlungen und die Auslösung automatischer Aktionen stehen bereits zur Verfügung. Neu ist nur deren konzertierte Integration: Für Predictive Maintenance müssen Konfigurationsdaten, Sensor- und Telemetriedaten und nicht zuletzt Wartungs-Logs miteinander kombiniert werden.
Propheten im Maschinensaal
Erfolgreiche PM-Projekte bieten heute schon handfeste Wettbewerbsvorteile. Auf Basis einer Frequenzanalyse können zum Beispiel Drehmaschinen bereits während der Werkstück-Bearbeitung mit hoher Wahrscheinlichkeit vorhersagen, ob das Werkzeug demnächst brechen wird. Das verhindert nicht nur den ungeplanten Produktionsstopp, sondern liefert auch Daten für die weitere Produktionsplanung. Die Daimler AG setzt Predictive Maintenance beispielsweise bei der Fertigung von Zylinderköpfen ein. Dabei wird eine weitere Herausforderung sichtbar: die Datenflut. Die Zahl der Einflussgrößen auf die Qualität des Endprodukts ist hoch, die Identifikation der relevanten Parameter eine echte Herausforderung. Die Daimler AG löst das Problem mit einem übergeordneten Data-Mining-System. Dieses System definiert Grenzwerte, bei deren Überschreitung automatisch oder manuell eingegriffen wird. Das Resultat: eine Produktivitäts-Steigerung um 25 % und eine Verkürzung des Fertigungsanlaufs um 50 %.
Die Einsatzbereiche für eine solche „multivariate Ausreißer-Erkennung“ sind nahezu unbegrenzt. Sie erkennt frühzeitig Anomalien im Turbinenlauf eines Kraftwerks ebenso wie in der Logistikkette eines Re-tailers. BMW hat in der Leichtmetallgießerei den Ausschuss um mehr als 80 % verringert, der Energiekonzern Israel Electric seine Vorwarnzeit von 30 Minuten auf 30 Stunden ausgeweitet.
Unter dem Strich
Predictive Maintenance ist eng mit Industrie 4.0 verbunden. Beide Konzepte verstärken sich gegenseitig. Entscheidern in Produktion und Instandhaltung erschließen sich neue Möglichkeiten für effizientere Wartungs-Konzepte. Die Ziele: mehr Flexibilität in der Planung, mehr Wirtschaftlichkeit für die Produktion.
Michael Grupp, Freier Journalist in Stuttgart
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