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Schmerz, wo bist du?

Die Spezialisten des IFD Cologne suchen die Ursache von Beschwerden in der Bewegung
Schmerz, wo bist du?

Diagnostik | Ob Profikicker, Tennis-Crack oder 80-jähriger Triathlet: Die zwanzig Meter lange Teststrecke im Institut für Funktionelle Diagnostik in Köln ist schon so mancher schmerzgeplagte Patient hinuntergetrabt. Warum nicht mal ein Redakteur vom Industrieanzeiger? Die haben doch immer was zu jammern. ❧ Uwe Böttger

Vom Laufen hatte ich die Schnauze voll. Die ewigen Schmerzen in den Waden und den Achillessehnen haben vor knapp zwei Jahren dazu geführt, dass ich meine sündhaft teuren Marken-Schuhe ganz oben in den Schrank stellte und mir stattdessen eine Standard-Badehose für 30 Euro zulegte. Als Alternative zum abend-lichen Chlorgeruch auf der Haut gönnte ich mir zudem einen Heimtrainer. Aber ehrlich gesagt: Mein Herz hängt immer noch am Laufen. Schließlich bin ich vier Jahrzehnte durch die heimischen Wälder gepirscht und habe dabei auch so manches Abenteuer überstanden: Ich wurde zweimal von einem Raubvogel angegriffen, fand einen leblosen Jogger in der Dämmerung am Wegesrand und verfehlte nur knapp einen flüchtigen Bankräuber. Das klingt alles ziemlich abschreckend und gruselig, war es auch. Aber es prägt.

Die Hoffnung stirbt zuletzt. Also machte ich mich am Montag vor Ostern auf den Weg nach Köln. Im Mediapark in Neustadt-Nord hat das Institut für Funktionelle Diagnostik (IFD) seit 2014 seinen Sitz. Die Kernkompetenz des An-Instituts der Deutschen Sporthochschule Köln deutet sich bereits in der Namensgebung an. Funktionelle Diagnose bedeutet, dass Muskeln, Bänder und Gelenke in ihrer Funktion, sprich in der Bewegung unter die Lupe genommen werden. Das ist der wesentliche Unterschied zu den statischen Methoden wie MRT, Röntgen, Ultraschall oder der manuellen Untersuchung durch den Orthopäden, wo der Befund im Liegen oder Stehen erstellt wird. Die Kölner erheben ihre Daten im Gehen, Laufen und Springen.
Es ist neun Uhr morgens. Dr. Angela Höhne begrüßt mich mit einem einladenden Lächeln: „Wir haben heute viel mit Ihnen vor“, versichert mir die wissenschaftliche Leiterin des Labors. „So eine Achillessehnen-Diagnose ist ein größeres Paket.“ Der Eingangsbereich ist hell und wirkt ein wenig spartanisch. Eine markierte Laufbahn führt hinein in das so genannte Bewegungslabor, einem kreisrunden, futuristisch anmutenden Raum mit einer Fläche von 200 m² und einer Deckenhöhe von sechs Meter. An einem Aluminiumkranz auf halber Höhe sind zwölf Infrarot-Kameras montiert, deren Objektive auf die Laufbahn gerichtet sind. Das Ganze erinnert ein wenig an Raumschiff Enterprise. „In diesen Bereich werden Sie heute noch oft hineinlaufen“, versichert mir Höhne. „Dafür werden wir Sie aber vorher speziell präparieren.“ Mit dieser spannenden Andeutung zeigt sie mir den nagelneuen Umkleidebereich mit Schließfächern und Duschkabine.
Die erste Station meines heutigen Diagnostik-Marathons ist ein Ganzkörper-Scanner, der in einem separaten Raum im Eingangsbereich steht. Ich muss mein T-Shirt ausziehen und mich auf zwei Platten stellen, die unabhängig voneinander die Kraft messen, die ich auf sie ausübe. So wird quasi nebenbei geprüft, ob sich mein Gewicht im Stand gleichmäßig auf beide Beine verteilt. In der Tat bin ich noch nie auf die Idee gekommen, dass dem nicht so sein könnte. Aber das war symptomatisch für meinen Besuch im IFD. Ich sollte mich noch wundern, was an diesem Vormittag alles über meine Statur ans Licht kommt.
Also, wie gesagt T-Shirt ausziehen, ruhig auf den beiden Platten stehen, einmal tief Luft holen und dann normal weiter atmen. Die Augen könne ich offen lassen. Dann zieht IFD-Mitarbeiterin Tanja Eßer die Vorhänge zu und wirft den Scanner an. Eine rote Laserlinie wandert von oben nach unten über meine Haut und nach zwölf Sekunden ist die komplette Körperoberfläche erfasst. Durch den Spalt im Vorhang erkenne ich auf dem Bildschirm ein graues, knuffiges Männchen mit einem ernsten Gesichtsausdruck. „Wir machen noch ein paar Scanns“, ruft Angela Höhne in die Kabine hinein. „Und Sie können gerne etwas freundlicher gucken.“
So ein 3D-Ganzkörper-Scan liefert einen ganzen Sack voll Daten über den Patienten. Gibt es Umfangsdifferenzen bei den Waden und den Oberschenkeln im Seitenvergleich? Wie sehen die Beinachsen aus? Wie steht das Becken im Raum? Sind die Schultern auf gleicher Höhe? Ist der Kopf gerade? Sind die Beine überhaupt gleich lang? Die Biomechaniker vom IFD unterscheiden dabei zwischen einer echten Längendifferenz, die zum Beispiel eine Folge von unterschiedlich langen Oberschenkel-Knochen sein kann und einer so genannten funktionellen Beinlängendifferenz, bei der die Körperstatik durch Muskelzüge verschoben wird. Die Folge ist, dass ein Bein scheinbar länger oder kürzer ist als das andere. Aber in Wirklichkeit sind sie gleich lang.
Meine genaue Diagnose bekomme ich nicht sofort. Die Auswertung aller Messdaten dauert ein paar Tage. Aber auf den ersten Blick ist zu erkennen, dass die Beckenstatik verschoben ist. Ursache könne eine Blockade im Iliosakralgelenk sein. Die Lendenwirbelsäule hat darauf bereits mit einer leichten Verkrümmung reagiert. Das ist sogar für mich als Laie nicht zu übersehen. Außerdem ist der Kopf dezentriert und die linke Schulter steht höher als die rechte. Wahrscheinlich hängt alles miteinander zusammen. Das ist das Schöne an der modernen Diagnostik: Man bekommt einen Überblick über das ganze Dilemma.
Nach diesem vielversprechenden Einstieg geht es an eine weitere Scan-Station, die im großen Bewegungslabor steht. Mit dieser Maschine werden nur die Füße digitalisiert, dafür aber von allen Seiten und im belasteten und unbelasteten Zustand, sprich erst im Stehen und dann im Sitzen. So sieht man auf den Millimeter genau, wie sich der Fuß unter Last deformiert, wie sehr die aktiven und passiven Strukturen nachgeben, die den Fuß eigentlich stützen sollen. „Die Technik ist für uns die Schnittstelle zur Einlagen- und Leistenfertigung“, erzählt Angela Höhne. „Wir sehen hier genau, ob und an welcher Stelle der Fuß Unterstützung braucht.“
Und dann geht es richtig los. Ich stehe auf einem kleinen Podest und werde für die Bewegungsanalyse präpariert. Tanja Eßer und eine weitere Mitarbeiterin rasieren mir die Haare von den Unterschenkeln. „Achtung, das brennt jetzt ein wenig“, kündigt Tanja an und löst an den kahlen Stellen mit Alkohol den Fettfilm von der Haut. „Damit wir ein schönes Signal bekommen.“ Danach suchen die beiden an Sprunggelenk, Schienbein, Wade und Knie nach strategischen Messpunkten, markieren sie mit einem Filzstift und kleben darauf die so genannten Marker – insgesamt vierzig Stück. Marker sind kleine, reflektierende Kügelchen mit einem genormten Durchmesser. Die Arbeit dauert etwa eine viertel Stunde. Aber es geht noch weiter.
Es werden zusätzlich Elektroden für die so genannte Elektromyographie auf die Haut geklebt, mit der die Aktivierungsmuster meiner Muskeln im Unterschenkel erfasst werden sollen. Ich muss mit Bewegungen ein bisschen mithelfen, damit Tanja die Muskelbäuche besser findet, wo die Elektroden hin gehören. Präpariert werden fünf Muskeln auf jeder Seite, die bei meiner Problematik eine Rolle spielen. Dazu gehören die Zwillings-Wadenmuskeln, die unmittelbar in die Achillessehne münden. Und da mein Schmerz auch in der Tiefe der Wade wütet, wird der darunter liegende Schollenmuskel mit abgegriffen. Als alles fertig ist schaue ich an mir herunter: In dieser Ausstattung hätte ich glatt eine Nebenrolle in der Star-Wars-Trilogie übernehmen können.
Das Messprogramm wird gestartet. Auf einer großen Projektionsfläche sehe ich das digitale Abbild meiner Beine und meiner Hüfte. Alle Bewegungen werden in Echtzeit visualisiert. Doch bevor die Bewegungsanalyse losgehen kann sind ein paar Probeläufe nötig, denn in der Mitte des Messlabors sind zwei Messplatten in die Laufbahn eingelassen, die ich treffen muss, damit die so genannten Bodenreaktionskräfte erfasst werden können. „Null Problemo“, trumpfe ich auf. Als ehemaliger Leichtathlet habe ich im Weitsprung schon ganz andere Bretter getroffen. Ganz so einfach war es dann doch nicht, denn das mit dem Weitsprung ist schon ein paar Tage her. Doch nach einem Dutzend Anläufen mit wechselnden Ablaufmarken stehe ich bereit für das große Showdown.
Ich renne hinein in das IFD-Raumschiff und – es passiert gar nichts. Kein Blitzlichtgewitter, keine flirrenden Laserlinien und auch keine heulende Sirene. Ich höre nur meinen polternden Jogging-Schritt und zwei klickende Geräusche beim Überlaufen der Messplatten.
Was in den paar Augenblicken im Messlabor passiert ist weder zu hören noch zu sehen. Am frühen Morgen wurde der Raum bereits kalibriert und ein taufrisches Koordinatensystem mittig im Labor verankert. Die zwölf Kameras unterhalb der Decke kennen die einzelnen Positionen zueinander genau. Während ich in das Koordinatensystem hineinstürme, strahlen die Kameras infrarotes Licht aus. Das wird von meinen Markern reflektiert und von den Kameras wieder eingefangen. Nicht ich werde gefilmt, sondern meine vierzig Marker, die an bestimmten, anatomischen Punkten aufgeklebt sind. Und da ein Marker immer von mindestens zwei Kameras gesehen wird, entsteht von mir im Rechner ein 3D-Strichmännchen – besser gesagt ein halbes, von der Hüfte abwärts.
„Das war sehr gut“, freut sich Angela Höhne. „Die ersten Daten haben wir im Kasten, gleich nochmal.“ Etwas verdutzt, aber mächtig motiviert trabe ich zurück zur Anlaufmarke und stürze mich erneut in dieses unsichtbare Infrarot-Gewitter, hinein in die messtechnischen Fänge des IFD-Labors. Und dann nochmal und nochmal. Und nochmal.
Nach der Bewegungsanalyse bin ich gut aufgewärmt, das T-Shirt klebt mir am Rücken. Die besten Voraussetzungen für die abschließende Untersuchung, bei der die Maximalkraft meiner Fußmuskeln ermittelt wird. „Man kann sich die Achillessehne vorstellen wie den Mast eines Segelschiffs“, erklärt Angela Höhne anschaulich, fast schon poetisch. „Aber es ist nicht nur das Segel, sprich die Wadenmuskulatur, die am Mast zieht, sondern links und rechts gibt es auch noch die Takelage.“ Das sind die kleinen Stellmuskeln, die unten am Fuß entspringen und für eine symmetrische Belastungsverteilung am dicksten Strick in unserem Körper entscheidend sind. „Wenn hier ein Defizit besteht, kann es auch zu einer asymmetrischen Belastungssituation und damit zu Achillessehnenproblemen kommen“. Ich hatte genug gehört und war bereit, alles zu geben.
Mein nackter Fuß wird derart fixiert, dass ich mit ihm keinen Mucks mehr machen kann. Nur die Zehen bleiben beweglich. Es ist ein bisschen wie beim Spannen eines Skischuhs. Ein Riemen am Spann, ein zweiter am Sprunggelenk und fertig. Jetzt soll ich mit den Zehen gegen eine Platte drücken. Zuerst moderat in einem Probelauf zum Kennenlernen, dann drei Versuche volle Pulle. Und die ganze Belegschaft feuert mich an: „Langsam die Kraft aufbauen und jetzt feste drücken und weiter, weiter, weiter, weiter, weiter, weiter – und locker lassen…“
Zwei Wochen nach meinem Abenteuer in Köln liegt ein großer Umschlag vom IFD im Briefkasten mit den Ergebnissen und der medizinischen Interpretation meiner funktionell-orthopädischen Untersuchung. Wenn ich ehrlich bin, war ich gar nicht so wild auf die Daten. Nicht, weil ich Angst vor der Wahrheit gehabt hätte. Und noch viel weniger zweifelte ich an den Fähigkeiten des Kölner Teams. Ich konnte mir nur nicht vorstellen, dass es jetzt nach Jahrzehnten plötzlich eine Erklärung für meine Schmerzen in den Achillessehnen geben soll und am Ende womöglich eine Handlungsempfehlung. Eine Heerschar von Ärzten und Physiotherapeuten hat mir langfristig nicht wirklich helfen können. Warum sollte das jetzt plötzlich anders sein?
Nun, da hatte ich die funktionelle Diagnostik reichlich unterschätzt. Schon im ersten Satz der Zusammenfassung meiner Befunde stand eine glasklare Diagnose: „Die laufabhängigen beidseits persistierenden Beschwerden im Verlauf der Achillessehne und im Bereich des zentralen Achillessehnenansatzes können mit einer erhöhten Beanspruchung der Sehnenstrukturen im ersten Drittel der Stützphase in der Laufbewegung in Verbindung gebracht werden.“ Ich verstand zwar nur die Hälfte, aber dennoch genug, dass ich richtig neugierig wurde.
Ein paar Tage später telefonierte ich mit Angela Höhne und konnte mit ihr die Unterlagen systematisch durchgehen. Zunächst einmal sind „persistierende“ Beschwerden solche, die „immer wieder“ kommen. Und die so genannte Stützphase beim Laufen ist die Phase, in der das Bein Bodenkontakt hat und wo die größten Kräfte auf die Gelenke wirken. Die Stützphase beginnt mit dem Aufsetzen der Ferse und endet, wenn die Zehen den Boden wieder verlassen.
Angela Höhne erklärte mir, dass ich beim Laufen in der Landephase mit der Ferse deutlich supiniert aufsetze, sprich mit der Außenkante. Danach – und das war die entscheidende Erkenntnis aus der Bewegungsanalyse – klappt der Fuß extrem ruckartig in eine Pronation, also in eine nach innen gekippte Stellung. In dieser Phase zeichneten die beiden Messplatten im Boden sehr hohe medio-laterale (seitliche) Kräfte auf, die allesamt von meinen Muskelsehnen-Strukturen aufgefangen werden müssen. Und zu allem Übel hatte ein letzter Test in Köln ergeben, dass meine Wadenmuskulatur „nicht so stark war, wie sie sein könnte“. Es steht also nur ein verringertes Muskelkraftniveau zur Verfügung, um das starke Bewegungsausmaß im Bereich des Sprunggelenks zu kompensieren.
Mit anderen Worten: Bei jedem Schritt bekommen meine beiden Sehnen während der Landung einen ordentlichen Hau ab. Das kann nicht lange gut gehen. Zum ersten Mal war mir klar, warum mich schon nach kurzer Laufzeit die altbekannten Schmerzen plagten – auch wenn ich ein noch so langsames Tempo anschlug.
Jeder Patient des IFD bekommt mit dem schriftlichen Bericht einen USB-Stick mitgeschickt, auf dem sich jede Menge so genannter Kurvenblätter befinden. Diese enthalten ausgewählte 3D-Daten aus der Bewegungsanalyse, zum Beispiel die Verläufe von Hüft-, Knie- und Sprunggelenk während einer Stützphase. Das sind all jene Daten, die von meinen vierzig Markern gesammelt wurden, mit denen ich abwärts der Hüfte bestückt war. Auch die kompletten Bodenreaktionskräfte, die von den beiden Messplatten in der Laufbahn aufgezeichnet wurden, sind in den Kurvenblättern enthalten – alles übersichtlich in kleinen, farbigen Diagrammen dokumentiert. Das rechte Bein immer in grün, das linke in rot.
Der Knaller auf dem USB-Stick aber ist ein kleines Software-Programm. Mit dem „Polygon-Viewer“ kann ich mir zuhause am Rechner meinen Lauf durch das Messlabor noch einmal anschauen. In der unteren Bildschirmhälfte sehe ich mich in natura. Darüber rennt mein digitaler Zwilling, bestehend aus einem weißen Trapez als Hüfte und darunter zwei Beine, dargestellt durch zwei Striche mit meinen berechneten Hüft-, Knie- und Sprunggelenken. Immer wieder stoße ich mit der Maus das Video an und stoppe es, wenn mein Fuß auf den Boden aufsetzt. Rums!
Das IFD lieferte mir aber nicht nur eine genaue Diagnose meines Problems, sondern auch gezielte Empfehlungen, um es zu lösen. Auch hier war ich zunächst skeptisch. Mein erster Gedanke: Sind die Beschwerden altersbedingt? Angela Höhne glaubt das nicht und ist davon überzeugt, dass ich dieses Bewegungsmuster schon sehr lange habe, denn schließlich begleiten mich die Symptome auch schon sehr lange. Trotzdem ist die Laborleiterin optimistisch: „Die funktionellen Auffälligkeiten, die wir bei Ihnen gefunden haben, lassen sich ändern.“ Den Fußaufsatz könne ich üben und verbessern, der Laufstil lasse sich überprüfen und optimieren. Und mit den richtigen Übungen kann ich in ein paar Monaten die Wadenmuskeln so weit aufbauen, dass ich einer regelmäßigen Laufbelastung gewachsen bin. „Es gibt Bewegungsprobleme, die sind nicht so leicht zugänglich wie bei Ihnen“, weiß Angela Höhne aus ihrer langjährigen Praxis.
Die Sportwissenschaftlerin empfiehlt mir ein funktionelles, bewegungsnahes Krafttraining mit speziellen Übungen. Es geht darum, Hüfte, Knie und Sprunggelenk zu kontrollieren und zu stabilisieren, sich ständig frei im Raum „gegen die Schwerkraft zu wehren“. Entscheidend ist eine regelmäßige Kontrolle durch den Physiotherapeuten, damit sich keine Fehler in der Ausführung einschleichen. Der menschliche Körper sei ein Weltmeister im Kompensieren. „Sie werden immer wieder versuchen, Ihren Schwachstellen auszuweichen“, warnt Höhne. Ich wende ein, dass ich seit über zehn Jahren Kieser-Training betreibe und regelmäßig in den spartanisch ausgestatteten Studios unterwegs bin. Gerätetraining sei gut und schön, meint Angela Höhne: „Damit kann man sicherlich die Kraft verbessern, aber nicht die Bewegungsausführung.“
Auch bei den Laufschuhen kennen sich die Kölner Spezialisten natürlich aus. Das Modell, mit dem ich zur Untersuchung angetreten war, sei für mich jedenfalls nicht geeignet. Der Schuh sei im Bereich der Ferse zu breit und würde deswegen mein starkes Bewegungsausmaß bei der Landung durch einen großen Hebel zusätzlich provozieren. Nun – das hatte ich mir damals nicht so vorgestellt, als ich im Fachgeschäft 200 Euro für die Markentreter auf den Tisch blätterte. Für mich ist ein neutrales Modell das richtige – ohne Pronationsstütze, Gel-Dämpfung, Restkraft-Verstärker oder sonstigem Firlefanz. Wichtig seien eine gute Fußführung und eine abgerundete Ferse, damit eine zentrale Kraftverteilung unter dem Rückfuß erreicht wird. Empfohlen wird mir ein konkretes Modell eines amerikanischen Herstellers. Die Kölner kennen den Schuh aus Forschungsprojekten und wissen daher, wie er wirkt.
Damit bin ich fast am Ende mit meiner Köln-Geschichte. Bleibt zum Schluss die Frage, welche Erkenntnisse das knuffige, graue Männchen aus dem Ganzkörper-Scan geliefert hat. In diesem Bereich gab es zum Glück keine bösen Überraschungen: Mein Gewicht verteilte sich fast gleichmäßig auf beide Füße. Der leichte Beckenhochstand rechts um 0,7 cm ist unbedenklich und hängt möglicherweise mit einem blockierten Iliosakralgelenk zusammen. Leichte Unterschiede zwischen dem linken und rechten Bein zeigten sich auch bei den Muskelquerschnitten. Insgesamt ist mein rechtes Bein etwas schwächer, obwohl es schon immer mein Sprungbein war. Verkehrte Welt.
Am Ende des Telefonats fragt mich Angela Höhne, ob ich derzeit Probleme mit meinem linken Knie hätte, ob da irgendwas zwickt? Denn im Bodyscan wurde festgestellt, dass der Umfang meines linken Kniegelenks etwas größer ist als rechts, immerhin um 1,3 cm. Das könne auf eine diskrete Gelenkschwellung hindeuten, hier sei ein möglicher Risikofaktor identifiziert. „Mit meinen Knien ist alles in Ordnung, da war noch nie was“, flöte ich ins Telefon.
Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Und im Alter sowieso.

Wie arbeitet das IFD – und was kostet das Ganze?
Im IFD arbeiten Wissenschaftler aus dem Institut für Biomechanik und Orthopädie der Deutschen Sporthochschule Köln und Ärzte der Fachbereiche Orthopädie, Sportmedizin und Unfallchirurgie eng zusammen. Das Ziel ist eine optimale medizinische Versorgung. Untersucht werden Patienten aller Altersgruppen sowie Freizeit-, Profi- und Spitzensportler mit verschiedenen orthopädischen Fragestellungen.
Mit moderner Messtechnik und wissenschaftlich fundierten Methoden lassen sich Risikofaktoren im Bewegungsablauf frühzeitig erkennen. Durch diesen neuen diagnostischen Zugang können die Ursachen funktioneller Defizite und orthopädischer Beschwerden zudem zielgerichtet therapiert werden. Im Mittelpunkt steht die Diagnostik der dynamischen Funktionen des menschlichen Bewegungsapparates, sprich die Bewegung und Beanspruchung von Knochen und Gelenken sowie die funktionellen Eigenschaften von Muskeln, Sehnen und Bändern. Die Untersuchungen finden grundsätzlich in der Bewegung statt.
Die Diagnostik am IFD wird als medizinische Dienstleistung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) abgerechnet. Die Kosten werden von den privaten Krankenversicherungen in der Regel übernommen und sind abhängig von den durchgeführten Untersuchungen und dem Zeitaufwand. Die Pakete bewegen sich meist zwischen 75 und 850 Euro. Bei Profi-Sportlern kann die Untersuchung mitunter einen Tag dauern. Dann sind bis zu 1800 Euro fällig. Die gesetzlich Krankenversicherten müssen die Kosten selbst tragen. (ub)

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Umfangreiche Informationen zum IFD Cologne erhalten Sie unter:
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