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Messen ohne Berührung

Messtechnik: magnettechnik von sensitec für Wege und Winkel
Messen ohne Berührung

Magnetoresistive Sensoren entwickeln sich zur Alternative von Hallsensoren. Sie arbeiten berührungslos und robust. So eignen sie sich für die Messung von linearen und rotatorischen Bewegungen in industriellen Anwendungen. Sensitec hat dafür entsprechende Zahnsensor-Module für die Winkel-, Längen- und Positionsmessung entwickelt.

Sie rollen und rollen: Als die Roboter Spirit und Opportunity Anfang 2004 von der NASA auf den Mars geschickt wurden, um nach Spuren von Wasser, der Grundvoraussetzung für die Existenz von Leben, zu suchen, sollten sie eigentlich nur 90 Tage ihre Arbeit verrichten. Doch die Weltraumbehörde verlängerte ihren Aufenthalt immer wieder, weil sie immer noch wunderbar in Schuss sind und zuverlässig Bilder zur Erde funken. Die lange Lebensdauer und Zuverlässigkeit verdanken sie nicht zuletzt einer Technologie, die im hessischen Lahnau entwickelt wurde: 78 Magnetoresistive (MR) Sensoren von der Sensitec GmbH in 39 Motoren liefern die genauen Positionswerte der beiden Roboter bei ihren Fahrten über den roten Planeten.

Bei MR-Sensoren handelt es sich um Chips mit einer sehr dünnen Nickel-Eisen-Schicht, deren elektrischer Widerstand sich durch ein Magnetfeld verändert. Dies ist die Basis dafür, elektronisch Ströme, Spannungen, Winkel, Längen oder Positionen zu messen. Sensitec stellt sie in millionenfacher Stückzahl her. Auch die für die Mars-Mission eingesetzten Teile kamen aus der normalen Serienfertigung. Dazu hat die NASA die Sensoren zuvor jahrelangen Extremtests unterzogen – etwa bei –120 °C, unter Schockbelastungen und sogar unter atomarer Strahlung.
Überall dort, wo Bewegung kontrolliert und gesteuert wird, wo Winkel, Wege, Positionen, Strom oder magnetische Felder gemessen und aufgespürt werden, kommen die Sensoren von Sensitec zum Einsatz. Neben dem Mars-Roboter sind dies Servolenkungen von Pkw oder Objektive von Profikameras. Das Beispiel Mars belegt, dass sie auch unter Extrembedingungen und in rauesten Umgebungen zuverlässig und präzise arbeiten. Folglich eignen sie sich auch für Anwendungen im Maschinenbau. Beispielsweise hat Sensitec ein Zahnsensor-Modul für die Winkel- und Wegmessung entwickelt, das den Effekts des Riesen-Magnetowiderstands (GMR) nutzt. Dieses war für den Hermes Award 2008 nominiert – und landete unter den fünf Top-Innovationen.
Der GMR-Effekt dürfte seit vergangenem Jahr jedermann ein Begriff sein, denn zwei Forscher erhielten den Physik-Nobelpreis dafür: Peter Grünberg vom Forschungszentrum Jülich und der Franzose Albert Fert. Beide haben 1988 herausgefunden, dass sich der elektrische Widerstand von zwei dünnen ferromagnetischen Schichten – getrennt durch eine dünne nichtmagnetische Schicht – unter dem Einfluss des Winkels eines Magnetfelds ändert. Vor allem die Computerbranche nutzt die Erkenntnis, indem sie extrem empfindliche Leseköpfe für Festplatten entwickelte, so dass sie deren Speicherkapazität erhöhen konnte. Fast alle Festplatten, aber auch Videorekorder und MP3-Playern nutzen die Technologie heute.
Sensitec hat diese GMR-Technologie aus dem digitalen Umfeld geholt und für präzise und robuste analoge Messaufgaben weiterentwickelt. Dabei haben die Spezialisten das Sensordesign für die analoge Signalverarbeitung hinsichtlich Linearität, Hysterese, Genauigkeit und thermischem Verhalten optimiert. „Als besonders interessant hat sich dabei das Anwendungsgebiet erwiesen, bei dem die Modulierung eines Magnetfelds durch periodische ferromagnetische Strukturen, etwa Zahnräder oder-stangen, zur berührungslosen und exakten Messung von Winkel und Wegen genutzt wird“, erklärt Sensitec-Geschäftsführer Joachim Achenbach.
Dazu hat das Unternehmen spezielle GMR-Schichten entwickelt, die in Kombination mit einem Stützmagneten ein besonders lineares und störunempfindliches Signal liefern. Beide Bestandteile, Sensor-Chip und Magnet, sind für die Weg- und Winkelmessung an metallischen Zahnstrukturen konzipiert und für die einfache und schnelle Integration in Maschinen oder Messsensoren in ein komplettes Modul gepackt.
Der Sensor erkennt die Veränderungen des Magnetfelds, das durch den Einfluss einer vorbeiführenden metallischen Struktur seine Ausrichtung ändert. „Dieser Zahnsensor benötigt aber keine wirklichen Metallzähne als Maßstab, sondern nur eine geringe Änderung in der Strukturtiefe eines magnetischen Materials, die allerdings periodisch erfolgen muss“, so Achenbach. Hersteller von Kugellagern und Linearmotoren adressiert der Hersteller deshalb ebenso wie solche, die Wegmessung etwa an einem Ventilschaft oder am Hubzylinder einer Baumaschine benötigen. Der Schaft oder Zylinder erhält durch Bearbeitung eine leichte, periodische Vertiefung. Wenn diese etwa aus Dichtungsgründen im Metall nicht erwünscht sind, wird sie mit nichtmagnetischem Material aufgefüllt.
Für den Anwender haben diese Module mehrere Vorteile: Sie müssen nicht mehr dafür sorgen, dass das Messelement selbst und der Magnet so zueinander angeordnet sind, dass es eindeutige Messwerte analog des Verfahrwegs oder des Winkels gibt. Achenbach: „Das ist häufig eine aufwendige und doch nicht immer eine zu 100 % reproduzierbare Angelegenheit.“ Zudem beinhaltet der Sensor-Chip eine Oberwellenfilterung, wodurch das Signal-Rauschverhältnis laut des Geschäftsführers größer ist als bei ähnlichen Sensoren von Konkurenten oder bei Hallsensoren.
Dadurch kann das Messsignal wesentlich besser aufgelöst werden. Durch die Anordnung des Chips direkt auf dem internen Magneten wird zusätzlich eine bessere Signalqualität erreicht. „Der Magnet ist deshalb insgesamt sehr klein“, argumentiert der Sensitec-Experte. Das Modul lässt sich sowohl stehend als auch liegend auf seiner Platine aufbauen. So können die Anwender die Anordnung zwischen Metallstruktur und Modul gut auf die räumlichen Gegebenheiten anpassen.
Die GMR-Technologie wird auch dann anderen Technologien vorgezogen, wenn es um sehr schnelle Messvorgänge geht. Achenbach: „Sehr schnell bedeutet, dass der Sensorchip praktisch keine dynamische Begrenzung hat, das betrifft höchstens die nachgeschaltete Auswerteelektronik.“
Sensitec ist nicht der einzige Hersteller, der die GMR-Technologie als Drehgeber einsetzt. Das US-Unternehmen NVE gehört dazu, in Deutschland vertreten durch die Hy-Line Sensor-Tec Vertriebs GmbH, Unterhaching. Achenbach: „Es gibt nicht sehr viele Firmen auf dem Markt, vermutlich weil sehr kostenintensive Produktionsanlagen und erfahrene Prozessingenieure benötigt werden.“
Sabine Koll Journalistin in Böblingen
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