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Feine Sachen

Photovoltaik: Riesiger Zuwachs – wenn die Fertigung stimmt
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Damit die Photovoltaik ihre Chancen als Zukunftstechnologie nutzen kann, müssen die Produktionsprozesse noch optimiert werden. Passende Handlingtechnologien für hauchfeine Wafer sind dafür ebenso gefragt wie Laser, die besonders zarte Linien brennen können.

Der Photovoltaikmarkt expandiert gewaltig – vor allem in Deutschland, aber auch weltweit. Gemessen an der Windenergie mit einer installierten Gesamtleitung von bundesweit mehr als 22 000 MW bringt es die Solarstrombranche derzeit in ganz Europa zwar nur auf bescheidene 3500 MW. Das derzeitige Wachstum aber ist beeindruckend: Anlagen mit einer Gesamtleistung von 1350 MW werden nach Schätzungen des Bundesverbands Solarwirtschaft allein in diesem Jahr in Deutschland produziert, nach 1100 MW im vergangenen Jahr.

Angesichts steigender Ölpreise ist die Nachfrage so groß, dass Kunden mitunter auf ihre Photovoltaikanlage warten müssen. Keine Frage also: Die Solarbranche (Photovoltaik – PV) hat sich längst allen anfänglichen Zweifeln zum Trotz zu einem ernstzunehmenden Industriezweig entwickelt. Allein in Deutschland gibt es inzwischen gut 50 Hersteller. In den 1990er-Jahren strickten diese ihre Produktionsanlagen noch meist selbst, nutzten angepasste Maschinen aus anderen Branchen, die in der Regel aus eigener Hand optimiert wurden. In Serie gefertigte, auf die Solarproduktion zugeschnittene Geräte waren in weiter Ferne. Inzwischen gibt es diese: Anlagenbauer und andere Zulieferer können dabei auf profunde Erfahrung aus zahlreichen Projekten zurückgreifen. Von der einzelnen Spezialmaschine bis zur Turn-Key-Lösung ist vieles zu haben.
Die Herausforderungen für die Zukunft bestehen nach Ansicht des Bundesverbands Solarwirtschaft vor allem in einer weiteren Produktionssteigerung und einer Kostenreduzierung. Neben einer Optimierung des Solarzellenmaterials und der Verbesserung des Wirkungsgrads bedarf es vor allem der weiteren Verbesserung der Produktionstechnologie. „Dazu zählen ein schnellerer Durchsatz, ein erhöhter Ausstoß durch weniger Bruch oder eine höhere Effizienz durch optimierte Produktionsabläufe“, sagt Gerhard Stryi-Hipp, Geschäftsführer des Bundesverbands Solarwirtschaft in Berlin. Nur damit werde sich die weltweit wachsende Nachfrage befriedigen und zunehmende Konkurrenz in Schach halten lassen.
Die Anforderungen an die Zulieferer und Anlagenbauer sind dabei durchaus verschieden. Neben der klassischen PV-Anlage mit Solarzellen aus kristallinen Silizium-Wafern gibt es inzwischen eine Vielzahl anderer Typen, die aus alternativen Materialien bestehen, beispielsweise Dünnschichtsolarmodule, bei denen das Material auf Glasträger aufgedampft oder gesprüht wird. Grundsätzlich aber gilt, dass die Fertigung einer PV-Anlage aus vielen Schritten besteht – der Optimierungsbedarf ist also riesig.
Die Stuttgarter Bosch Rexroth AG etwa hat schonende Transportlösungen für die Modulfertigung entwickelt. In der klassischen Modulfertigung werden die einzelnen Solarzellen auf Glasträger aufgelegt, verlötet und in Folien einlaminiert. „Ein wichtiges Ziel bei der Modulfertigung ist nach wie vor die Durchgängigkeit der Automatisierung, der Transport von Maschine zu Maschine“, sagt Stefan Reitmeier, bei Bosch Rexroth in Stuttgart Materialfluss-Experte.
Die Transportanlage TSsolar ist dementsprechend speziell auf die dünnen Glasmodule ausgelegt. Sie besteht aus tischähnlichen Transportmodulen, die Dank der großen Zubehör- und Variantenzahl individuell für verschiedene Modulgrößen ausgelegt werden können. Die Solar-Module werden mit Hilfe von Zahnriemen fortbewegt. Damit sich die dünne Platte nicht durchbiegt, können mehrere Riemen dicht nebeneinander angeordnet werden. Für Reinraumanwendungen stehen hochabriebfeste Bänder zur Verfügung, die eine Verschmutzung der Bauteile und der Umgebung vermeiden. Da in der Modulfertigung, insbesondere bei den Laminierschritten, hohe Temperaturen erreicht werden, gibt es außerdem eine bis zu 200 °C hitzestabile Bandstrecke.
Ein durchgängiger Transport wie in der Autofabrik war auch für die Firma Roth & Rau aus Hohenstein-Ernstthal das Ziel. Der Hersteller hat eine so genannte Plasma-Enhanced-Chemical-Vapour-Deposition-Anlage (PECVD) entwickelt, die Siliziumnitrid-(SiN)-Schichten zur Antireflexbeschichtung und Passivierung auf kristallinen Silizium-Zellen abscheidet. Eine solche Passivierung führt zu einer Wirkungsgradsteigerung von etwa 10 %. Dem Hersteller gelang es dank Durchlauf-Verfahren, einen kontinuierlichen Prozess zu realisieren, der sich an verschiedene Wafer-Formate anpassen lässt und für die Verarbeitung besonders dünner Wafer geeignet ist.
Wie in anderen Branchen auch setzt die Solarindustrie seit geraumer Zeit verstärkt auf Laser, mit denen sich viele Prozesse beschleunigen und allgemein verbessern lassen. Der Thalheimer Hersteller Q-Cells AG beispielsweise hat gemeinsam mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme in Freiburg und dem Institut für Solarenergieforschung Hameln (ISFH) eine Hocheffizienzsolarzelle mit einem Wirkungsgrad von mehr als 20 % für die Massenfertigung entwickelt. Während des Projektes zeichnete sich ab, dass sich schnell-scannende Laser mit hoher Laserfrequenz für die Feinstrukturierung des Dielektrikums oder der metallischen Kontakte auf der Rückseite eignen. Q-Cells wird jetzt die während des Projekts entwickelte Hocheffizienzsolarzelle mit Hilfe einer parallel zum Projekt aufgebauten Testlinie in die industrielle Fertigung überführen.
In einem anderen Projekt am ISFH wurde außerdem ein Verfahren zum Laser-Löten von Solarzellen im so genannten Stringing-Prozess entwickelt. Beim Stringing werden die einzelnen Solarzellen in einer Reihe angeordnet und auf Leiterbahnen festgelötet. Dieser Prozess wird für gewöhnlich mit handelsüblichen Lötanlagen durchgeführt. Das Problem: Dabei muss ein gewisser Druck auf die Solarzelle ausgeübt werden, wodurch die Zellen beschädigt werden können. Außerdem ist die Hitze so groß, dass die Solarzellen bislang zunächst verlötet und anschließend in einem weiteren Schritt als fertiger Solarzellen-String auf die Laminatfolie umgehoben werden müssen. Mit dem neuen Laserverfahren vom ISFH geht das einfacher: Da sich die Energie des Lasers exakt dosieren lässt, kann direkt auf der Folie gelötet werden. Zudem ist die Laserbearbeitung berührungslos und weitaus schonender als der klassische Lötprozess.
Die von Nils-Peter Harder geleitete ISFH-Projektgruppe „Siliziumwafer-Solarzellenentwicklung“ befasst sich sowohl mit der Effizienzverbesserung von Solarzellen als auch mit modernen Prozesstechnologien. Für ihn besteht eine Herausforderung für die Hersteller künftig vor allem darin, immer dünnere Siliziumwafer handhaben zu müssen. Denn der Solarzellenrohstoff ist teuer. Materialsparen tut Not. Schon heute sind die Silizium-Scheiben gerade einmal 200 µm dünn. Künftig könnte sich ihre Dicke noch einmal halbieren. „Die Entwicklung geht dahin, Siliziumwafer zu verwenden, die so dünn wie Papier sind und daher sehr brüchig“, sagt Harder, „das macht das Handling schwierig. In Zukunft benötigt die Branche dafür eine Vielzahl neuer Lösungen, denn selbst vergleichsweise simple Dinge wie der Transport werden dann zum Problem.“
Tim Schröder Fachjournalist in Oldenburg
Von selbstgestrickten zu maßgeschneiderten Lösungen
Hoher Wirkungsgrad – Massenfertigung in Sicht

Laser: Schmale Linien, sonnenhungrige Zelle

Maschinen für die Laser-Bearbeitung von Dünnschichtsystemen sowie Solarzellen auf Silizium-Basis stellt die Manz-Automation aus Reutlingen bereits seit Längerem her. Eine der wichtigsten Forderungen ist die Erhöhung des elektrischen Wirkungsgrades, die die Reutlinger unter anderem mit ihrer Laser-Scribing-Anlage erfüllen. Bei der Herstellung von Dünnschichtsolarzellen beschichtet man zunächst großflächig das Glassubstrat mit Schichten leitender und halbleitender Materialien. Anschließend teilt man die homogene Fläche mit einem Laserstrahl in ein Raster kleiner Zellen auf, die dann in Reihe geschaltet werden. Je breiter die mit dem Laser in die Fläche gebrannten Linien sind, desto mehr stromerzeugende Fläche geht verloren. Erstrebenswert ist es deshalb, die Linienbreiten so klein wie möglich zu wählen. Das ist mit der neuen Scribing-Anlage möglich. Dank eines Aufbaus aus Polymerbeton – der eine geringere Wärmeausdehnung und geringere Eigenspannungen bietet – arbeitet die Anlage noch genauer als ihr Schweißgestell-Vorgänger. Der Laserstrahl kann präziser und feiner geführt werden. Der Verlust an PV-Fläche durch den Scribing-Prozess ist damit deutlich geringer.

Zukunftsmärkte
Die Photovoltaik ist nicht mehr auf klassische Solarzellen aus Siliziumwafern beschränkt. Neue Technologien setzen auf alternative Materialien, um ohne das teure Silizium auszukommen. Dazu zählen etwa Dünnschichtsolarmodule, bei denen das Material auf Glasträger aufgedampft oder gesprüht wird. Darüber hinaus arbeiten die Entwickler an Solarzellen, die mit lichtempfindlichen Polymer-Molekülen ausgestattet sind – kostengünstigen Kunststoffsolarzellen.
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