Eine automatisierte Gesenkbiegeanlage erleichtert bei der Hubert Eilers GmbH die Fertigung großer und schwerer Blechteile für den Fahrzeugbau. Gegenüber einem System mit Orbitalroboter bietet der verwendete Portalroboter erhebliche Vorteile beim Handling der Teile.
Der Preisdruck, den die Automobilindustrie auf ihre Zulieferer ausübt, hat Folgen: Auch die Zulieferer üben auf ihre Lieferanten Druck aus, um ihre Kosten zu senken. „In letzter Zeit hat der Preisdruck extrem zugenommen“, bestätigt Hubert Eilers eine Entwicklung, zu der auch gehört, dass viele Auftraggeber die Anzahl der Lieferanten auf wenige, aber moderne und kostengünstige Fertigungsbetriebe reduzieren wollen. Der Inhaber und Geschäftsführer der Hubert Eilers GmbH in Werlte weiß: „Nur mit dem Einsatz innovativer Technik ist es heute möglich, im Wettbewerb zu bestehen.“
Das Unternehmen investierte daher in eine neue automatische Biegeanlage, die eine Gesenkbiegepresse der Darley bv, Eijsden/Niederlande, mit einem Portalroboter des italienischen Herstellers Antil S.p.A., San Giuliano Milanese, kombiniert. Die Anfang 2006 in Betrieb genommene Anlage arbeitet – nach Beseitigung der bei solch komplexen Projekten wohl unvermeidlichen „Kinderkrankheiten“ – mittlerweile zur vollsten Zufriedenheit von Hubert Eilers: „Nach kleinen Änderungen im Programm der Robotersteuerung und an den Roboterachsen läuft die Anlage schon seit Monaten reibungslos.“
Die Hubert Eilers GmbH fertigt mit 60 Mitarbeitern überwiegend Bauteile für das Fahrzeugwerk Bernard Krone GmbH in Werlte. Hauptprodukt sind Stirnwände für Lkw-Sattel-Auflieger sowie Lkw-Anhänger-Fahrgestelle. Für die Fertigung der Blech-Schweißkomponenten steht ein umfangreicher Maschinenpark zur Verfügung, der neben Biegemaschinen, Scheren, Stanzen auch Feinstrahlplasma- und Laserschneidmaschinen sowie zwei Roboterschweißanlagen umfasst.
„Die erste Roboter-Schweißanlage haben wir 1992 gekauft“, erzählt Hubert Eilers. „Deren problemlose Handhabung und der weitgehend störungsfreie Betrieb machten Mut, auch andere Arbeitsschritte zu automatisieren.“ Die neue automatisierte Biegeanlage wurde speziell zum Kanten großer Bauteile angeschafft. Sie besteht aus der automatischen Gesenkbiegepresse Darley EHP 300 und dem Portalroboter Antil APR 120. Die EHP 300 besitzt eine Presskraft von 3000 kN und kann mit bis zu sechs CNC-Achsen am Hinteranschlag ausgerüstet werden. Der Portalroboter verfügt über insgesamt fünf Achsen: Drei Linearachsen sowie zwei Achsen zum Drehen und Kippen des Biegeteils.
Die Biegeanlage ersetzt beim Herstellen der Stirnwände das manuelle Abkanten. Der Grund: Die benötigten Trapezbleche konnten wegen ihrer großen Abmessungen und ihres hohen Gewichts nur von zwei Mitarbeitern gehalten und gedreht werden. Die aus hochwertigem Feinkornstahl bestehenden Bleche messen bis zu 3 m x 1 m und sind entsprechend schwierig zu hantieren.
Die Teilegröße war auch ein entscheidendes Kriterium für die Wahl einer Anlage mit Portalroboter. Hubert Eilers: „Bei den Wettbewerbssystemen – die wir uns natürlich auch angesehen haben – werden fast ausschließlich Orbitalroboter eingesetzt, die beim Handling großer Teile Probleme haben.“ Zudem müssen solche automatisierten Gesenkbiegezellen oft speziell auf das jeweilige Produkt ausgelegt sein. Dies ist bei den für Krone gefertigten Teilen nicht möglich: Sie ähneln sich zwar, sind aber nicht identisch, sondern weisen vielmehr eine große Variantenvielfalt auf. „Wir fertigen keine großen Serien, sondern Kleinserien bis herunter zur Losgröße 1“, merkt Hubert Eilers an.
Die einfache Umstellung der Anlage auf manuelles Biegen benötigt Eilers kaum. Das Biegen von Trapezblechen, Eckrungen (Eckholmen) und 2,30 m langen Kantteilen lastet die Anlage praktisch aus. Zwar sind die Einrichtzeiten höher als bei manuellem Betrieb, da aber die eigentliche Arbeit bedienerlos ablaufen kann, wird „Manpower“ eingespart.
Das Portalroboter-Prinzip spielt seine Vorteile vor allem bei großformatigen Teilen aus. „Zur Kaufentscheidung trug auch bei, dass wir den großen Arbeitsbereich unter dem Portal so gestalten können, wie wir wollen“, hebt Eilers hervor. Vor allem steht viel Platz zum Stapeln der Ausgangsplatinen und der Fertigteile zur Verfügung. Der Antil APR 120 ist für Bleche bis 3000 mm Länge und Traglasten bis 120 kg – Greifer plus Werkstück – ausgelegt.
Die bei Eilers gefertigten Bauteile wiegen maximal rund 50 kg. Je nach Werkstückgröße werden unterschiedlich dimensionierte Vakuumgreifer verwendet. Für die linearen Achsen 1, 2 und 3 ist die maximale Tragfähigkeit unproblematisch. Bei der Drehachse 5 müssen die Greifer nach Hubert Eilers‘ Erfahrung aber „relativ kurz gehalten werden, um sehr hohe Gewichte zu bewerkstelligen“.
Bei den Trapezblechen für die Stirnwände werden zunächst mit einem Sonderwerkzeug die Sicken gefertigt, die vor allem dazu dienen, die Stabilität des Bauteils zu erhöhen. Nach einem Werkzeugwechsel werden dann rechts und links die Kantungen vorgenommen, wozu das Blech mehrfach gedreht und gewendet werden muss.
Die verwendete spezielle Stahlsorte besitzt eine sehr hohe Rückfederung, die das Abkanten nicht gerade erleichtert. Der Werkstoff sorgt dafür, dass die Stirnwand auch bei stärkeren Deformationen wieder in ihre Ausgangsform zurückkehrt. Mit der Biegegenauigkeit gibt es laut Hubert Eilers keine Probleme: „Die Konstanz der Winkel ist von der ersten bis zur letzten Biegung gegeben.“
Gesteuert wird die Anlage von der speziell für das Gesenkbiegen konzipierten Antil-Steuerung. Diese Windows-orientierte Touchscreen-Steuerung verfügt über alle erforderlichen Funktionalitäten wie der 3D-Biegesoftware mit Berechnung der Biegefolgen oder der automatischen Auswahl der benötigten Werkzeuge. Die Programmierung entspricht der einer Gesenkbiegepressen-Steuerung. Eine Offline-Programmierung ist ebenfalls möglich. Hubert Eilers lobt: „Die Bedienung ist sehr komfortabel.“ Vermisst wird allenfalls eine Stopptaste: Bei einem Fehler lässt sich das Programm nur über den Not-Aus-Taster direkt stoppen. Programmiert werden die meisten Bewegungsabläufe im Teach-in-Verfahren.
Bei der großen Variantenvielfalt spielen die Rüstzeiten naturgemäß eine wichtige Rolle. „Matrizen und Oberwerkzeuge müssen sich schnell herausnehmen und einsetzen lassen“, betont Hubert Eilers. „Ohne automatische Werkzeugklemmung sind die Rüstzeiten so hoch, dass man zu keinem Arbeitsergebnis kommt“. Zu reduzierter Umrüstzeit verhilft das von Darley entwickelte neuartige Werkzeug-Klemmsystem, bei dem die Stempel mit Hilfe von Federkraft geklemmt werden und der hydraulische Druck nur noch zum Entspannen verwendet wird.
Neben der schnelleren Arbeitsweise ermöglicht das System auch den Verzicht auf ein zweites Hydraulikaggregat, weil der Öldruck zum Entspannen dem Hauptaggregat der Presse entnommen werden kann. Damit werden nicht nur Kosten gespart, auch die Gefahr von Leckagen wird verringert. Hinzu kommt eine Energieersparnis, die von Darley mit 40 bis 50 % beziffert wird, sowie eine höhere Sicherheit.
Dipl.-Ing. Lothar Handge Fachjournalist in Velbert
Von der ersten bis zur letzten Biegung konstante Winkel
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