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Asiens Unternehmen auf Einkaufstour

Chinesische Investoren favorisieren Standort Deutschland
Asiens Unternehmen auf Einkaufstour

Asiens Unternehmen auf Einkaufstour
Laut einer Studie von Ernst & Young werden chinesische Investoren in Zukunft noch stärker in deutsche Unternehmen investieren. Jüngstes Beispiel ist der Zusammenschluss der beiden Baumaschinen-Hersteller Putzmeister und Sany (Bild: Putzmeister)
China will nicht länger nur die größte Fabrik der Welt sein und Waren exportieren. Stattdessen wollen immer mehr Unternehmen aus dem Reich der Mitte weltweit präsent sein, indem sie Firmen übernehmen und Auslandsstandorte aufbauen. Weit oben auf der Liste der attraktivsten Investitionsstandorte chinesischer Unternehmen steht Deutschland. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young.

Für die Studie wurden chinesische Investoren zur Attraktivität von Wirtschaftsstandorten befragt. Von April bis Mai 2012 antworteten Führungskräfte von 400 chinesischen Großunternehmen und mittelständischen Unternehmen. Dabei gaben 25 % der Befragten Deutschland als eines der drei attraktivsten Investitionsziele der Welt an. Als noch attraktiver gelten nur China selbst (61 %) sowie die USA (29 %). Im Maschinenbau und der Automobilindustrie sehen Chinesen dabei die attraktivsten Branchen der deutschen Wirtschaft.

Chinesische Unternehmen mit Expansionsdrang im Ausland sind längst keine Seltenheit mehr. Über ein Viertel der befragten Firmen investiert bereits weltweit. Die USA und Deutschland sind dabei mit deutlichem Abstand vor weiteren Ländern aus Asien und Europa die beliebtesten Ziele und übertrumpfen sowohl Brasilien, Indien, Russland, Japan als auch Frankreich.
Die Vorliebe chinesischer Investoren für Deutschland lässt sich auch am Status Quo ablesen: 63 % haben Deutschland für ihren Europa-Standort ausgewählt, Frankreich folgt abgeschlagen mit 13 % auf Platz zwei. „Deutsche Unternehmen und Marken sind in China sehr angesehen, das prägt das Bild Deutschlands als Investitionsstandort bei chinesischen Firmen“, sagt Yi Sun, Partnerin bei Ernst & Young Deutschland und Leiterin der China Business Services Deutschland, Österreich und Schweiz.
Auch in Zukunft drängt es chinesische Unternehmen ins Ausland: Über die Hälfte der Befragten (54 %) wollen in naher Zukunft im Ausland investieren. Die Investitionsschwerpunkte werden sich dabei in den kommenden Jahren leicht verschieben: Westeuropa gilt für die Zukunft als attraktivste Region für Auslandsinvestitionen – jedes vierte chinesische Unternehmen will dort investieren. In Nordamerika hingegen lässt die Investitionslust leicht nach: Hier können sich nur 9 % der Befragten vorstellen, Investitionen zu tätigen. Bei den chinesischen Managern, die Investitionen in Westeuropa planen, liegt Deutschland mit 14 % unangefochten an der Spitze. Großbritannien, Frankreich und Spanien folgen mit jeweils nur 2 % und können damit deutlich seltener das Interesse chinesischer Investoren wecken.
Mit üppigen Devisenreserven aus dem erfolgreichen Exportgeschäft wollen chinesische Unternehmen künftig in Deutschland auf Einkaufstour gehen. „Die Kassen der chinesischen Unternehmen sind prall gefüllt“, sagt Alexander Kron, Partner bei Ernst & Young und Leiter des Geschäftsbereichs Transaktionsberatung in Deutschland, Schweiz und Österreich. „Die Finanzierung auch größerer Zukäufe mit erheblichen Eigenmitteln stellt zumeist kein Problem dar.“ Zudem gelten deutsche börsennotierte Unternehmen aufgrund der zuletzt negativen Entwicklung an den Aktienmärkten als unterbewertet und damit als günstig zu haben. 9 % der befragten chinesischen Unternehmen, die in Deutschland investieren wollen, planen Unternehmenskäufe. „Das ist erstaunlich viel“, kommentiert Kron. Zumal weitere 56 % angeben, an Joint Ventures interessiert zu sein. „Man kann davon ausgehen, dass ein erheblicher Teil dieser Joint Ventures in eine mehrheitliche Übernahme münden wird“, so Kron.
Chinesische Investoren interessieren sich vor allem für Maschinenbauer, 57 % der Befragten halten diese Branche für besonders attraktiv. Auf Platz zwei folgt die Automobilindustrie mit 42 %. Chinesische Firmen haben in diesen Branchen offenbar gute Erfahrungen gemacht. Unter den Befragten, die bereits investiert haben, halten sogar 71 % den Maschinenbau für attraktiv, 46 % die Automobilindustrie. „Viele chinesische Autozulieferer wollen deutsche Autobauer als Kunden gewinnen“, stellt Sun fest. „Dabei sollen Zukäufe von Zulieferunternehmen in deren Heimatmarkt helfen.“ Sun hält es für unwahrscheinlich, dass Firmen nach einer Übernahme Standorte in Deutschland schließen und nach China verlagern könnten: „Die meisten Unternehmen wollen hier neue Kunden erschließen und nicht nur möglichst billig in China produzieren.“
Mehr als 70 % der Befragten wollen in Deutschland und Europa investieren, um zusätzliche Absatzmärkte zu erschließen. Chinesische Stahlhersteller etwa produzieren längst mehr Ware, als der heimische Markt nachfragt. Deshalb suchen sie nach neuen Absatzmöglichkeiten. „Das geht am besten, indem man Firmen im Ausland kauft oder Joint Ventures gründet und damit auf bereits bestehende Vertriebskanäle zurückgreifen kann“, sagt Sun. „In anderen Branchen erhoffen sich die Firmen von Übernahmen Wachstumsimpulse für den chinesischen Markt.“ Denn das Label „Made in Germany“ sei in China sehr hoch angesehen.
„In Zukunft werden mehr chinesische Unternehmen bei Transaktionen im Ausland, insbesondere in Deutschland, erfolgreich sein, wobei die gegenwärtige Eurokrise dem kein Abbruch tun wird“, ist Kron überzeugt. Die zunehmende Professionalisierung der chinesischen Unternehmen in Bieterprozessen sei der Schlüssel dafür, dass chinesische Unternehmen künftig häufiger zum Zuge kämen. Das Interesse sei schon seit Jahren vorhanden, allein bei der erfolgreichen Umsetzung in zeitlich eng strukturierten Bieterprozessen scheiterte es oft, berichtet Kron. „In den vergangenen Jahren haben chinesische Unternehmen vorwiegend auf ihre eigenen Mitarbeiter gesetzt, um Akquisitionen anzubahnen, das ändert sich gerade.“ Zwar setzen immer noch 55 % der befragten Unternehmen beim Anbahnen von Auslandsakquisitionen und anderen Investitionen ausschließlich auf ihre eigenen Mitarbeiter aus China. Doch fast 40 % der Befragten wollen jetzt auch Geschäftspartner im Ausland und externe Berater bei Investitionsentscheidungen mit einbeziehen. „Außerdem akzeptieren deutsche Firmen immer öfter chinesische Investoren. Vor wenigen Jahren sind Übernahmen daran noch häufig gescheitert“, ergänzt Sun.
Die Hürden aus Sicht der befragten Unternehmen sind jedoch nach wie vor groß. Fast jedes zweite bereits im Ausland investierte Unternehmen klagt über fehlende Marktkenntnisse (49 %), jedes dritte über fehlende Netzwerke im Ausland und zu wenig qualifizierte Mitarbeiter (jeweils 33 %). „Im Heimatmarkt laufen Verkaufsverhandlungen meistens exklusiv über einen längeren Zeitraum. Daher mussten sich chinesischen Unternehmen erst auf international übliche Prozesse einstellen“, sagt Sun. Gesetzliche, politische und kulturelle Hindernisse sind nur selten ein großes Thema – nur 3 % sehen darin Probleme. „Aufgrund der benötigten Devisen erfordert jede Auslandsinvestition in China einen Genehmigungsprozess. Zusätzlich ist in Abhängigkeit vom Transaktionsvolumen die Zustimmung verschiedener chinesischer Regierungsbehörden erforderlich“, sagt Sun. Dies hat in manchen Auktionsprozessen zu einer Benachteiligung von chinesischen Investoren geführt. Das hat sich allerdings geändert: „Da die Regierung Zukäufe fördern will, wurden diese Auflagen in den letzten Jahren erleichtert.“
Der Grund, warum Deutschland bei chinesischen Investoren hoch im Kurs steht, sind überzeugende Standortfaktoren. Die Befragten schätzen hierzulande vor allem die gute Infrastruktur etwa bei Transport und Logistik sowie den hervorragenden Ruf von Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Und sogar bei den Schlusslichtern unter den Standortfaktoren, Arbeitskosten und Unternehmensbesteuerung, bewerten immer noch jeweils 71 % der Befragten die Lage in Deutschland als gut. Ob Regionales Headquarter (67 %), Forschungs- und Entwicklungszentrum (72 %), Logistikzentrum (50 %) oder Produktionsstätte (46 %): Wenn chinesische Topmanager nach den besten Rahmenbedingungen für Neuansiedlungen gefragt werden, steht Deutschland ganz oben auf der Liste der meist genannten Länder. „Die deutsche Mentalität mit Fleiß und Pünktlichkeit genießt bei chinesischen Unternehmen hohes Ansehen“, sagt Sun.
Quelle: Ernst & Young
Alle Ergebnisse der Studie (PDF)
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