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Automotive-Preisstudie: Schlechte Aussichten für Zulieferer bis 2025

Automotive-Preisstudie 2019
Schlechte Aussichten für Zulieferer

Schlechte Aussichten für Zulieferer
Viele Teilelieferanten werden mit einem Vergleichsangebot aus China konfrontiert, das zwischen 20 und 30 % billiger ist. Der Nachlass ist Programm. Bild: Vlad Kochelaevsky/stock.adobe.com
Die Druck- und Drohkulisse der Autokonzerneinkäufer auf die überwiegend mittelständischen Lieferanten wird zur ernsten Gefahr. Dass es für die Zulieferer noch schlimmer kommen wird, belegt die aktuelle Automotive-Preisstudie 2019 des Branchenanalysten Hans-Andreas Fein.

Der Preisdruck auf die Lieferanten der Automobilindustrie wird immer härter und raffinierter. Seit Jahren ringen die Konzerneinkäufer von BMW, Daimler, VW & Co. den überwiegend mittelständischen Unternehmen immer größere Zugeständnisse bei den Teilepreisen ab.

„Aber den Autobossen und Chefs großer Zulieferkonzerne, im Branchenjargon Tier 0,5 genannt, ist ihre bisherige Drohkulisse nicht genug“, sagt der Stuttgarter Strategieberater Hans-Andreas Fein. Zulieferer hätten ihm berichtet, dass „heute den Verkäufern der Zulieferer in vielen Fällen ein Vergleichsangebot aus China vorgehalten wird, das zwischen zwanzig und dreißig Prozent billiger ist. Aufgrund dieses Drucks gewähren viele Lieferanten meist fünf bis zehn Prozent Nachlass, schon zum Einstieg sozusagen“.

Fein ist Leiter und Autor der neuen Marktstudie „Die Preissenkungs-Forderungen in der Automobilbranche 2019“. Seit 2002 führt der Stuttgarter Unternehmensberater Untersuchung in regelmäßigen Abständen (Panel) anonym zum Thema „Preisverhandlungen“ durch. Diesmal wurden 639 Zulieferer angefragt, 47 (7 %) hätten den Mut gehabt, zu antworten, so Fein. „Die niedrige Rücklaufquote ist ein Beleg für die Ängstlichkeit unter den Betrieben.“

Harte Forderung: Kalkulation offenlegen

Das besondere Problem der Teilezulieferer ist, dass sie für den jeweiligen Fall nicht einschätzen können, ob die Vergabe des Europakontingents an einen chinesischen Lieferanten auch tatsächlich durchgeführt werden kann. Indes, die unverblümte Drohung mit einem günstigeren Zweitangebot – oft aus China, neuerdings auch aus Indien – werde immer mehr zum Standard des Verhandlungsrepertoires und verfehle selten ihre Wirkung, weiß Fein.

Doch damit nicht genug. „In der anschließenden Phase der harten Preisdrückerei kommt die Forderung, die Kalkulation offen zu legen und gemeinsam mit einem Team aus Kostenexperten jede einzelne Position durchzukämmen“, berichtet der Studienautor. Bei diesem „Cost Break Down“ müssten die Verkäufer oft Posten für Posten Zugeständnisse machen. Dabei würden zum Beispiel auch die Fertigungslöhne von Werkzeugmachern in Deutschland mit denen in Rumänien verglichen. Fein: „Kein Wunder, dass viele Firmen in ihrer Not einen Teil der Produktion zunehmend in Billiglohnländer auslagern.“

Preisdruck stabil auf hohem Niveau

Im Ergebnis unterstreicht die Fein-Studie 2019, dass „die Rabatt-Forderungen der Abnehmer stabil bis gemäßigt waren, mit Ausreißern bei Volumenherstellern (VW, Opel) und von großen Zulieferern gegenüber mittleren und kleinen Lieferanten“. Der Preisdruck spielt sich also stabil auf hohem Niveau ab.

Allerdings hätten die Megalieferanten (die großen Tier1-Zuliefer) mit Rabattforderungen von 4,1 % erneut Nachholbedarf angemeldet, so Fein, „weil sie erst seit etwa sechs Jahren mit System auf die Welle der Autobauer aufgesprungen sind“. Demgegenüber traten laut der Studie Premiumhersteller wie BMW oder Mercedes mit Forderungen von 2,8 % deutlich mäßiger auf. Und sie konnten von ihren Rabattwünschen nur etwas mehr als die Hälfte (57 %) durchsetzen. Der Grund: Bis im vergangenen Jahr hielten die Fabrikkapazitäten mit der hohen Nachfrage – besonders nach SUVs – kaum Stand. Deshalb waren sie auf die Treue und Investitionsbereitschaft ihrer Lieferanten angewiesen. Indes bleibe für alle Teilehersteller der schier endlose Preis- und Rabattpoker eine gefährlich bedrohliche Herausforderung, heißt es. Bis zu 70 Prozent von ihnen müssen gar „mehrmals pro Jahr in den Folterkeller der Preisverhandlungen“, dokumentiert die Fein-Studie.

Einkäufer wechseln alle zwei Jahre

Die Anlässe oder Hintergründe für dieses Geschachere sind laut Angaben vielfältig, oft nebulös. Mal geht es für den Einkauf um „Quick Savings“ (zusätzliche Boni) für die laufende Serie oder um irgendwelche kurzfristigen Pauschalzahlungen unabhängig von den laufenden Savings. Und ganz grundsätzlich werde es, wenn der Vorstand seine generellen Programme zur Kostensenkung durchdrücken wolle. Dann sollen die Lieferanten erneut bluten, heißt es. Um diese Willkür besser einkalkulieren zu können, empfiehlt Marktstratege Fein seinen Klienten, „sich immer gleich auf eine Serie von drei bis fünf Verhandlungen vorzubereiten“.

Zu den harten Fakten mit Euro und Cent kommt das psychologische Moment im Preispoker. Die Atmosphäre bei den Gesprächen empfindet mehr als die Hälfte der Teilnehmer laut Studie als „bedrohlich“. Der Ton der Einkäufer wird als „bestimmend, dominant bis aggressiv und drohend“ geschildert. Die oft dramatische Situation sei angespannt bis stressig. Nur jeder vierte Verkäufer schildert die Gesprächsatmosphäre als „freundschaftlich“, „partnerschaftlich“ oder zumindest als „sachlich und nüchtern“. Und damit keine persönliche Nähe entstehen kann, „wechseln die Einkäufer alle zwei Jahre“, weiß Fein.

Gefragt nach den Erwartungen bis zum Jahr 2025, sagen viele Lieferanten laut der Studie noch mehr Druck und einen steigenden Grad an Globalisierung voraus. Manche prognostizieren, dass „die Märkte neu aufgestellt werden“. Die düsteren Aussichten bringt ein Zulieferer so auf den Punkt: „Es wird noch schlimmer werden“. (dk)

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