Wer kennt das nicht: Man sitzt in der Bahn und wird von der telefonierenden Person am gegenüberliegenden Abteilende detailgenau über die Unfähigkeit der Kollegen informiert. Das ist nur eines von vielen beliebigen Beispielen: Die Liste lässt sich von Familienstreitigkeiten über Liebeskrisen und wilden Partygeschichten bis hin zu Verwaltungs- oder Rechtsproblemen fortführen. Die Kopfhörer-Stöpsel mit steigender Lautstärke zu penetrieren, hilft auch nur bedingt, diesen Gesprächen, die man gar nicht hören will, auszuweichen. Zählte es früher noch zu einem Hobby, Klatsch und Tratsch in Diskussionen auf der Straße oder in Cafés hinterherzujagen, wird man heute – dank den mobilen Geräten – damit überschüttet.
Nervt den einen zu viel Persönliches, haben andere genau das zum Geschäft gemacht: 2009 sorgte der Blog „SMS von gestern Nacht“ für regelmäßige Serverzusammenbrüche. Hier sorgen die Botschaften Betrunkener für fröhliches Schmunzeln. Seit 2015 nennt sich das Format „Chat von gestern Nacht“ und ist mit rund 1,7 Mio. Likes auf Facebook immer noch ein beliebtes Unterhaltungstool. Während man sich hierbei herrlich amüsieren kann, verursacht das Mithören fremder Telefonate in der Bahn Stress. Der Grund dafür ist, dass man dem einfach nicht entkommen kann. Eine Lösung wäre zwar die Flucht aus dem Waggon. Noch sicherer wäre der Sprung aus dem Fenster. Aber wer möchte schon selbst zum Handygeplauder in der Bahn werden? (nu)