Als ich mein Klapphandy mit Briefmarken-Bildschirm gegen einen dieser Hochglanz-Barren eintauschte, fühlte ich mich gegenüber einem so smarten Phone geradezu unterbelichtet. Dass es jedoch in der Lage wäre, seine Neuronen völlig neu zu vernetzen und damit seine digitale Evolution voranzutreiben, war auch für mich eine Überraschung. Es begann nämlich von sich aus, Leute anzurufen. Die freuten sich, von mir zu hören, und ich musste mir dann blitzschnell einen Grund für meinen Anruf einfallen lassen. Richtig unangenehm wurde es aber erst, als ich nichts ahnend mit dem Rad unterwegs war und trotz „E“ am Bike nur mit Mühe einen Berg erklomm. Als der Angerufene statt einem „Hallo“ nur heftiges Keuchen hörte, rief er die Rettung. Wie in einem Krimi rasten sofort zwei Polizeiwagen, ein Notarzt, ein Rettungswagen und eine mit neun Mann besetzte Feuerwehr in unsere Straße. Über dieser dramatischen Szenerie zog der Rettungsheli seine Kreise auf der Suche nach der Frau, die irgendwo röchelnd vor sich hin starb. Derweil saß ich friedlich eine Apfelschorle schlürfend auf einem Herbstfest. Erst als ich mich wieder aufs E-Bike schwingen wollte, hörte ich über mir das „wt-wt-wt“ des Helikopters und sah einen Polizisten auf mich zukommen. „Sind Sie die Frau Seegmüller?“ – „Ja, das bin ich.“ – „Schön, dass es Ihnen gut geht.“ Ich blickte nach oben: „Ist der wegen mir da?“ – „Yep!“ – „Das ist mir jetzt aber peinlich!“ – „Keine Sorge, das ist unser Job.“ Mit diesen Worten zog er ab und das Rotorengeräusch entfernte sich. Noch am selben Abend bestellte ich mir ein neues Handy. Diesmal ein dümmeres… Kirsten Seegmüller