Neulich war ich zu Besuch bei einem alten Freund. Voller Stolz zeigte er mir sein neues Haus. Sehr schick. Sehr modern. Und sehr smart.
Schon als ich vor der Tür stand wunderte ich mich: Kein Schloss, in das man einen Schlüssel stecken könnte. „Sowas brauche ich nicht mehr“, erklärte mir mein Freund. „Funktioniert alles über mein Smartphone. Sobald ich mich der Tür nähere, springt sie auf!“ Aha. Im Haus fiel mir dann sofort auf: Kein Lichtschalter stört die klare Wirkung der weißen Wände. „Funktioniert alles über mein Smartphone…“ Nach Kaffee und Kuchen versperrte mir eine schnörkel- und grifflose Terrassentür den Weg ins Freie. „Funktioniert alles über mein…“ Jaja, dachte ich mir schon.
Während wir so im Garten standen, schwärmte mein Freund, wie toll seine smarte Haustechnik funktioniere. Kürzlich habe ihm sein Kühlschrank eine Einkaufsliste ins Büro geschickt, noch während er auf seinem iPad ein exotisches Rezept angeschaut habe. Und die intelligente Steuerungstechnik halte alle Parameter des Hausklimas immer im optimalen Bereich.
Ich fragte mich gerade, wer definiert, was „optimal“ ist, als die Frau meines Freundes neben uns trat und sagte: „Ich habe noch nie so viel gefroren wie in diesem Haus!“
Wir standen schon eine Weile nebeneinander und schauten aufs nicht minder schicke Nachbarhaus, als meine Freundin seufzte: „Ich hoffe nur, dass ein möglicher Blackout nicht zu lang dauern wird, denn sonst sind wir hier gefangen.“
Später am Abend machte ich mich wieder auf den Weg hinaus aufs Land. Und ehrlich gesagt war ich froh, in einem alten, kleinen und völlig analogen Bauernhaus in der Natur zu leben – obwohl mein Kühlschrank nichts weiter kann, als meine Lebensmittel kühl zu halten… (mw)