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Mikro in der Größe und im Energieverbauch

Forschungsfonds: Engagement für Simulation und Miniaturisierung
Mikro in der Größe und im Energieverbauch

Vom Mikroventil bis zur sparsamen Spritzgießmaschine reicht das Spektrum der Wissenschaftler, die ihre Erkenntnisse bei der Informationsveranstaltung des Forschungsfonds Fluidtechnik Unternehmensvertretern vorgestellt haben.

Bernhard Foitzik ist Fachjournalist in Neustadt

Große Ziele mit kleinen Ventilen: Ganze 2,5 mm lang sind die Kanten des thermomechanisch arbeitenden 3/2-Wege-Mikroventils, dessen dritte Generation die Forscher am Aachener Institut für fluidtechnische Antriebe und Steuerungen (IFAS) entwickeln. In nächster Zeit wollen die Wissenschaftler den Aufbau einer Druckregelung mit diesen Ventilen untersuchen und ein Konzept entwickeln, das die Hauptstufen für Schalt- und Proportionalventile beschreibt.
Vorgestellt haben sie den Stand ihrer Arbeiten bei einer Informationsveranstaltung des Forschungsfonds Fluidtechnik in Frankfurt, an der sich rund 80 Vertreter aus Unternehmen beteiligt haben, um den Stand der Forschung zu diskutieren. Sowohl abgeschlossene Projekte als auch Zwischenberichte über laufende Arbeiten gaben einen Überblick über die Tätigkeiten im Forschungsfonds.
Zwar gab es auch bisher schon Ventile, die mit „Mini“ oder „Mikro“ bezeichnet wurden. Mit dem neuen Mikrobauteil, das als Vorsteuerelement in der Industrie eingesetzt werden soll, wird die Pneumatik jedoch in ganz neue Dimensionen vorstoßen. Im Vergleich zu den derzeit üblichen elektromagnetischen Aktoren ist es nicht nur sehr klein, sondern auch sehr leicht. Erste Prototypen haben ihre Funktionstüchtigkeit bereits unter Beweis gestellt und erfüllen zahlreiche Vorgaben aus dem Pflichtenheft. So liegt der Massenstrom des Mikroventils mit NW 0,25 bei 2 Nl/min, der Aktorhub beträgt ganze 40 µm.
Die Diskussion über dieses Vorhaben hat gezeigt, in welche Richtung die Tagungsteilnehmer dennoch Handlungsbedarf sehen. Derzeit liegt nämlich die Leistungsaufnahme solcher Ventile bei 1,2 W. Hier ist das Ziel, mit der Hälfte oder sogar nur einem Drittel dieses Wertes auszukommen. So sollen gängige Vorsteuerventile auch in diesem Punkt deutlich unterboten werden. „Wir wollen 400 mW realisieren, wären aber auch schon mit 600 oder 800 mW zufrieden“, heißt es aus dem IFAS. Außerdem gilt es, für diese Technik auf vernünftige Produktionskosten zu kommen, um über hohe Stückzahlen auch preislich wettbewerbsfähig zu sein. Denn die im Vergleich zum Elektro-magneten möglichen Größenvorteile werden sich nur durch entsprechend geringe Kosten vermarkten lassen. Allerdings: Was die Leistungsaufnahme betrifft, bleiben Piezoventile nach wie vor konkurrenzlos, da sie prinzipbedingt praktisch keine Energie benötigen.
Die ersten Baumuster der neuen Generation sollen im Oktober diesen Jahres vorliegen, wie die IFAS-Wissenschaftler angekündigt haben. In diesem Projekt kooperieren die Aachener mit dem Fraunhofer-Institut für Siliziumtechnologie (ISIT), Itzehoe, sowie dem Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration (IZM) in Berlin. Auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) unterstützt diese Forschungsarbeiten im Rahmen des Förderprogramms Mikrosystemtechnik.
BMBF fördert die Entwicklung des Mikroventils
Schon fertig entwickelt ist ein Softwaretool, mit dem sich beliebige Hydrauliksysteme bei variablen Arbeits- und Lastzyklen untersuchen lassen. Damit sollte es möglich sein, schon in der Konstruktionsphase eine Maschine auf möglichst hohe Energienutzung zu trimmen.
Das Programm entstand am Institut für Fluidtechnik der TU Dresden im Projekt „Experimentelle Ermittlung und Berechnung des Energienutzungsgrades hydraulischer Antriebe“. Wie sich eine hydraulische Anlage später verhalten wird und wofür sie die meiste Energie verbraucht, lässt sich nun schon in der Auslegungsphase feststellen. Jörg Weingart, der das Projekt betreut hat, hebt den Vorteil hervor: „Die Berechnungen verringern den Aufwand von experimentellen Untersuchungen erheblich.“ In der Vergangenheit sei oftmals allzu sehr an Details optimiert worden, ohne die größten Energieschlucker tatsächlich bestimmen zu können.
Energieschlucker in hydraulischen Anlagen frühzeitig erkennen
Ob ihr Weg ans Ziel führt, haben die Forscher an einer Demag-Spritzgießmaschine mit einer Schließkraft von 600 kN und 15 kW-Antrieb untersucht. Insgesamt, so Weingart, habe man bei den Untersuchungen einen Gesamtwirkungsgrad „von deutlich über 45 % ermittelt“. Das ist bemerkenswert, weil noch Anfang der 90er Jahre der Gesamtwirkungsgrad solcher Maschinen gerade einmal bei 25 % lag. Die höchsten Verluste und damit das größte Optimierungspotenzial ergaben sich beim Leistungsumsatz für das Dosieren, außerdem beim Elektromotor und bei der Hydraulikpumpe.
Doch nicht nur Berechnungen, auch Simulationen bringen die Fluidtechnik voran. So hat sich in Untersuchungen zum Verschleißverhalten und den Ausfallmechanismen von Dichtungen in pneumatischen Sitzventilen herausgestellt, dass herkömmliche Sitzventile bereits bei 20 Millionen Schaltspielen einen erheblichen Verschleiß aufweisen. „Bei 100 bis 150 Millionen Schaltspielen sind sie praktisch unbrauchbar“, hat Projektmitarbeiter Roman Jansen vom IFAS in der Abschlussdiskussion berichtet. Als Grund nennt er die hohen dynamischen Belastungen beim Schließvorgang des Ventils, bei dem die Dichtung arg strapaziert werde. Eine per FEM und Simulation optimierte Sitzkontur lasse jedoch 200 Millionen Schaltspiele ohne wirklich dramatischen Verschleiß zu.
Durch die optimierte Sitzkontur wird die maximale Dehnung der Dichtung von über 70 % auf rund 40 % gesenkt, so dass sich die Belastungen wesentlich verringern. Mit den Ergebnissen können nun Hersteller und natürlich Betreiber genauere Aussagen über die zu erwartende Lebensdauer eines Ventils machen. Federführend bei diesem Projekt war das Aachener IFAS, wobei das Forschungsvorhaben von der Kölner Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen Otto von Guericke e. V. (AiF) und aus Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie (BMWi) gefördert wurde.
Sitzventile mit anderer Kontur erreichen höhere Lebensdauer
Große Hoffnungen bei der Neu- und Weiterentwicklung von Komponenten setzen Forscher aller Fakultäten auf neue Werkstoffe, so auch in der Fluidtechnik. Dr. Volkert Seifert von der Bosch Rexroth AG, Lohr und Schwieberdingen, hat in Frankfurt die Zwischenergebnisse des Verbundprojektes „Fertigung von keramischen Präzisionsbauteilen für die Fluidtechnik“ vorgestellt. Geforscht wird zu diesem Thema an der Technischen Universität Hamburg-Harburg im Arbeitsbereich Konstruktionstechnik I und im Arbeitsbereich Technische Keramik. Wie sehr das die Belange der Hersteller betrifft, zeigt die Tatsache, dass in diesem Projekt gleich fünf von ihnen direkt involviert sind.
Um Keramik-Bauteile für die Fluidtechnik zu entwickeln, sei es laut Seifert erforderlich gewesen, ihre Einbauumgebung per CAD zu modellieren und mit der Methode der Finiten Elemente sowie analytischen Verfahren zu ermitteln, welchen Beanspruchungen sie ausgesetzt sind. Untersucht haben die Forscher unter diesen Bedingungen eine ganze Reihe von Werkstoffen, mit vielversprechenden Ansätzen unter anderem bei reaktionsgebundenem Aluminiumoxid (RBAO). Weitere Arbeiten werden sich nun aus der Funktions- und Dauererprobung der Bauteile ergeben. Seifert widersprach jedoch der Vorstellung, dass sich aus den Ergebnissen allgemeine Richtlinien für die Konstruktion mit solchen Werkstoffen entwickeln ließen: „Das ist eine Wunschvorstellung.“ Der Leiter des Arbeitsbereiches Konstruktionstechnik, Professor Dierk Goetz Feldmann, musste ebenfalls einige Erwartungen dämpfen: „Es gibt noch keine Methode, die dynamischen Aspekte zu berücksichtigen.“ Weitere Erkenntnisse können sich noch ergeben, denn das Projekt läuft erst im April 2003 aus.
Forschungsinfos Online
Eine Liste der laufenden Projekte, die der Forschungsfonds Fluidtechnik betreut, ist im Internet-Auftritt des VDMA unter www.vdma.de hinterlegt. Der Fachverband Fluidtechnik weist auf diese Aktivitäten unter dem Stichwort Forschung & Entwicklung hin.
Das Aachener IFAS informiert über seine Forschungsprojekte mit Berichten und Abbildungen unter www.rwth-aachen.de/ifas.
Das Institut für Fluidtechnik der TU Dresden gibt Einblicke in seine Arbeit unter www.tu-dresden.de/mw/ifd/ifd.html
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