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Mitglied wider Willen

Soziale Netzwerke
Mitglied wider Willen

Soziale Netzwerke wie Facebook und Xing erfreuen sich immer größerer Beliebtheit, auch hier in Deutschland. Eine im Auftrag des Bundesverbandes Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e. V. (BITKOM) durchgeführte Studie macht einmal mehr deutlich, dass fast die Hälfte aller Deutschen bei Facebook aktiv ist. Das Businessportal Xing nutzen immerhin noch 9 %. Es verwundert also nicht, dass viele Nutzer diesen scheinbar einfachen Weg wählen, um sich online ein erstes Bild über ein Unternehmen zu machen.

Bedauerlicherweise wird es dem Nutzer hierbei aber mehr als schwer gemacht, zwischen den offiziellen und von Unternehmen selbst angelegten Fan-Pages und den von Dritten oder dem Portal selbst angelegen Profilen oder Einträgen zu unterscheiden. Von einem erschreckenden Beispiel berichtete die Zeitschrift Absatzwirtschaft in ihrer Ausgabe 5/2011: Der Energiekonzern RWE wurde via Facebook angesprochen auf die Frage, wie hoch denn bei RWE der atomare Anteil am Strom sei und wie dieser reduziert werden soll. Vor dem Hintergrund der erheblichen nuklearen Zwischenfälle im Kraftwerk Fukushima-Daiichi, Japan, im März dieses Jahres eine durchaus berechtigte Frage an einen der größten Energieversorgungskonzerne Europas.
Dennoch bleibt eine Antwort des Unternehmens auf der Facebook-Unternehmensfanpage aus. Schlechtes Kundenmanagement mag man denken und dies träfe auch zu, hätte der Facebook-Fan tatsächlich seine Frage auf der Unternehmensfanpage des Energiekonzerns gepostet. Ein Unbekannter hatte hier das Unternehmenslogo des Energiekonzerns kopiert und mit im Internet frei verfügbaren Informationen eine mehr als offiziell aussehende Unternehmensseite erstellt. Diese erfreute sich sogar reger Beliebtheit, hatte aber mit dem RWE-Konzern tatsächlich nichts, aber auch gar nichts zu tun. Zwischenzeitlich hat Facebook die Fake-Seite gelöscht. Einzig der dem Unternehmen dadurch entstandene Imageschaden lässt sich nicht ganz so leicht aus der Welt schaffen.
Wie die Nürnberger Nachrichten berichteten, erlebte ein Personaldienstleister aus Erlangen eine ähnlich böse Überraschung. Einige seiner Mitarbeiter waren im Unternehmensportal Xing aktiv, was Xing sodann dazu veranlasste, anhand der von den Mitarbeitern eingegebenen Informationen ein Profil des Unternehmens selbst zu erstellen. Es war nicht einmal die Tatsache, dass Xing dieses Profil ohne ein ausdrückliches Einverständnis erstellte hatte, sondern vielmehr der Umstand, dass der so zusammengeschusterte Eintrag nunmehr falsche und entstellende Informationen über den renommierten Personaldienstleister beinhaltete, der das Unternehmen zum Handeln zwang. Immerhin nutzen 9 % aller Deutschen das Unternehmensnetzwerk Xing. Ein Imageschaden für das Unternehmen war also bei einer solchen Zielgruppe keineswegs auszuschließen.
Nachdem eine freundliche Anfrage zur Löschung des Profils erfolglos geblieben war und sich Xing auch auf die Abmahnung des Personaldienstleisters hin stur stellte, traf man sich wieder vor dem Landgericht Nürnberg-Fürth. Hier hatte das Unternehmen auf Unterlassung und Löschung des Accounts geklagt. Das Landgericht teilte die Auffassung des Unternehmens, dass automatisch angelegte Firmenprofile nicht zwingend hingenommen werden müssen und den Unternehmen ein Löschungsanspruch zustehen kann.
Dies gilt indes nicht generell. Gegen automatisch generierte Einträge in Branchenverzeichnissen und Sozialen Netzwerken ist jedenfalls so lange nichts einzuwenden, als diese Einträge nur allgemeine Informationen über das Unternehmen enthalten, wie sie auch sonst im Internet abrufbar sind. Anderes ist die Sach- und Rechtslage aber dann, wenn Informationen aus anderen – wenn auch öffentlichen – Profilen gezogen und in einem anderen Kontext konzentriert dargestellt werden. Immerhin seien die Einträge von einigen wenigen Mitarbeitern für das Unternehmen an sich wenig repräsentativ und könnten keinesfalls dazu herangezogen werden, das Unternehmen als Ganzes zu charakterisieren, so die Richter.
Hinzu kommt, dass gerade in Sozialen Netzwerken eine ständige Präsenz des Unternehmens gefordert ist, um eine effektive Betreuung der Kunden zu gewährleisten. Natürlich wollen es Unternehmen da selbst in der Hand haben, in welchen Portalen sie wie präsentiert werden. Schließlich kann es nicht angehen, dass nunmehr die Unternehmen verpflichtet werden das Internet permanent nach falschen und entstellenden Portaleinträgen zu durchsuchen. Zudem werde durch dieses Vorgehen seitens Xing bewusst Druck auf das Unternehmen aufgebaut, eine Mitgliedschaft abzuschließen, um hierüber die Möglichkeit zu haben, das eigene Profil zu bearbeiten, so die weiteren Erwägungen der Richter.
Das Gericht stützte seine vorgenannte Auffassung auf einen möglicherweise vorliegenden Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb. Einzig entscheiden musste das Landgericht dies nicht, die Parteien konnten sich nämlich nach dieser doch recht eindeutigen rechtlichen Würdigung vergleichsweise auf die Löschung des Accounts einigen. Bis höchstrichterliche Entscheidungen in diesem Bereich vorliegen, die den genauen Rahmen vorgeben, sind weitere gerichtliche Verfahren nicht ausgeschlossen.
Autoren: Rechtsanwalt Manfred Wagner und Rechtsanwältin Jenny Hubertus, Saarbrücken
Manfred Wagner ist Mitglied der Deutschen Anwalts- und Steuerberatervereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. (DASV)
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