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Schummeln bei der Arbeitszeit rechtfertigt nicht immer eine Kündigung

Zeiterfassung
Schummeln bei der Arbeitszeit rechtfertigt nicht immer eine Kündigung

Eine systematische Manipulation von Zeiterfassungsdaten gilt als schwerwiegende arbeitsvertragliche Pflichtverletzung, die sogar zu einer fristlosen Kündigung führen kann. Ein Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Schleswig-Holstein zeigt allerdings, dass bei geringfügen Verstößen eine Kündigung unverhältnismäßig ist. Geklagt hatte der Mitarbeiter eines Autohauses und Werkstattbetriebs. Er war entlassen worden, weil er Auszubildende dazu angewiesen hatte, bei bestimmten Arbeiten auf das Einstempeln in das Zeiterfassungssystem zu verzichten.

Im Unternehmen der Beklagten arbeiten die Monteure, so auch der Kläger, unter anderem im Leistungslohn, der nach so genannten festgelegten Arbeitswerten (AW) pro Stunde abgerechnet wird. Für diese Arbeiten müssen sich die Arbeitnehmer jeweils in ein Zeiterfassungssystem einstempeln. Zwölf Arbeitswerte pro Stunde entsprechen dabei 100 %. Sofern an den Auftragsarbeiten ein Auszubildender mitarbeitet, erhöht sich der AW auf 14 bzw. 16 AW je Stunde. Am 12. März 2010 wies der Werkstattleiter den 58-jährigen und seit 1978 bei der Beklagten beschäftigten Kläger an, einen Ölwechsel an einem Fahrzeug mit 9 AW, entsprechend 45 Minuten zu erledigen. Um die Verkleidung des auf der Hebebühne stehenden Autos abschrauben zu können, rief der Kläger einen Auszubildenden hinzu, der die Verkleidung während des Schraubens halten sollte. Diese Hilfestellung dauerte eine Minute. Der Kläger wies den Auszubildenden an, sich für diese kurze Zeit nicht in das Zeiterfassungssystem einzustempeln. Diesen Vorfall nahm die Beklagte zum Anlass einer fristlosen, hilfsweise fristgerechten Kündigung.
Das Arbeitsgericht hat der Kündigungsschutzklage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten blieb vor dem Landesarbeitsgericht ohne Erfolg. Zur Begründung führte das Landesarbeitsgericht aus, dass ein systematischer Missbrauch der Zeiterfassung grundsätzlich einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen kann. Dies gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer einen Anderen anweist, die Zeiterfassung zu manipulieren, um selbst eine höhere Vergütung zu erzielen. Das gerügte Verhalten des Klägers am 12. März 2010 ist indessen eine verhältnismäßig geringfüge Verletzung, da der Auszubildende den Kläger nur eine Minute unterstützt hat. Soweit sich die Beklagte darauf beruft, dass der Kläger in der Anhörung erklärt habe, immer so zu verfahren, kann daraus nicht geschlussfolgert werden, dass der Kläger die Auszubildenden stets daran gehindert hat, in den Leistungslohn umzustempeln. Die Beklagte hat zudem keine präzisen Anweisungen zum Einstempeln in die verschiedenen Arbeiten erteilt.
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Jens Klarmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht
VdAA – Vizepräsident
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